Madrid. Leere Talsperren und trockene Flussbetten: In Spanien muss das Wasser rationiert werden. Das hat auch für den Rest Europas Folgen.

Spanien steuert nach Jahren des Regenmangels auf eine große Trinkwassernot zu. Wenn es jetzt im Herbst und Winter nicht endlich ausgiebige Regenfälle geben wird, muss spätestens im kommenden Jahr das Wasser rationiert werden.

Dieser Notstand könnte dann auch die Millionen Touristen treffen, die nach Spanien kommen und – Studien zufolge – mehr als doppelt so viel durch den Hahn rauschen lassen wie die Einheimischen. „Wir haben kaum noch Wasser in den Talsperren“, warnte Umweltministerin Isabel García Tejerina dieser Tage. Bis Ende 2017 sei die Versorgung zwar noch gesichert.

Doch in mehreren Dörfern im südspanischen Andalusien, wo die Trinkwasserbrunnen schon jetzt nichts mehr hergeben, wird die Bevölkerung bereits mit Tankwagen versorgt. „Rissige Erde, verlorene Ernten, durstiges Vieh und Einschränkungen bei der städtischen Versorgung – wir stehen einer beunruhigenden Realität gegenüber, die die Aufmerksamkeit aller verdient“, sagt ein Sprecher der Bürgerplattform SOS Seqia (SOS Dürre). Politik und Medien müssten endlich aufhören, das Problem totzuschweigen, ehe kein Tropfen mehr aus dem Wasserhahn kommt. Dabei merkt jeder, dass das Wetter verrückt spielt: Am spanischen Mittelmeer herrschen an vielen Stränden immer noch Badetemperaturen.

Wasserpegel befinden sich auf einem Minimum

Was die Herbsturlauber freut, ist für die Wasserwirtschaft katastrophal: Die viel zu hohen Temperaturen verschärfen den Mangel, weil sie zu einer größeren Verdunstung der Trinkwasserreserven führen. Die Wasserpegel befinden sich auf einem Minimum. Die etwa 1200 Talsperren, aus denen der größte Teil des Trinkwassers in Spanien kommt, sind lediglich noch zu einem Drittel gefüllt. Dies ist der niedrigste Stand für diese Jahreszeit, der im 21. Jahrhundert gemessen wurde. In etlichen Talsperren sind nur Pfützen und Schlamm zu sehen, wie im Stausee Entrepeñas in der zentralspanischen Provinz Guadalajara.

Spaniens drittgrößter Strom, der Douro im Nordwesten der Iberischen Halbinsel, der zu dieser Jahreszeit eigentlich majestätisch fließen sollte, ist wegen der Dürre auf rund 30 Prozent seiner üblichen Größe geschrumpft. Ohne Regen trocknen auch Spaniens Wälder aus. Die sonst so feuchte Atlantikregion Galicien erlebte im Oktober die schlimmsten Waldbrände seit Jahren. Dort wie in ganz Spanien ist die Landschaft knochentrocken. Ein Umstand, den auch die Landwirte zu spüren bekommen. Getreide, Weinreben, Sonnenblumen, Obst- und Olivenbäume verdorren. Große Ernteausfälle drohen. Die Zitrusbauern, die rund um die Stadt Valencia Orangen, Mandarinen und Zitronen anbauen, warnen davor, dass ihre Plantagen mangels Wasser sterben.

Preise für Weine könnten steigen

„Es geht um das Überleben unseres Obstgartens“, schreiben sie in einem offenen Brief an die Regierung. Mehr als 44 Millionen Zitrusbäume seien in Gefahr. Sie fordern den Bau weiterer Meerwasser-Entsalzungsanlagen sowie von neuen Talsperren. Und sie wollen, dass mehr Wasser durch jenen Kanal gepumpt wird, der Spaniens größten Fluss, den Tajo im Westen des Landes, mit der besonders trockenen Mittelmeerregion im Osten verbindet. Ein Sprecher der Umweltschutzbewegung Ecologistas en Acción machte derweil auch die Bauern für den Wassermangel mitverantwortlich.

In Andalusien zum Beispiel, wo Europas Erdbeeren reifen, werden inzwischen rund 70 Prozent des gesamten Trinkwassers von der Landwirtschaft verbraucht. Spaniens Umweltministerin García Tejerina machte denn auch klar, dass bei Einschränkungen zunächst den Bauern der Hahn zugedreht werde, „um die Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen“.

Die spanische Wassernot wird auch Auswirkungen auf die europäischen Verbraucher haben. Wegen der geringeren Ernteerträge stieg bereits der Preis für Olivenöl. Auch Weine aus Spanien dürften teurer werden.