Berlin. Vom Spätsommer bis Herbst haben Zecken wieder Hochsaison. Stechen sie, können sie gefährliche Krankheiten übertragen – etwa Borreliose.

Wenn die Temperaturen nach dem Hochsommer sinken, werden Zecken wieder aktiver. Zwar ist der ganze Sommer Zeckenzeit, doch vor allem das Frühjahr (April) und der Herbst (Ende September/Oktober) gelten als Hochsaison für Zecken. Die unliebsamen Spinnentiere sind dafür bekannt, Krankheiten zu übertragen. Dazu zählt etwa die von Bakterien ausgelöste Infektionskrankheit Borreliose. Sie kommt bei Zecken landesweit vor und ist die häufigste von Zecken übertragene Krankheit.

Doch warum ist Borreliose gefährlich? Woran erkennt man sie? Und welche Übertragungswege gibt es? Ein Überblick:

• Was genau ist Borreliose?

Bei der sogenannten Lyme-Borreliose oder auch bei ihrer Manifestationsform, der Neuroborreliose, handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien, sogenannte Borrelien, hervorgerufen wird. Die Borreliose kann verschiedene Organsysteme betreffen, insbesondere die Haut, das Nervensystem und die Gelenke, heißt es beim Robert-Koch-Institut. Bleibt die Krankheit unbehandelt, kann eine Borreliose erhebliche bleibende Schäden am Nervensystem nach sich ziehen.

• Wie wird Borreliose übertragen?

Die Borrelien werden im Grunde ausschließlich durch Zeckenstiche auf den Menschen übertragen. „Bisher gibt es keine belastbaren Hinweise darauf, dass außer Zecken andere Vektoren Borrelien in einem relevanten Ausmaß übertragen“, sagt Professor Sebastian Rauer, Borreliose-Spezialist und leitender Oberarzt an der Neurologischen Universitätsklinik Freiburg, auf Anfrage unserer Redaktion.

Zwar werden manchmal auch Bremsen, Flöhe oder Mücken als potentielle Überträger diskutiert. So hatten etwa Wissenschaftler der Senckenberg-Stiftung in einer Studie vom März 2016 bei zehn heimischen Mückenarten Borrelien-DNA nachgewiesen. Dennoch hält der Experte diesen Übertragungsweg für äußerst unwahrscheinlich.

Eine Mücke beim Blutsaugen. Nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen sind Stechmücken als Überträger für Borreliose nur bedingt geeignet.
Eine Mücke beim Blutsaugen. Nach bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnissen sind Stechmücken als Überträger für Borreliose nur bedingt geeignet. © dpa | Patrick Pleul

„Mücken saugen überall an vielen Tieren, die mit Borrelien infiziert sind, da ist es nicht verwunderlich, dass Borrelien-DNA nachweisbar ist“, sagt Rauer. Dies lasse aber nicht automatisch den Rückschluss darauf zu, dass Mücken auch als Überträger in Frage kämen. Denn der Übertragungsweg sei hochkomplex. Auch den Autoren der Senckenberg-Studie zufolge seien „Stechmücken als Überträger der Lyme-Borreliose auslösenden Erreger nur bedingt geeignet“.

„Einzelfälle und Raritäten kann es in der Medizin natürlich immer geben“, sagt der Wissenschaftler, aber Mücken spielten nach heutigem Erkenntnisstand keine Rolle bei der Übertragung der Krankheitserreger.

• Welche Symptome weisen auf eine Borreliose-Erkrankung hin?

Ein ziemlich eindeutiger Hinweis auf eine beginnende Borreliose ist die sogenannte Wanderröte. Dabei weitet sich ein roter Ring, meist im Zentrum blasser als am Rand, von der Einstichstelle aus immer weiter aus. Um die Einstichstelle bleibt meist ein dunkelroter Fleck erhalten. „Die Wanderröte ist so typisch für Borreliose, dass keine weiteren Labortests nötig sind“, erklärt Borreliose-Spezialist Rauer. Bei Ärzten sei es Konsens, bei der typischen ringförmigen Rötung mit Antibiotika zu behandeln.

Die sogenannte Wanderröte um die Einstichstelle nach einem Zeckenstich gilt als zuverlässiger Hinweis auf eine Infektion mit Borrelien.
Die sogenannte Wanderröte um die Einstichstelle nach einem Zeckenstich gilt als zuverlässiger Hinweis auf eine Infektion mit Borrelien. © Getty Images/iStockphoto | anakopa

Allerdings: Die Wanderröte tritt bei einer Borrelien-Infektion nicht zwangsläufig auf und bleibt deshalb im frühen Stadium häufig unerkannt. Weitere allgemeine Krankheitssymptome wie Fieber, Muskel- und Kopfschmerzen sowie Müdigkeit können im frühen Stadium hinzukommen, heißt es beim Robert-Koch-Institut. Erste Symptome können sich bereits nach wenigen Tagen zeigen, manchmal dauert es auch mehrere Wochen.

Bei späteren Manifestationen sind charakteristische klinische Beschwerden: Gelenkentzündungen, Gesichtslähmungen und Nervenbeschwerden mit massiven Schmerzen ähnlich wie bei einer Gürtelrose. Diese treten laut Rauer meist nachts auf und sprechen nicht auf Schmerzmittel an. Auch Taubheitsgefühl, Seh- oder Hörstörungen sowie Entzündungen des Herzens können auftreten, listet das Robert-Koch-Institut auf. Diese Symptome können auch noch Wochen oder Monate nach einer Infektion auftreten. „Wird eine Infektion nicht beziehungsweise erst spät erkannt, kann sich Borreliose zu einer wirklich schweren Erkrankung entwickeln.“

• Wie kann eine Infektion mit Borrelien nachgewiesen werden?

Tritt die oben beschriebene Wanderröte auf, gilt das für Mediziner als Nachweis für Borreliose. Ansonsten lässt sich eine Infektion nur durch Bluttests nachweisen. Doch häufig sind mehrere Tests nötig, um Gewissheit zu bekommen. Denn bis Antikörper im Blut nachgewiesen werden können, muss einige Zeit vergehen. Das kann bis zu sechs Wochen dauern.

• Ist Borreliose heilbar?

Grundsätzlich kann Borreliose gut mit Antibiotika behandelt werden. „Bisher haben sich keine Resistenzen entwickelt. Die Krankheit kann immer gestoppt werden“, erklärt Rauer. Allerdings ist schnelles Handeln nötig. Wird die Krankheit zu spät erkannt und haben bereits späte Stadien der Borreliose eingesetzt, kann der Patient erhebliche bleibende Schäden am Nervensystem davontragen. „Späte Manifestationen bringen ein hohes Risiko für Restbeschwerden mit sich“, warnt der Borreliose-Experte.

Experten schätzen darüber hinaus, dass 70 bis 80 Prozent der Infizierten die Krankheit spontan überwinden. „Das heißt, dass diese Patienten keine Symptome bemerken oder das Immunsystem die Borrelien eliminiert und kontrolliert.“ Werde die Krankheit jedoch festgestellt, sei es unabdingbar, die Standardbehandlung mit Antibiotika einzuleiten.