Bondo. Nach dem Erdrutsch in Graubünden werden acht Bergsteiger vermisst. Vier von ihnen sind Deutsche, wie die Polizei nun mitgeteilt hat.

Die deutschen Wanderer, die nach einem Bergsturz im Schweizer Kanton Graubünden vermisst werden, stammen aus Baden-Württemberg. Das sagte ein Polizeisprecher am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Der Herkunftsort sei bekannt, werde aber noch nicht veröffentlicht.

Die Polizei stehe in Kontakt mit den Angehörigen. Insgesamt acht Wanderer werden seit dem gigantischen Bergsturz im Bondasca-Tal an der Grenze zu Italien vermisst. Auch am Freitag fanden Retter zunächst keine Spur. Die anderen ausländischen Vermissten stammen nach Polizeiangaben aus der Steiermark in Österreich.

Suche mit Hubschraubern am Freitag fortgesetzt

Der Hüttenwart der Berghütte Sasc Furä hatte der Zeitung „Blick“ gesagt, vier der Vermissten seien Deutsche. Sie hätten in der Hütte übernachtet und seien am Mittwochmorgen in die Richtung losgewandert, in der wenig später der Bergsturz passierte. Die Polizei wollte die Zahl der Deutschen offiziell noch nicht bestätigen.

Hubschraubermannschaften flogen am Donnerstag mit Scheinwerfern und Wärmebildkameras über das beliebte Wandergebiet im Bondasca-Tal an der italienischen Grenze, jedoch ohne Erfolg. Aus Sicherheitsgründen wurde die Suche in der Nacht eingestellt und am Freitag fortgesetzt.

Schnelligkeit und Ausmaß der Lawine überrascht selbst Experten

Der Blick von oben auf die Gemeinde Bondo in Graubünden, wo am Mittwoch eine Schlamm- und Gesteinslawine niedergegangen war.
Der Blick von oben auf die Gemeinde Bondo in Graubünden, wo am Mittwoch eine Schlamm- und Gesteinslawine niedergegangen war. © dpa | Giancarlo Cattaneo

In den höheren Lagen zeigte sich ein Bild der Verwüstung, berichteten Retter im Schweizer Fernsehen. Der Schutt türme sich dort 40 bis 50 Meter hoch auf. Die acht vermissten Wanderer und Bergsteiger hätten in der Sciora-Hütte übernachtet und seien am Mittwoch zwei Stunden vor dem Bergsturz losgegangen, berichtete Hüttenwart Reto Salis-Hofmeister dem Sender SRF.

Angehörige und Polizei konnten sie seit dem nicht mehr erreichen. Zuerst waren Unmengen Fels und Geröll von der Spitze des 3369 Meter hohen Piz Cengalo abgebrochen und ins Tal gedonnert. Anschließend bildete sich ein Murgang, der in seiner Schnelligkeit und seinem Ausmaß die Experten überraschte. Dabei handelt es sich um eine Geröll- und Schlammlawine, die sich mit ungeheurer Kraft ins Tal bewegt und alles zerstört, was im Weg ist. Drohnen-Aufnahmen zeigten eine riesige graue Schlammwüste.

Gletscherschmelze hat offenbar zu dem Bergsturz beigetragen

Genau in dieser Region rund 35 Kilometer südwestlich von St. Moritz lief nach einem früheren Bergsturz 2011 und mehreren Murgängen 2012 ein Forschungsprojekt. Die Arbeitsgemeinschaft Alpenländer hat dort die Ursachen von Fels- und Bergstürzen in Permafrostgebieten erforscht. Im Juli seien die letzten Messungen vorgenommen worden, sagte Martin Keiser, Amt für Wald und Naturgefahren Graubünden, im Fernsehen SRF. „Deshalb war man auf einen Bergsturz vorbereitet.“

Die Gletscherschmelze habe zu dem Bergsturz beigetragen, sagte die Permafrostforscherin Marcia Phillips vom Institut für Schnee- und Lawinenforschung der Zeitung „Tages-Anzeiger“. „Auch der Gletscher am Cengalo ist stark abgeschmolzen und dadurch verlor der Fels eine Stütze und wurde instabiler. Diese Konstellation ist grundsätzlich eine Gefahr im Gebirge“, zitierte die Zeitung sie. (dpa)