Paris. Es war das Härteste, das er je gemacht hat: Der Schotte Mark Beaumont radelte 29.000 Kilometer um die Welt – für einen Weltrekord.

In 80 Tagen will der Held in Jules Vernes Romanklassiker es um die Welt schaffen. Extremsportler Mark Beaumont brauchte dafür 78 Tage, 14 Stunden und 14 Minuten. Mit dem Rad. Eine 29.000-Kilometer-Tour, die den Schotten von Europa durch Russland bis nach China führte, von Australien nach Alaska und dann quer durch Kanada und die USA zurück nach Europa. Einzige Verschnaufpause der Reise über vier Kontinente und durch 16 Staaten: drei Flüge über Ozeane.

Es ist diese eigenartige Mischung aus Euphorie und Erschöpfung, die dem 34-Jährigen anzusehen ist, als er am Montagabend in Paris sein Ziel erreicht und seinen Helm abzieht – unter dem Triumphbogen. Einen besseren Ort, um eine solche Reise zu beenden, kann es eigentlich nicht geben. Die Menschen klatschen und jubeln, Autos hupen. Beaumont umarmt seine Frau Nicci und seine ein und vier Jahre alten Töchter. Eine Abgesandte des „Guinness-Buchs der Rekorde“ überreicht ihm eine Urkunde, denn Beaumont hat den bisherigen Rekord von 123 Tagen gebrochen. „Sie sind hiermit ganz offiziell unglaublich!“, ruft sie.

Das Härteste, was er seinem Körper je zugemutet hat

Beaumont wirkt, als könne er es selbst nicht glauben – dass er nicht nur an seine Grenze gegangen ist, sondern sie so weit überschritten hat. „Was ich jetzt vor allem spüre, ist Erleichterung, völlige Erleichterung. Ich habe immerhin Jahre damit verbracht, mich darauf vorzubereiten“, sagt er den Reportern. Und weiter: „Es war das Härteste, was ich je meinem Körper und meiner Psyche zugemutet habe. Es war eine fortlaufende Überwindung. Sehr wahrscheinlich mache ich so etwas nie wieder.“

Drei schwere Stürze warfen ihn aus der Bahn. Er fuhr durch Frost, Gluthitze, Stürme und Feuerrauch. „Das Schwierigste aber war der Schlafentzug“, sagt Beaumont. Jeden Morgen stand er um 3.30 Uhr nach fünf Stunden Schlaf auf, um sein Pensum von täglich 16 Stunden zu schaffen. Die restlichen Stunden tat Beaumont vor allem eines: essen. 8000 Kilokalorien musste er täglich zu sich nehmen, etwa 3000 wären normal.

Mehrere Stürze während der Tour

Es ist nicht die erste Weltumrundung für Beaumont. Bereits 2008 stellte er mit 194 Tagen den damaligen Weltrekord auf. Als er am 2. Juli dieses Jahres aufbrach, ebenfalls in Paris, da hatte er sich vorgenommen, es diesmal in 80 Tagen zu schaffen. Er kam einen Tag früher an. „Es zeigt, dass möglich werden kann, was unmöglich scheint“, sagt Beaumont. Dabei sah es oft danach aus, als würde er an seinem Ziel scheitern. Schon am neunten Tag stürzte er in Russland, brach sich den Ellenbogen und schlug sich einen Zahn aus. Russland stellte ihn auch psychologisch vor die größte Herausforderung: „17 Tage fuhr ich meist durch Ödland. Es war zermürbend.“

Neuseeland brachte große landschaftliche Abwechslung. Das Problem hier: Es herrschte tiefster Winter. Beaumont, der von einem Team aus Managerin, Mechaniker, Ernährungsberater und Physiotherapeut begleitet wurde, fuhr über vereiste Pisten, stürzte abermals. Im US-Bundesstaat North Dakota fuhr er tagelang durch Rauchschwaden, die von Waldbränden in Montana hergezogen waren. In den endlosen Ebenen des Mittleren Westens kämpfte er auch gegen den Wind an. „Es ist nicht viel anders als beim Segeln. Der Wind kann über die Tour entscheiden.“ Für die letzte Etappe flog er vom kanadischen Halifax nach Lissabon. In den Pyrenäen stürzte er abermals. „Mein Team war sehr besorgt, weil es so kurz vor dem Ende der Tour war. Man hat es eben nie geschafft, bis es geschafft ist.“

Beaumont ist „ein schottischer Held“

Besonders in Schottland ist man stolz auf den Mann aus Edinburgh. „Mark Beaumont ist ein schottischer Held“, sagt Charlie Smith, Chef der Tourismusbehörde. „Er inspiriert Millionen Kinder auf der Welt, ihre Ziele zu erreichen und ist ein Botschafter für unser Land.“

Was er nun vorhat, wollen die Reporter in Paris von ihm wissen. „Ich bin jetzt einfach nur froh, zurück bei meiner schönen Frau und meinen Töchtern zu sein. Ich schätze, ich schulde ihnen etwas Zeit.“ Zehn Liter Wasser trank er täglich während der strapaziösen Tour. Jetzt freut er sich auf ein Glas Rotwein. Und darauf, einfach nur zu laufen: „Ich bin seit dem 2. Juli kaum ein paar Schritte gegangen.“