Berlin. Der Welt-Mädchentag macht auf die Benachteiligung von Mädchen aufmerksam. Als Zeichen dient ausgerechnet eine Klischeefarbe. Schade.

Pink. Was fällt einem als erstes ein, wenn man an diese Farbe denkt? Ohne lange nachzudenken vielleicht: glitzernder Prinzessinen-Kitsch, rosa-roter Einhorn-Quatsch, plüschige Puppenecke und natürlich Strampler, Schnuller und Babymützchen für das Neugeborene – wenn es denn ein Mädchen ist, versteht sich.

Ausgerechnet mit dieser klischeebesetzen Farbe soll der Welt-Mädchentag auf die Benachteiligung von Mädchen und jungen Frauen weltweit aufmerksam machen. An diesem 11. Oktober erstrahlen in rund 30 deutschen Städten bekannte Gebäude und Wahrzeichen in: Pink.

Zwangsehe bekämpfen und Chancengleichheit herstellen

In Deutschland werden Frauen Bundeskanzler, machen Karriere, ja, sie dürfen sogar Auto fahren. Mädchen gehen genauso zur Schule wie Jungen, spielen Fußball, werden darauf vorbereitet, im Leben auf ihren eigenen Beinen zu stehen. In vielen Ländern dieser Welt ist das, was so normal, so alltäglich scheint, jedoch noch immer nicht denkbar. Frauen – vor allem Mädchen – werden benachteiligt. Sie haben weniger Rechte, keinen Zugang zu Bildung, werden oftmals unterdrückt in einer von Männern dominierten Welt.

Schon 2013 leuchtete der Hamburger „Michel“ am Welt-Mädchentag in Pink. Auch in diesem Jahr werden Gebäude und Wahrzeichen in 30 deutschen Städten pinkfarben angestrahlt.
Schon 2013 leuchtete der Hamburger „Michel“ am Welt-Mädchentag in Pink. Auch in diesem Jahr werden Gebäude und Wahrzeichen in 30 deutschen Städten pinkfarben angestrahlt. © dpa | Maja Hitij

Um auf diese Missstände hinzuweisen, haben die Vereinten Nationen im Dezember 2011 den 11. Oktober offiziell zum Welt-Mädchentag erklärt. Der Aktionstag geht auf Initiative des Kinderhilfswerks Plan International zurück. Ziel ist es, die Situation von Mädchen weltweit zu verbessern, etwa durch gezielte Bildungsförderung, Bekämpfung von Zwangsehe und Gewalt sowie Förderung von Gleichberechtigung in allen Lebensbereichen.

Denn die 1,1 Milliarden Mädchen auf der Welt seien eine „Quelle der Macht, Energie und Kreativität“, heißt es auf der Internetseite der UN zum Welt-Mädchentag. Sie alle verdienten gleiche Chancen für eine bessere Zukunft.

Mädchen werden in die Glitzer-Rollenklischee-Schublade gesteckt

Ob für dieses hehre Ziel die Farbe Pink tatsächlich angemessen ist? Ob typisches Mädchen-Rosa dem Bestreben gerecht wird, Ungerechtigkeit zu beenden? Nein, denn mit Pink als Symbolfarbe werden Mädchen doch nur einmal mehr in die immer gleiche Schublade gesteckt: die rosa Glitzer-Rüschen-Rollenklischee-Schublade.

Warum nicht grün wie die Hoffnung? Oder blau als Zeichen der Beharrlichkeit? Oder orange als Zeichen der Lebensfreude? Oder gelb wie die Sonne? Oder oder oder? Nein, es geht ja schließlich um Mädchen. Da ist doch pink ziemlich naheliegend. Oder?

Wirtschaft setzt auf Gender-Marketing

Die Welt da draußen macht es uns vor: Kindermode in neutralen Farben? Schwierig. Genderneutrales Spielzeug? Fehlanzeige. Stattdessen: rosafarbene Tüllröcke für Mädchen, Dinosaurier- und Superhelden-Prints auf blauen Shirts für Jungen, pinkfarbene Playmobil-Boutique für die künftige Shopping-Queen, Lego-Pirateninsel für den Abenteurer.

In der Lebensmittelbranche setzt sich der Trend beispielsweise mit rosa Mädchen-Überraschungseiern fort. Und selbst im Erwachsenen-Alter darf Mann zu herbschokoladigem Männersache-Marzipan mit kämpferischen Raubtieremblem greifen, während für Frau zuckriger rosafarbener Einhornlikör im Regal steht. Geschlechtertrennung als Wirtschaftsmotor – Gender-Marketing nennen das die Experten. Das politische Satiremagazin „Extra 3“ veröffentlichte zu dem Thema im September ein zynisches Video.

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Plan International will Farbe Pink neu besetzt haben

Pink als Symbolfarbe für einen Mädchentag ist Sexismus pur, ja, ignorant. Und wenn nicht das, dann doch zumindest unfreiwillig komisch und undurchdacht. Plan International beantwortet auf seiner Homepage die Frage, warum die Organisation ganz bewusst Pink für ihren Aktionstag gewählt hat. Das kräftige Pink habe eine starke Signalkraft und vermittele Lebensfreude und Zuversicht, heißt es da, „genau das, was benachteiligte Mädchen und junge Frauen motivieren kann, für sich und ihre Rechte einzustehen“.

Seit 2012 setzt Plan International die Farbe als Zeichen für den Welt-Mädchentag ein. Das Kinderhilfswerk ist überzeugt, die Farbe neu besetzt zu haben. Doch das hat es mitnichten. Oder was fällt einem wohl nach wie vor als erstes ein, wenn man an die Klischeefarbe Pink denkt?