Friedrichshafen. Der mutmaßliche Supermarkt-Erpresser hat gestanden. Dem 53-Jährigen droht eine lange Haftstrafe. Das ist bisher über den Fall bekannt.

Er forderte Millionen von Handelskonzernen und verunsichert unzählige Verbraucher bundesweit: In die Suche nach dem Erpresser vom Bodensee waren laut Polizei zeitweise bis zu 200 Ermittler eingebunden. Nach Festnahme und Haftbefehl gesteht der Mann die Taten.

Was wir bisher wissen:

Was ist der Ermittlungsstand?

Der mutmaßliche Täter hatte in einer E-Mail von Mitte September an die Polizei, den Verbraucherschutz und mehrere Lebensmittelkonzerne damit gedroht, bis zu diesem Samstag 20 vergiftete Lebensmittel in Umlauf zu bringen. Erst vergangenen Donnerstag hatte die Polizei dann Bilder aus Überwachungskameras aus Märkten in Friedrichshafen veröffentlicht, in denen vergiftete Lebensmittel gefunden worden waren. Zu sehen ist ein älterer Mann mit Brille, in Lederjacke und mit weißer Stoffmütze. Der Erpresser forderte einen niedrigen, zweistelligen Millionenbetrag.

Die Polizei in Baden-Württemberg hatte am Freitag einen 53 Jahre alten Mann festgenommen. Sie geht aktuell von einem Einzeltäter aus. Gegen den mutmaßlichen Erpresser ist am Samstagnachmittag Haftbefehl erlassen worden. Die Ermittler waren durch Hinweise aus der Bevölkerung auf ihn aufmerksam geworden. Am Samstagabend gestand der mutmaßliche Erpresser schließlich die Taten.

Wer tut sowas?

Nach Einschätzung einer Psychologin handelt es sich beim Täter um einen Psychopathen oder um einen Narzissten. Entweder sei es ein skrupelloser, eiskalter Verbrecher ohne Empathie oder Mitgefühl, sagt Professorin Isabella Heuser-Collier von der Berliner Charité. „Oder er genießt es einfach, im Mittelpunkt zu stehen und die ganze Republik in Aufregung zu versetzen.“ Dann sei von krankhaftem Narzissmus auszugehen. Dass tatsächlich eine giftige Substanz gefunden wurde, spreche eher für die erste Variante.

Wo wurde bisher etwas gefunden?

Laut Polizei wurden fünf mit Ethylenglycol vergiftete Gläschen mit Babynahrung in verschiedenen Einkaufsmärkten in Friedrichshafen gefunden. Der Täter hatte sie selbst beschrieben, um seine Forderungen zu untermauern. Die Polizei fand sie Mitte September genau dort.

Warum wurde die Öffentlichkeit erst zwei Wochen später informiert?

Da alle fünf vom Täter beschriebenen Gläschen rasch sichergestellt wurden, habe es zunächst keine Gefahr für die Öffentlichkeit gegeben, sagt ein Polizeisprecher. Bis zum heutigen Samstag hätten allerdings laut der Warnund des Erpressers weitere vergiftete Produkte auftauchen können. Deshalb sei eine Gefährdung der Öffentlichkeit nicht mehr auszuschließen gewesen.

Wie können Verbraucher sich vor vergifteten Lebensmitteln schützen?

Gläser haben einen Schraubverschluss, in denen vor dem ersten Öffnen ein Unterdruck herrscht. „Wenn man das Glas öffnet, knackt es ganz deutlich. Das ist ein Zeichen dafür, dass die Verpackung intakt ist“, riet Christiane Manthey von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Bleibe das Knacken aus, solle man das Produkt nicht verzehren, könne das ein Hinweis auf Manipulation sein.

Wie erkennt man Manipulation bei anderen Verpackungen?

Um ein Produkt zu vergiften, muss jemand es öffnen. Bei verpackten Lebensmitteln sollte daher auf den Zustand der Verpackung geachtet werden. Gift könne etwa mit einer Spritze in das Lebensmittel eingebracht werden. Ist die Originalverpackung unversehrt, ist man sicher.

Kann der Verbraucher das verwendete Gift erkennen?

Der Erpresser von Friedrichshafen nutzte die sirupartige Flüssigkeit Ethylenglycol zum Vergiften von Lebensmitteln. Da sie farb- und geruchlos ist, lässt sie sich beim Verzehr nicht erkennen.

Der Erpresser brachte die Gläser mit vergifteter Babynahrung in Umlauf. Sollte man Babynahrung zurzeit meiden?

Die Verbraucherzentrale sprach keine generelle Warnung vor dem Kauf von Babynahrung aus. „Man sollte einfach achtsam sein“, sagt Manthey. „Natürlich spricht aber nichts dagegen, den Babybrei auch mal selbst zu kochen. Das ist ja nicht so schwierig.“

Wie bemerkt man eine Vergiftung durch Ethylenglycol?

Die Vergiftungserscheinungen reichen von Übelkeit über Erbrechen bis hin zu Benommenheit und Verwirrung. „Wenn man das bei sich selbst beobachtet oder ein Kind sich anders verhält als sonst, sollte man unbedingt einen Arzt aufsuchen“, riet die Verbraucherzentrale. (dpa)