Berlin. Der Ex-Ski-Star Markus Wasmeier hat durch das Krebsleiden seiner Frau Demut gelernt. Ein Gespräch über Schicksalsschläge und Heimat.

Als Skifahrer ist Markus Wasmeier (54) den Sportfans noch in bester Erinnerung: „Wasi“ – das war dieser strahlende Blonde, der spätestens seit seinem zweifachen Olympiatriumph in Lillehammer 1994 zur Sportlegende wurde. Nach seiner Karriere baute Wasmeier am Schliersee ein Freilichtmuseum auf, um die Tradition lebendig zu erhalten. Nun erscheint sein Buch „Dahoam“. Ein Gespräch über Heimat, Erfolge und dem Umgang mit Schicksalschlägen.

Ihr erstes Buch hieß: „Pisten-fit mit Markus Wasmeier – Skigymnastik für jedes Gelände“. Nun haben Sie mit „Dahoam“ ein ganz anderes Buch verfasst.

Markus Wasmeier: Das erste war ein Fachbuch, das Menschen in Bewegung bringen sollte. Nun möchte ich Leser mit meiner Geschichte bewegen. Werte und Heimat sind mir persönlich extrem wichtig, und diese Debatte prägt ja gerade das Land.

Sie mögen die Tradition und sind auch schon zu Ihrer aktiven Sportlerzeit in der Tracht herumgelaufen.

Wasmeier: Das war damals eine Revolution – ich wollte nicht so daherkommen wie alle anderen. Wer soll denn wagen, eine Tracht zu tragen, wenn nicht ich als bekannte Persönlichkeit?

Sie haben in Schliersee ein altbayerisches Dorf aufgebaut. Warum?

Wasmeier: Zuerst hat mich das Handwerk fasziniert. In Lillehammer, wo ich bei den Olympischen Spielen zwei Goldmedaillen gewonnen habe, gibt es das Freiluftmuseum Maihaugen – das hat mich nachhaltig beeindruckt. Der Gründer hat das Museumsdorf aufgebaut, um Traditionen vor dem Vergessen zu retten. Auch bei uns verschwanden Denkmäler aus dem 16 und 17. Jahrhundert – die wollte ich retten. Den letzten Kick bekam ich, als ich das Ergebnis einer Umfrage las. 60 Prozent der Münchner Grundschüler glaubten seinerzeit, dass Kühe lila sind.

Wird die Welt in Ihrem Museumsdorf nicht als gute alte Zeit verklärt?

Wasmeier: Nein, überhaupt nicht. In meinem Freilichtmuseum kannst du in eine andere Welt eintauchen, etwa eine Rauchküche am eigenen Leib erfahren. Da erlebst du gleich, was das für schwere Zeiten waren, wie sehr diese Häuser im Winter auskühlten.

Viele Prominente flüchten aus ihrer Heimat, um ihre Ruhe zu haben und Steuern zu sparen. Sie gründeten ein Freilichtmuseum.

Wasmeier: Ich finde es in Ordnung, Steuern zu zahlen. Ich habe ein Heimatgefühl und bin hier hineingeboren. Meine Frau kommt aus Südtirol und hat ebenfalls Wurzeln geschlagen. Ich stehe auf der Sonnenseite des Lebens, da kann ich meiner Heimat etwas zurückgeben.

Im Skizirkus haben Sie die Welt bereist. Hat das Ihre Verbundenheit zur Heimat gestärkt?

Wasmeier: Absolut. Es ist nie ein Schaden, andere Kulturen kennenzulernen. Ich habe auch festgestellt: Bei uns ist es megaschön, wir haben alles da. Hey, warum meckern die Leute nur so viel? Ein kleines Beispiel: Mein Sohn ­verletzte sich auf Hawaii beim Surfen. Im Krankenhaus gab ich erst mal die Kreditkarte ab – und es wurde sehr ­teuer. Und in der Ukraine musst du dein eigenes Verbandszeug und die Medikamente gleich mitbringen. Wie gut geht es uns!

Kommen wir zum Sport. Auf welchen Sieg sind Sie besonders stolz?

Wasmeier: Der erste Weltmeistertitel in Bormio 1985 war sicherlich besonders prägend, weil er für mich so überraschend kam.

Ihr größter Erfolg sportlicher Erfolg kam 1994.

Wasmeier: Geschichte schreibst du nur mit Olympia, also den beiden Goldmedaillen von Lillehammer. Das hat ein gewisses Feuer, zu dieser olympischen Familie zu gehören. Olympia ist für jeden Sportler das ganz große Ziel – entsprechend groß ist die Freude, wenn man es schafft.

Gucken Sie sich diese Siege eigentlich immer mal wieder an?

Wasmeier: Ach, ich lebe mehr im Jetzt und schaue lieber nach vorn. Aber das ist schon Wahnsinn, was ich erleben durfte. Was hatte ich für ein Glück und eine Freude. Aber es gibt auch die andere Seite, die negativen Erlebnisse. Da habe ich gelernt, mich wieder aufzurappeln.

Im Buch schreiben Sie offen über den Kampf Ihrer Frau Brigitte (51) gegen den Unterleibkrebs. Ihre Frau befand sich an der Schwelle zum Tod.

Wasmeier: Das ist für jeden Menschen und jede Familie eine Riesenherausforderung. Ich musste damals, als meine Frau die Therapie nicht vertrug und auf der Intensivstation lag, entscheiden, was zu tun ist. Das war krass. Für mein eigenes Leben habe ich stets Verantwortung übernommen, aber nun war ich für das Leben von Gitti verantwortlich. Wir haben die Therapie dann umgestellt. Und Gitti wurde langsam gesund.

Hat das Ihr Leben und das Ihrer Familie verändert?

Wasmeier: Zweifellos. Wir haben Demut gelernt. Es ist unser aller Geschichte, und wir möchten, so seltsam das klingt, es nicht missen. Wir haben Glück gehabt und genießen jeden Tag. Jedes gemeinsame Frühstück, jeden gemeinsame Tag, jede gemeinsame Reise. Jeder Tag ist ein geschenkter Tag.