Pfaffenhofen. Es war ein stundenlanger Nervenkrieg. Im Sorgerechtsstreit um ein Kind nahm im Jugendamt Pfaffendorf ein Mann eine Frau als Geisel.

Eine stundenlange Geiselnahme im Jugendamt von Pfaffenhofen an der Ilm ist am Montag weitgehend unblutig zu Ende gegangen. Spezialeinsatzkräfte der Polizei überwältigten den mutmaßlichen Täter am Nachmittag. Der 28-Jährige sei festgenommen worden, teilte die Polizei mit. Dabei kam eine Elektroschockpistole zum Einsatz.

Das Opfer, eine 31 Jahre alte Sachbearbeiterin in der Jugendbehörde des Landratsamtes, erlitt eine Schnittwunde am Oberkörper, die ihr der mutmaßliche Geiselnehmer zufügte, blieb ansonsten aber unverletzt. Motiv war offenbar der Sorgerechtsstreit des Mannes um ein Kind. Er forderte, dass seine anderthalb Jahre alte Tochter, die derzeit in der Obhut einer Pflegefamilie ist, zurück in die Obhut der Mutter kommt, sagte Polizeipräsident Günther Gietl bei einer Pressekonferenz.

Der Geiselnehmer hatte sich gegen 8.30 Uhr mit der Mitarbeiterin der Behörde in dem Nebengebäude des Landratsamtes verbarrikadiert. Er ließ den Rollladen im Dachgeschoss des dreistöckigen Hauses herunter, so dass die Polizei keinen Sichtkontakt zu Täter und Opfer aufnehmen konnte.

Polizei stand in Kontakt zum Geiselnehmer von Pfaffenhofen

Wie ein Polizeisprecher sagte, war der Mann mit einem Messer bewaffnet. Opfer und mutmaßlicher Täter hätten vor der Geiselnahme wohl „berufsmäßigen Kontakt“ zueinander gehabt, sagte Polizeisprecher Hans-Peter Kammerer. Ein Spezialeinsatzkommando der Polizei war vor Ort.

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Es begann ein stundenlanger Nervenkrieg mit der Polizei. Die Verhandlungsgruppe nahm am Vormittag telefonisch Kontakt mit dem Geiselnehmer auf. „Der Täter spricht mit uns“, sagte Polizeisprecher Hans-Peter Kammerer im Laufe des Einsatzes. Die speziell für Geiselnahmen geschulten Beamten versuchten, deeskalierend auf den Mann einzuwirken. Sie redeten offensichtlich auf den 28-Jährigen ein, sich zu ergeben. Dabei habe immer die körperliche Unversehrtheit der Geisel im Mittelpunkt gestanden, erläuterte Kammerer. Der Täter hatte laut Polizei eine scharfe Waffe, Wasser und einen Arzt für seine Geisel gefordert.

Innenminister wirbt für Taser-Einsatz

Der Bereich um das Jugendamt wurde weiträumig abgesperrt.
Der Bereich um das Jugendamt wurde weiträumig abgesperrt. © REUTERS | LUKAS BARTH

Als die Frau am frühen Nachmittag darum bat, dass ein Arzt gerufen wird, griff das SEK zu und überwältigte den 28-Jährigen. Es kam dabei nicht zu einem Schusswaffeneinsatz, wie Polizeisprecher Kammerer betonte. „Die Spezialeinsatzkräften nutzten eine günstige Gelegenheit“, beschrieb er das Einsatzszenario.

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) wurde konkreter: Die Polizei hat den Geiselnehmer mit Hilfe einer Elektroschockpistole überwältigt. „Die heutige Geiselnahme hat erneut unter Beweis gestellt, dass der Einsatz von ,Taser’ in bestimmten Situationen eine sehr sinnvolle Ergänzung zu den schon jetzt vorhandenen Einsatzmitteln der bayerischen Polizei ist“, so Herrmann.

Das Opfer sei zwar seelisch nach dem stundenlangen Psychodrama angegriffen, körperlich aber nicht schwer verletzt, teilte die Polizei mit. Auch der mutmaßliche Täter sei bei dem Zugriff weitgehend unverletzt geblieben.

Gebäude großräumig abgesperrt

Der Bereich um das Jugendamt, das sich in ausgelagerten Räumen des Landratsamtes befindet, war von der Polizei großräumig abgesperrt worden. Anwohner wurden gebeten, das Gebiet zu meiden. Zudem sollten Zeugen keine Fotos oder Videos vom Tatort verbreiten, da diese dem Tatverdächtigen hätten helfen können.

Straßensperrungen rund um das Jugendamt wurden bereits kurz nach der Überwältigung des Tatverdächtigen aufgehoben. (dpa/ac)