Athen. In der Ägäis ist die „Blue Star Patmos“ auf Grund gelaufen. Die Passagiere wurden gerettet. Doch das Schiff hatte da nichts zu suchen.

„Der Aufprall war furchtbar – wir wurden durchgerüttelt, wie in einem heftigen Erdbeben.“ So beschreiben Passagiere der griechische Fähre „Blue Star Patmos“ die Havarie des Schiffes. Mit 205 Fahrgästen und 87 Besatzungsmitgliedern steuerte das Schiff in der Nacht zum Dienstag den Hafen der Kykladeninsel Ios an. Doch dort kam es nie an.

Gegen 1.30 Uhr lief die „Blue Star Patmos“ vor der Insel krachend auf eine felsige Untiefe. Wenige Minuten später heulten die Sirenen an Bord des Schiffes, die Evakuierung begann. Mit Hilfe der herbeigeeilten Fähre „Super Jet“ und des Ausflugsbootes „Vasilios“ konnten die Passagiere und 44 Besatzungsmitglieder unversehrt in den Hafen von Ios gebracht werden.

Glück im Unglück: Dass die Fähre auf der Untiefe festsitzt, hat möglicherweise vielen Menschen das Leben gerettet – der Fels bewahrte das Schiff vor dem Sinken.

82 Tote bei Havarie vor 17 Jahren

Das Unglück erinnert an eine Schiffskatastrophe vor 17 Jahren: Am 26. September 2000 lief die Fähre „Express Samina“ vor der Kykladeninsel Paros ebenfalls auf einen Felsen – und sank. 82 der 533 Passagiere ertranken, darunter auch Touristen.

Die „Blue Star Patmos“ liegt nun mit Schlagseite und einem Loch im Rumpf gestrandet vor der Insel Ios. 43 Besatzungsmitglieder sind noch an Bord – wie auch zwölf Lastwagen und 16 Pkw auf den Garagendecks. Zwei Schlepper halten sich in der Nähe auf.

„Blue Star Patmos“ war weitab vom üblichen Kurs

Sachverständige untersuchen das Ausmaß der Schäden. Sollten nicht nur der Rumpf des 145 Meter langen Schiffes sondern auch die Propellerwellen bei der Havarie beschädigt worden sein, könnte das erst fünf Jahre alte Schiff ein Totalverlust sein.

Vor allem versuchen die Experten der griechischen Küstenwache jetzt zu klären, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Die Fähre hatte am späten Nachmittag in Piräus abgelegt und war die Inseln Syros, Paros und Naxos angelaufen, bevor sie Kurs auf Ios nahm. Doch die „Blue Star Patmos“ befand sich weitab des üblichen Kurses, als sie auf den Felsen lief – in einer Gegend, die wegen bekannter Untiefen und Felsen von ortskundigen Seeleuten strikt gemieden wird.

Warum fuhr der Kapitän einen Umweg?

Der Kapitän der „Blue Star Patmos“ gilt als erfahren, er kennt die Gewässer. Was bewog den Schiffsführer, nicht den direkten Kurs auf den Hafen von Ios zu steuern, sondern einen weiten Bogen nach Südosten zu fahren, um dann wieder auf Nordwest-Kurs zu gehen?

Kam ihm ein anderes Schiff oder ein Fischerboot in die Quere? Gab es einen technischen Defekt an der Ruderanlage? Oder hat der Schiffsführer die Einfahrt in den Meeresarm, der zum Hafen der Insel führt, schlicht verpasst?

Auch Gerichtsverfahren möglich

Der Kapitän der „Blue Star Paros“ und weitere Offiziere, die auf der Brücke des Schiffes waren, müssen nun auf viele Fragen antworten – und sich möglicherweise auf ein Gerichtsverfahren einstellen.

Der Kapitän der „Express Samina“, der sich während des Unglücks im Salon des Schiffes im Fernsehen ein Fußballspiel ansah statt auf der Brücke zu sein, und vier weitere Besatzungsmitglieder wurden 2006 zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.