Washington. In den USA herrscht Aufregung. Grund dafür ist Nilpferd Fiona im Zoo von Cincinnati. Und der Hype scheint keine Grenzen zu kennen.

In Zeiten des politischen Dauerstreits bedient das bewegte Bild einer tierischen Blähung offenbar das Verlangen nach heiler Welt. Anders kann man kaum erklären, warum der auf Video festgehaltene Unterwasserpups des neuen Superstars im Zoo von Cincinnati weltweit in sozialen Netzwerken für „Ach, wie putzig“-Heiterkeit sorgt.

Dass es sich bei dem Phänomen „Fiona“ nicht um heiße Luft handelt, zeigen die nackten Zahlen. Bis vor Kurzem warb die altehrwürdige Industriestadt im US-Bundesstaat Ohio noch vor allem mit dem behutsam restaurierten deutschen Einwandererviertel Over-the-Rhine um Anerkennung und Touristen. Mittlerweile hat die Präsenz eines avocadofarbenen Flusspferd-Babys allen konventionellen Wirtschaftsförderungsmaßnahmen den Rang abgelaufen.

Fiona war bei der Geburt beinahe dem Tod geweiht

Das bei der Frühgeburt mit 13 Kilogram extrem untergewichtige und beinahe dem Tod geweihte Hippo ist inzwischen durch tatkräftige Hilfe auf 230 Kilogramm hochgepäppelt worden. Und sorgt dank geschäftstüchtiger Betreuer rund um Zoodirektor Thane Maynard für Besucheranstürme, blendende Umsätze in der örtlichen Wirtschaft und eine stetig wachsende Fanfamilie, die jeden Entwicklungsschritt via Internet mitmacht.

Katalysator der „Fionamania“, die es von den Lokalzeitungen inzwischen bis in die Wochenendbeilage der „New York Times“ geschafft hat, ist Facebook. Dort ist dem kleinen Trumm, das nach dem Tod von Vater Henry (36) mit der dreieinhalb Tonnen schweren Mutter Bibi seine Runden durch die 7,5 Millionen Dollar teure Hippo-Bucht zieht, seit der Geburt am 24. Januar eine eigene Realityshow gewidmet.

Sogar ein Fiona-Bier ist auf dem Markt

Seit zehn Monaten wird dort Fionas Leben mit fast täglichen Aktualisierungen dokumentiert. Als die Zooleitung einmal eine Pause einlegte, protestierten Zehntausende und forderten ihre tägliche Dosis Gutes. Die Zahl der Video-Klicks des Zoos stieg binnen sechs Monaten von acht Millionen auf 106 Millionen. Fans aus Asien, Russland und Südamerika reagieren unisono: „Wie süß.“

Derartige Präsenz weckt Geschäftssinn. Neben T-Shirts, Kühlschrankmagneten, Postern, Kaffeetassen und anderen konventionellen Devotionalien gibt es mittlerweile „Chunky Chunky Hippo“-Eiskrem auf dem Markt. Die örtliche Listermann-Brauerei hat ein Fiona-Bier abfüllungsreif getrimmt und spendet 25 Prozent des Umsatzes an den Zoo – bisher 30 000 Dollar.

„Fiona ist unsere Beyoncé“

2018 erscheint in einem renommierten Verlag ein üppiger Bildband. Wann Hollywood klingelt, um das „kleine Wunder von Cincinnati“ in einen Film zu gießen, scheint nur noch eine Frage der Zeit.

„Wir sind stolz und glücklich“, sagt Kommunikationschefin Michelle Curley, die sich ein Fiona-Tattoo auf den Rücken hat stechen lassen, „wir haben einen Star zu betreuen. Fiona ist unsere Beyoncé.“

Vieles erinnert an Eisbär Knut

Das Fiona-Fieber hat inzwischen eine Temperatur erreicht, die mediale Bedenkenträger warnen lässt. „Man darf den Hype nicht unbegrenzt wachsen lassen“, sagen Kritiker. Vieles erinnert an die bis dahin beispiellose Euphorie, die Eisbär Knut in den Jahren 2007 bis 2011 weit über den Berliner Zoo hinaus entfachte und die elf Millionen Besucher anlockte.

Fiona hält unterdessen ihr Publikum mit herzzerreißenden Stunts bei Laune, die wie einstudiert wirken. Kürzlich machte Nick Kelble seiner Freundin Hayley Roll direkt vor dem Nilpferdbecken einen Heiratsantrag. Als er auf die Knie ging und den Ring vorzeigte, tauchte Fiona auf und drückte sich Schnauze und Kinn an der Glaswand platt. Es sah so als, als würde sie ihren Segen geben.