Hamburg. Ihm sollte der Prozess gemacht werden wegen eines üblen Scherzes. Weil YouTuber ApoRed nicht erschien, soll er jetzt ins Gefängnis.

Er ist einer der bekanntesten YouTuber in Deutschland – und einer der umstrittensten: ApoRed hat seine zwei Millionen Abonnenten mit manchen Videos geködert, für die sich andere Webvideostars schämen würden. Eines bringt ihn nun zunächst ins Gefängnis. Denn: ApoRed erschien nicht zum Gerichtstermin.

„Wir wollen ja nicht, dass die Zeugen ein zweites Mal vergebens kommen” – die Richterin Franziska Eisermann im Hamburger Amtsgericht sagte das sehr süffisant. „Geringste Bedenken” hat sie, dass ein Haftbefehl nicht verhältnismäßig sein könnte bei Ahmad Ahadi, besser bekannt als ApoRed.

ApoRed und sein Kumpel Jan H. müssen in U-Haft, damit sie auch erscheinen, wenn das Gericht den nächsten Anlauf nimmt. Es geht um die Aufarbeitung eines Falles in Hamburg im Juli 2016.

„Verstehen Sie Spaß“ für Arme

ApoRed platzierte damals in der Hamburger Innenstadt als vermeintlicher Killer eine Tasche neben Wildfremden und rannte davon. „Bombenprank” nannte er die mit versteckter Kamera gefilmten Bilder und lachte sich schlapp, während sich manche seiner Opfer fast zu Tode erschreckten.

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ApoRed war berüchtigt als Prankster, wie sich die YouTuber, die mit „Verstehen Sie Spaß” für Arme Klicks holen. Im Zusammenspiel und Wettstreit mit den anderen „Größen” Leon Machère und Simon Desue schraubte er das Niveau nach unten und wurde zur Hassfigur für andere YouTuber.

Körperverletzung, Nötigung, Störung des öffentlichen Friedens

Machère und er kassierten auch Anzeigen von McDonald` und Ikea, weil sie sich für „24-Stunden“-Videos in den Filialen einschließen ließen und nachts dort herumtrieben. Bis Bianca „BibisBeautyPalace” vor einigen Monaten anfing, auf YouTube zu singen, hielt er den Rekord für die meisten Dislikes für ein Video: fast 900.000 Daumen nach unten bekam ein missglücktes Musikvideo.

Das Video „Bombenprank” landete am Tag der Attacke von Nizza* erst in seinem Kanal, dann bei der Polizei, bei der Staatsanwaltschaft und schließlich vor Gericht. Körperverletzung wegen des immensen Schrecks, Nötigung und Störung des öffentlichen Friedens wird ApoRed und seinem Freund vorgeworfen. ApoRed zudem noch, dass er ohne Einwilligung der Menschen in seinem „Streich” das Video hochgeladen hat.

Prank-Video und Entschuldigung gelöscht

ApoRed hat den Film ebenso aus seinem Kanal entfernt wie ein anschließendes Entschuldigungsvideo. In seiner Statistik stünden noch viel mehr als 140 Millionen Videoabrufe, wenn er nicht immer wieder kontroverse Videos löschen würde. Das Entschuldigungsvideo war irgendwie nicht sonderlich überzeugend. „Klar”, hatte er gesagt, „die eine Hälfte sagt ,uncool’, die andere Hälfte sagt ,cool’.“ Man solle da nicht so lange drauf rumkauen, fand er. „Die Sache ist erledigt.“

Die Beteiligten im tristen Saal 290 des Justizgebäudes Hamburg sehen das am Dienstagmorgen anders. Für 10.15 Uhr war der Prozess angesetzt, nach 15 Minuten Warten ist Schluss. „Sie wollen Haftbefehl beantragen?”, fragt Richterin Eisermann die Staatsanwältin. Die will.

Weiteres Verfahren, weil Impressum fehlt

Eisermann macht auch nicht den Eindruck, als könnte ApoRed sie zu der Hälfte zählen, die das Video cool fand. Den Referendar der Staatsanwaltschaft lässt sie erst noch einen Knopf seines weißen Hemdes zuknöpfen, ehe sie ihm sagt, er soll sich gerade hinsetzen. Durch eine Falte könne sie seine Haut sehen.

Der in seinen Videos irgendwo zwischen cool und unverschämt auftretende Selbstdarsteller ApoRed dürfte wenig Spaß haben, wenn er dann im zweiten Anlauf im Saal sitzt. In seinem neuesten Video hat er sich gerade über den stellvertretenden Direktor und Justiziar der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein lustig gemacht.

„Wolfi, ich bitte Dich. So mal unter uns Männern. Was ist jetzt Dein Problem? Weil im Impressum nicht meine Hausanschrift steht, willst Du mir 50.000 Euro absneaken? Hast Du keine Hobbies?”

YouTuber loben: Er wird wieder besser

Die Medienanstalt hatte ein Ordnungswidrigkeitenverfahren mit bis zu 50.000 Euro Bußgeld eingeleitet, weil ApoRed „mehrfachen Hinweisschreiben und der Aufforderung, die Angaben im Impressum zu korrigieren bzw. zu ergänzen” nicht nachgekommen ist.

Mit Aufforderungen von Behörden hat er es offenbar nicht so. Jetzt immerhin hat er die Adresse seines kanadischen Netzwerks eingetragen. Und auch bei Facebook ist nicht mehr ein Fantasiename mit einer Fantasieadresse eingetragen.

In den Kommentaren unter seinen jüngsten Videos spiegelt sich so etwas wie die Hoffnung auf YouTube-Resozialisierung. Er bekommt viel Lob, er sei wieder besser geworden. Manch einer kündigt an, ihn wieder zu abonnieren. Auf Bewährung.

*Anm. d. Red.: In einer früheren Version hatten wir geschrieben, das Video sei am Tag nach der Attacke von Nizza hochgeladen worden. Das war nicht korrekt. Das Video war am Tag des Attentats bereits vor der Tat veröffentlicht worden. In vielen Reaktionen hatten YouTuber aber einen Zusammenhang hergestellt.