Berlin. Drohnenbesitzer entwickeln sich zu einem Risiko für Piloten. 88-mal kam es 2017 laut Flugsicherung bundesweit zu Zwischenfällen.

Es passierte beim Landeanflug auf Québec in Kanada: Eine Linienmaschine der Fluggesellschaft Skyjet kollidierte im Oktober mit einer Drohne. Die acht Insassen kamen mit dem Schrecken davon, der Pilot konnte das nur leicht beschädigte Flugzeug sicher zu Boden bringen. Wäre die Drohne aber in die Cockpitscheibe oder ein Triebwerk geflogen, hätte das wohl katastrophale Folgen gehabt. Noch sind Zusammenstöße zwischen Flugzeugen und fliegenden Kameras die Ausnahme.

2016 war ein Lufthansa-Airbus bei der Landung in München beinahe mit einem Quadrocopter kollidiert. Doch da sich immer mehr Menschen Drohnen kaufen – kleinere Modelle gibt es schon für weniger als 100 Euro –, steigt die Gefahr für den Flugverkehr. Im vergangenen Jahr gab es insgesamt 88 Zwischenfälle. 70-mal sind die unbemannten Objekte allein in der Nähe von deutschen Flughäfen gesichtet worden, warnt die Flugsicherung in Langen bei Frankfurt. Weitere 18-mal hätten Piloten die Flugobjekte auf der Strecke entdeckt.

Ende der Drohnenbegeisterung ist nicht in Sicht

Experten sind besorgt. „Wir haben schon lange erkannt, dass offensichtlich viele Menschen überhaupt keine Vorstellung haben, wie gefährlich ein Drohnenflug am falschen Ort sein kann“, sagt die Sprecherin der Deutschen Flugsicherung, Ute Otterbein. Sie schätzt, dass aktuell rund eine Million Privathaushalte Drohnen besitzen. Längst nicht alle kennen oder halten sich an das Verbot, sie in der Nähe von Airports aufsteigen zu lassen. Die Zahlen der Flugsicherung verdeutlichen das Ausmaß der Gefahr: 2015 hatte das in Staatsbesitz befindliche Unternehmen 14 Zwischenfälle gemeldet.

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    Im Jahr darauf wurden schon 58 Drohnen bei einem An- oder Abflug gezählt, außerdem sechs auf freier Strecke. Prognosen, wonach es 2017 erstmals mehr als 100 Vorfälle werden würden, sind zwar nicht eingetroffen. Dennoch seien es „immer noch zu viele“, wie Otterbein sagt. Ein Ende der Drohnenbegeisterung ist nicht in Sicht. „Bald wird die Zahl die der bemannten Flugbewegungen überschreiten“, schätzt Thomas Pöggel von der Telekom, die zusammen mit der Flugsicherung erforscht, wie Drohnen geortet werden könnten.

    Flugsicherung setzt Hoffnungen in eine neue App für Smartphones

    Denn für Fluglotsen sind sie unsichtbar – da die Flugobjekte keine Signale senden, erscheinen sie nicht auf den Radarschirmen. Zwar sind auch Vogelzüge nicht ortbar. Doch immerhin kennen Lotsen und Piloten die Flugrouten und -zeiten der Tiere und können sich darauf einstellen. Das Ortungsprojekt ist noch nicht ausgereift. Stattdessen setzt die Flugsicherung Hoffnungen in ein neues Programm für Smartphones. Eine im Sommer entwickelte Drohnen-App, die Nutzer über Risiken und Regeln informiert, sei inzwischen von 20.000 Menschen heruntergeladen worden. Sie sei eine Art Beipackzettel für private Drohnenkäufer, heißt es bei der Flugsicherung.

    Ahnungslose Nutzer sind nicht die einzige Gefahrenquelle. Der Drohnenexperte Philipp Wrycza vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund warnt davor, dass autonome Fluggeräte unkontrolliert herumirren könnten, wenn das GPS-Signal abreißt. „Das ist selten, aber jedes technische System kann ausfallen.“ Das niederländische Unternehmen Guard from Above schätzt, dass fünf Prozent aller Drohnen von Kriminellen eingesetzt werden, etwa um Einbruchsziele auszuspionieren oder Drogen zu schmuggeln.

    Adler holen Drohnen vom Himmel

    Die Firma hat sich auf deren Abwehr spezialisiert – und richtet Adler ab, die Drohnen vom Himmel holen können. Auch die niederländische Polizei will auf die Greifvögel zurückgreifen, etwa wenn Terroristen Anschläge mit Drohnen planen.

    Besonders gefährdet sind Piloten übrigens am Flughafen Frankfurt – dort wurden 2017 mit Abstand die meisten Drohnen gesichtet. Drohnenliebhaber warnen jedoch davor, in den Geräten nur ein Sicherheitsproblem zu sehen. Sie verweisen auf den zunehmenden Einsatz als Lebensretter. Auf Usedom etwa setzte das Rote Kreuz sie im Sommer 2017 ein, um Ertrinkende mit Schwimmhilfen zu versorgen.