Berlin. Flugzeuge verteilen Hunderte Tonnen Treibstoff und Fäkalien über Deutschland. Das lasse sich nicht ändern, sagen Verantwortliche.

Immer wieder trifft es Rheinland-Pfalz. Der jüngste Vorfall ereignete sich im November – da ließ ein Flugzeug Tausende Meter hoch über der Region Kaiserslautern 50 Tonnen Treibstoff ab. Hochgiftiges Kerosin, das vom Himmel tröpfelt? In Rheinland-Pfalz haben viele die Nase voll von dieser völlig legalen Praxis, denn durch die Nähe zum Flughafen Frankfurt bekommt es ihr Bundesland besonders dicke ab. 2016 gingen dort mehr als 240 Tonnen nieder. Doch die Luftfahrtbranche sieht keinen Anlass, etwas zu ändern.

Experten wie Cord Schellenberg, Vizepräsident des Luftfahrt-Presse-Clubs, beteuern, dass Kerosin nur in großer Höhe und nur über bestimmten Regionen abgelassen werden darf – „die Flugsicherung ist immer informiert“. Wer einen Eindruck von den Ausmaßen des toxischen Niederschlags bekommen will, muss sich die Zahlen vor Augen führen: Zwischen 2010 und 2016 wurden über Deutschland fast 3600 Tonnen Kerosin in die Luft gepustet. Pro Jahr kommt das durchschnittlich 22 Mal vor, teilt die Bundesregierung mit.

Flugsicherung bestimmt, wo abgelassen wird

Wenn sich ein Pilot zu einem sogenannten Treibstoffschnellablass entschließt, steckt er in Schwierigkeiten. Erlaubt ist das Manöver nur in einer Notfallsituation, „typischerweise, wenn die Maschine vorzeitig landen muss, aber zu viel Kerosin im Tank hat“, sagt Schellenberg. Um das Gewicht zu verringern, bekommt der Pilot von der Flugsicherung im hessischen Langen ein Gebiet und eine Flughöhe zugewiesen. Infrage kommen dünn besiedelte Regionen abseits großer Städte – etwa die Westpfalz, die Eifel oder Südwestfalen.

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    Kein Grund zur Sorge, beruhigt die Bundesregierung. Die Flüssigkeit zerstäube in der Luft. Der weitaus größte Teil des Nebels sinke „nicht zu Boden, sondern verdunstet noch in den höheren Luftschichten und verbleibt in der Atmosphäre, bis er durch die Strahlungsenergie der Sonne in Wasser und Kohlendioxid umgewandelt wird“, heißt es in der Stellungnahme. Weniger als zehn Prozent des Kerosins landen demnach auf Feldern oder Gärten. Der Tüv Rheinland berichtet von einer „vernachlässigbaren Kontamination des Bodens“.

    Für Fluggesellschaften teure Wolken

    Aus Sicht der Flugsicherung geht es um die Frage, was wertvoller ist: Menschenleben, die es bei einem Notfall über den Wolken zu schützen gilt, oder die eventuelle Umweltbelastung. Cord Schellenberg rät Anwohnern betroffener Gebiete zur Gelassenheit. „Unten kommt kaum etwas an. Und für die Fluggesellschaften ist das Ablassen die Ultima Ratio. Allein schon aus wirtschaftlichen Erwägungen haben sie kein Interesse daran, teures Kerosin zu verschwenden.“

    Ungleich größer und mindestens ebenso unappetitlich ist eine andere von Flugzeugen ausgehende Gefahr: gefrorene Fäkalien aus den Bordtoiletten. Am vergangenen Montag schlug eine sogenannte Eisbombe in einem schwäbischen Einfamilienhaus ein und richtete 3000 Euro Schaden an. Im vergangenen Jahr wurden innerhalb weniger Monate Einschläge im Westerwald, im Sauerland und im Siegerland verzeichnet. Reines Glück, dass niemand getroffen wurde.

    Gefrorenes WC-Wasser ist unvermeidbar

    Eisbomben sehen aus wie überdimensionierte Hagelkörner, sie haben häufig die Größe eines menschlichen Kopfes und sind mitunter mehrere Kilo schwer. Sie entstehen, wenn während des Fluges Toilettenflüssigkeit durch ein nicht ganz dichtes Entleerungsventil nach draußen tröpfelt und an der Außenwand der Maschine gefriert. Ist der Brocken groß genug, fällt er irgendwann ab. Meistens schmilzt die Bombe auf dem Weg nach unten, die Erde erreichen dann nur einzelne Tröpfchen WC-Wasser – ekelig, aber kaum wahrnehmbar. Bei bestimmten Witterungsbedingungen bleibt die Eisbombe jedoch bis zum Aufprall intakt.

    „Mir ist kein Fall bekannt, bei dem jemand zu Schaden gekommen wäre“, sagt Luftfahrtexperte Schellenberg. Es scheint allerdings nur eine Frage der Zeit zu sein. Verhindern lasse sich das nicht, sagt Schellenberg: „Tröpfchenbildung kommt halt vor.“