Berlin. Mitarbeiter der Fluglinie Alitalia sollen ein historisches Instrument zerstört haben. Das berichtet die Besitzerin unserer Redaktion.

Auch ohne gespielt zu werden erzählt die Viola da gamba (Gambe) von Myrna eine einzigartige Geschichte. Sie ist eine von zwei gleichen Instrumenten, die der Instrumentenbauer Edward Lewis in den frühen 1660er Jahren in London gefertigt hat. Bis heute wechselte das Instrument mehrfach seine Besitzer und legte eine beachtliche Reise bis nach Brasilien hin. Ausgerechnet auf einer Reise von der ewigen Stadt Rom nach Tel Aviv scheint die Jahrhunderte lange Geschichte der Viola da gamba nun zu enden und ihre Töne zu verstummen.

Das Finale für die Gambe hätte sich die Musikerin Myrna Herzog sicher anders vorgestellt, als sie es nun auf Facebook und gegenüber unserer Redaktion schildert. Man hätte ihr gewünscht, dass sie den Klangkörper aus feinem Holz nach einem erfolgreichen Konzert in eine Vitrine stellt. Doch stattdessen liegt sie zerbrochen in einem halb geöffneten Spezialkoffer. Fotos zeigen, wie das Instrument nach einem Flug von Tel Aviv nach Rom auf dem Gepäckband ankam.

Airline äußert sich bisher nicht

Herzog sagt über den Schaden: „Es ist entweder durch Nachlässigkeit oder durch Vorsatz passiert.“ Doch es ist nicht der Schaden selbst, der sie so wütend macht, sondern die Art und Weise, wie Alitalia mit ihrem Fall umgeht. Mit der Airline war die Musikerin nach einem Besuch ihrer Heimat Rio de Janeiro über Rom nach Israel geflogen. Doch auch nach mehreren Anfragen gab es bisher keine Antwort – eine öffentliche Beschwerde über Facebook sei sogar von der Firmenseite entfernt worden.

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Auf ihren Beitrag gab es Zehntausende Reaktionen in sozialen Netzwerken. Myrna Herzogs Beitrag wurde über 56.000 Mal geteilt (Stand 9. Januar). Hunderte wütende, aber auch aufbauende Kommentare finden sich unter ihrem Facebook-Beitrag. Musiker können mit Herzog mitfühlen und berichten von eigenen Schäden.

Hätte Herzog das Instrument nicht in der Kabine mitnehmen können?

Andere wiederum berichten, dass sie ihre Instrumente – wenn überhaupt – nur in der Kabine mitnehmen würden. Das scheint auf den ersten Blick ein sinnvoller Ratschlag, doch diese Möglichkeit habe die israelische Musikerin nach eigenen Angaben nicht gehabt. Sie habe das Instrument nicht in die Kabine mitnehmen dürfen und bei einer Nachfrage zu dem Instrument beim Umstieg in Rom sei sie rüde abgewiesen worden. So landete das Instrument wieder im Frachtraum.

Während Anfragen unserer Redaktion zu dem Vorfall unbeantwortet blieben, hat sich ein Sprecher des Unternehmens am Mittwoch gegenüber der Nachrichtenagentur dpa geäußert. „Es tut uns leid, was Frau Myrna Herzog passiert ist und wir sind dabei, den Vorfall zu untersuchen“, sagte der Sprecher. Bisherige Nachforschungen hätten aber ergeben, dass die Möglichkeit bestanden hätte, die Gambe mit in die Kabine zu nehmen – auf einem zusätzlich gebuchten Sitzplatz. Die Kundin habe sogar ein Formular unterschrieben, das Alitalia von der Haftung für das Instrument befreie – und so kam es schließlich in den Frachtraum. Nun steht die Aussage der Airline gegen die von Herzog.

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    Reparatur könnte teuer und langwierig werden

    „Ich habe immer noch die Hoffnung, dass das Instrument repariert wird“, sagte die Musikerin im Gespräch mit unserer Redaktion. Die Reparatur könnte dabei teuer werden, schließlich werden vergleichbare Instrumente für mehrere Tausend Euro gehandelt. Und die Reparatur dürfte wohl bis zu einem Jahr dauern. Ein Jahr, in dem die Gambe das erste Mal seit langer Zeit stumm bleibt. Ein Jahr, in dem weder Herzog noch ihre ausgewähltes Publikum einen Ton der Viola da gamba hören werden.

    Die Musikerin habe die Gambe in den vergangenen acht Jahren in Brasilien gelassen, um ihrer an Demenz erkrankten Mutter bei Besuchen etwas vorzuspielen. Die Viola da gamba habe eine therapeutische Wirkung gehabt, die sich auch bei Konzerten für Alzheimer-Patienten in ihrer jetzigen Heimat Israel mit einem anderen Instrument bestätigt habe. Nach dem Tod ihrer Mutter vor zwei Jahren wollte sie das Instrument nun nach Israel bringen. Dabei wurde das Instrument selbst wohl zu einem unheilbaren Patienten.

    Anmerkung: In einer früheren Version des Textes hatte es geheißen, dass es sich bei dem Instrument um eine Viola gehandelt habe. Tatsächlich handelt es sich bei dem beschädigten Instrument um eine Viola da gamba, also um eine Gambe.