Kassel. Eckhard Baum leitet die älteste Videothek der Welt. Jetzt droht das Aus. Doch dank einer Sammelaktion besteht noch ein wenig Hoffnung.

Die älteste Videothek der Welt steht laut „Guinnessbuch der Rekorde“ nicht in Los Angeles, nicht in New York und auch nicht in Berlin. Sondern mitten in Kassel! Hier hat Eckhard Baum im Jahr 1975 ein Paradies für alle Filmfans erschaffen: den Video-Film-Shop. Über 14.000 Titel aus den vergangenen Jahrzehnten hat der Cineast in seinem 200 Quadratmeter großen Laden zusammengetragen. Nun droht 42 Jahre nach der Eröffnung die Gefahr, dass auch für die Keimzelle dieser Branche der letzte Vorhang fällt.

Die Videotheken in Deutschland sterben einen schleichenden Tod. „Früher hatte ich an guten Tagen über 200 Kunden pro Tag. Heute sind es noch 30 bis 40. Das lohnt sich nicht mehr“, bringt Baum das Problem auf den Punkt. Fakt ist: Die Sehgewohnheiten haben sich geändert. Wenn früher ein Kinoknüller als Verleihexemplar erschien, stand die Kundschaft in den Videotheken Schlange. Heute bieten Streamingdienste wie Netflix, Maxdome oder Amazon Prime den Genuss von Hollywoodblockbustern und Programmkinoperlen via Internet an. Hinzu kommt eine breite Palette an Serien. Die Nutzer goutieren das: Ihre Zahl liegt weltweit im dreistelligen Millionenbereich.

Stadt begegnet ihm mit Desinteresse

In der Kundendatei von Baum sind die Namen von rund 40.000 Filmfans gespeichert. Und es sind die gealterten Stammleiher, die teils seit den späten 70ern regelmäßig in seinen Laden kommen, die ihm nun auch bis zum Schluss die Treue halten. Und das Ende, es naht bedrohlich. Baum wird bald 80. Und der Niedergang der Branche zehrt an Herz und Seele.

Kampflos will Baum sein „Baby“ aber nicht abgeben. Seine Wunschlösung: Der Eckladen soll erhalten bleiben. Als Museum und Treffpunkt für alle Filmverrückten der Republik. Eigentlich müsste auch die Stadt Kassel an einer Rettung interessiert sein, findet Baum. „Videotheken gehören zu unserem Kulturerbe dazu.“ Bislang begegneten ihm die Verantwortlichen der Documenta-Stadt aber mit Desinteresse.

Crowdfunding-Aktion von Filmliebhabern

Umso enthusiastischer engagieren sich Mitglieder des Kulturvereins Randfilm. Sie haben eine Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen (www.film-shop.randfilm.de). Auf diesem Weg wollen sie im Internet 29.000 Euro zusammenbekommen. Das Geld wollen sie Baum als Auslöse zahlen und dann die einzigartige Filmsammlung übernehmen und für die Nachwelt erhalten. 8000 Euro sind es bereits.

Kommt bis zum 15. September aber nicht genug zusammen, beginnt Baum mit dem Abverkauf seiner „Schätze“. Die Sammlung würde in ihre Einzelteile zerfallen. „Allein beim Gedanken daran blutet mir das Herz“, so Baum.

„Fritz, the Cat“ war Baums erster Film

Die Sammlung umfasst auch alle Trägerformate der vergangenen Jahrzehnte. Das geht los beim Super-8-Film, geht weiter über die Bildplatte (so groß wie eine LP) und alle Videokassettenformate (VHS, Video 2000, Betamax) und endet im Hier und Jetzt mit der DVD und der Blu-Ray.

Der erste Streifen, den Baum zur Eröffnung seines Ladens im Jahr 1975 zum Verleih anbot, war die Super-8-Fassung von „Fritz, the Cat“ – einem US-amerikanischen Animationsfilm, der einen sex- und drogensüchtigen Kater als Hauptfigur hatte. „Leider habe ich den nicht mehr. Die Kopie ist kaputtgegangen“, sagt Baum.

In den Regalreihen mit Tausenden Filmhüllen hat sein persönlicher Allzeitfavorit einen Ehrenplatz erhalten. Und das ist „Ein Herz und eine Krone“ mit Audrey Hepburn und Gregory Peck. Warum ist ausgerechnet dieser Streifen von 1953 sein Favorit? „Er bringt die perfekte Kombination aus Liebe, Humor und Spannung mit“, sagt Baum und strahlt. Dieser Klassiker liegt ihm so sehr am Herzen, dass er sogar Urlaube in Rom verbrachte, nur um dort die damaligen Drehorte hautnah bestaunen zu können. Was tut man nicht alles für seine Nummer eins!