Frauenau. Wieder ist ein Wolf im Bayerischen Wald erschossen worden. Experten streiten aber darüber, wie gefährlich die Tiere überhaupt sind.

Ein weiterer der sechs entlaufenen Wölfe im Bayerischen Wald ist erschossen worden. Ein Suchtrupp spürte das Tier am Dienstag nahe Frauenau im Landkreis Regen auf. Es handele sich zweifelsfrei um eines der Tiere aus dem Gehege, sagte der stellvertretende Leiter des Nationalparks Bayerischer Wald, Jörg Müller. Es sei leider nicht gelungen, das Tier einzufangen, für einen Schuss aus dem Narkosegewehr sei es zu weit weg gewesen.

Ein weiterer Wolf war direkt nach dem Ausbruch von einer Regionalbahn erfasst, ein zweiter am Sonntag erschossen worden. Damit sind nun noch drei der Tiere in Freiheit. Sie waren in der Nacht zum Freitag aus einem Freigehege des Nationalparks bei Lindberg entwichen.

Wölfe machten desorientierten Eindruck

Unbekannte hatten nach Angaben der Polizei ein Schloss an einem Tor entfernt. Ein Video vom Freitag zeigt zwei Wölfe an einer Bundesstraße nahe Lindberg: Sie lassen sich vom Auto des filmenden Paares nicht beeindrucken, laufen immer wieder auf die Fahrbahn und machen einen desorientierten Eindruck.

Der Verwaltung lägen ungefähre Aufenthaltsorte der verbliebenen drei Wölfe vor, sagte Müller am Dienstag. Allerdings könne ein Wolf pro Nacht etwa 50 Kilometer zurücklegen. Ein Tier war zuletzt im tschechischen Nationalpark Šumava vermutet worden – der Nationalpark Bayerischer Wald liegt nur wenige Kilometer entfernt. Mitarbeiter dort sind in die Suche involviert. Die Zahl der Lebendfallen wurde erhöht.

Suchtrupps mit Blasrohren und Narkose-Pfeilen

Insgesamt seien etwa 30 Helfer im Einsatz, um die Wölfe aufzuspüren, so Müller. Idealerweise bestünden die Suchtrupps aus zwei Leuten, ausgestattet mit einem Blasrohr mit Narkose-Pfeilen, einem Narkose-Gewehr, einer scharfen Waffe. Ziel bleibe es, die Tiere lebend einzufangen, notfalls würden sie aber erschossen.

Die Nationalparkverwaltung warnte erneut vor den Wölfen: Den Tieren solle mit Respekt begegnet werden. Man solle nicht weglaufen, sondern sich langsam zurückziehen, den Tieren nicht nachlaufen, kein Futter anbieten und keine Fotos machen. Gehegewölfe seien in ihrem Verhalten nicht mit freilebenden Wölfen zu vergleichen, hatte Nationalparkleiter Franz Leibl betont. Sie zeigten gegenüber Menschen wenig Scheu und stellten daher „über kurz oder lang ein Problem“ dar.

Wildbiologen sehen keine ernsthafte Gefahr

Wildbiologe Ulrich Wotschikowsky hingegen sieht keine ernsthafte Gefahr: „Die gucken Menschen vielleicht neugierig an, aber angreifen tun sie nicht“. Ob die herumirrenden Vierbeiner an Menschen gewöhnt seien oder nicht, könne man nicht beurteilen.

Zwar hätten sie regelmäßig Kontakt zu Menschen gehabt. „Da sie ihr Futter aber nicht aus der Hand, sondern über den Zaun bekommen, sind sie nicht futterkonditioniert.“ Auch Brigitte Sommer vom Verein Wolfsschutz Deutschland geht davon aus, dass die Tiere scheu auf fremde Menschen reagieren. (dpa)