Er ist „Mister Hitparade“: Dieter Thomas Heck wird 80
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Von Oliver Stöwing
Berlin. Dieter Thomas Heck machte sich in den 70er- und 80er-Jahren im ZDF um den Schlager verdient. Jetzt wird der Moderator 80 Jahre alt.
Breite Krawatte, Brille mit Silbergestell, Koteletten wie ein Flokati-Teppich. Und dazu diese sonore Stimmlage, die ein Signal war für gediegene Abendunterhaltung: „Hier ist Berlin!“ So begrüßte Dieter Thomas Heck ab 1969 seine Zuschauer der „Hitparade“ im „Zett… Dee… Eff“. Eine monatliche Sendung, die heute ein Symbol ist für bundesrepublikanische 70er-Jahre-Heimeligkeit. Gut, es gab sexuelle Revolution, Kalten Krieg und RAF-Terror, hier aber sangen Schlagerstars Titel wie „Wunder gibt es immer wieder“ oder „Ich hab die Liebe verspielt in Monte-Carlo“.
Der gelernte Autoverkäufer moderierte ausschweifend
Aus heutiger Sicht mögen Hecks ausschweifende Moderationen vielleicht ein wenig an Promoter erinnern, die einen Thermomix in Kaufhäusern vorführen – immerhin war er auch gelernter Autoverkäufer. Aber eines spürte man bei ihm ganz deutlich: seinen tiefen Respekt vor den Menschen. „Ehrlichkeit“ sei ihm in seinem Beruf immer das Wichtigste gewesen, sagte er einmal. „Und man sollte sich selbst nicht so wichtig nehmen, sondern sich als Transporteur zwischen den Zuschauern und den Interpreten verstehen.“ Am heutigen Freitag wird Dieter Thomas Heck 80 Jahre alt – und blickt auf rund 50 Jahre Berufsleben in Radio und Fernsehen zurück.
Diese Prominenten sind 80 Jahre alt
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Dass gerade er die Sprache zum Beruf machte, als „Schnellsprecher der Nation“ galt, zeigt, wie Menschen fähig sind, aus einer Schwäche eine Stärke zu machen. Denn nach einem Kriegstrauma begann der gebürtige Flensburger, der in Hamburg als Sohn eines Verkaufsleiters aufwuchs, zu stottern. Er war fünf, als er nach einem Bombenangriff unter einer Kellertreppe verschüttet wurde. Mit einer Gesangsausbildung steuerte er der Sprachstörung entgegen.
Eine deutsche Schlagerhitparade? Eine verrückte Idee
Ins Fernsehen kam er durch so etwas wie eine frühe Castingshow, was damals noch Talentwettbewerb hieß. Peter Frankenfeld entdeckte ihn 1957 in der Sendung „Toi, toi, toi“ als Schlagersänger. Später sagte er zusammen mit Frank Elstner Lieder bei Radio Luxemburg an.
Die Idee, die sein Leben für immer prägen sollte, kam ihm bei einer Autofahrt zu einem seiner Radioeinsätze. Er habe sich überlegt: „Was kannst du machen, was die anderen nicht haben?“ Und dann fiel ihm ein: „Du machst eine deutsche Schlagerparade.“ Das sei eine verrückte Idee gewesen, denn: „Damals spielten ja alle nur Pop und Rock ‘n’ Roll.“
Bis zu 20 Millionen Zuschauer folgten seiner Show
Er traf den Nerv der Zeit. Bis zu 20 Millionen schauten bei der „ZDF-Hitparade“ zu. Anfang der 80er dann überrollten die jungen, wilden Stars der Neuen Deutschen Welle die Show, obwohl sie sie als „spießig“ verpönten. Fräulein Menke kam im sexy Dirndl, Hubert Kah im Nachthemd. Heck nahm es mit Fassung, war aber sichtlich getroffen, als er eine harsche Absage der Band Extrabreit live vorlas. 1984 übergab er sein „Baby“ an Viktor Worms, mit dem dringenden Rat, bei deutschsprachiger Musik zu bleiben. Der Nachfolger hielt sich nicht dran.
Aber Heck ist ja so viel mehr als „ZDF-Hitparade“. Er präsentierte große Samstagabendshows wie „Melodien für Millionen“ und „Musik liegt in der Luft“. Er spielte im „Tatort“ und in „Praxis Bülowbogen“. Und er sammelte 100 Millionen Euro für die Welthungerhilfe, erhielt 2009 das Bundesverdienstkreuz. Immer setzte er sich für den Schlager ein. „Die Liebe zur Musik war mein Antrieb“, sagte er. 2017 bekam er die Goldene Kamera für sein Lebenswerk und trat noch einmal auf die Bühne, von der er sich vor zehn Jahren verabschiedet hatte. „Es ist immer wieder ein tolles Gefühl“, freute er sich, den Applaus aufsaugend.
Mit seinem „Hildchen“ ist er seit 41 Jahren verheiratet
Trotz einiger Altersbeschwerden genießt er sein Rentnerleben mit „Hildchen“, seiner Frau seit 41 Jahren, im spanischen Águilas. „Ich verbringe es so, wie ich es gerade möchte“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der 80. Geburtstag sei ein „Tag der Freude“ für den dreifachen Vater. „Ich habe Bekannte und Freunde gebeten, ihn zu nutzen, wenn sie mich sehen und mir gratulieren wollen.“ Der Ex-Arbeitgeber versteckt seine Gratulation. In der Nacht zum 31. Dezember zeigt das ZDF „Das Beste aus der Hitparade“ – ab 0.20 Uhr.