Johannesburg. Ein Mann in Südafrika hat sich das Recht erstritten, Rhinozeros-Pulver zu versteigern. Ihm winken Millionen. Tierschützer sind empört.

Die Uhr tickt. „Noch 1 Tag, 20 Stunden, 14 Minuten und 8 Sekunden bis zur ersten legalen Nashornauktion Südafrikas“, posaunt die Webseite von John Hume, dem größten Nashornzüchter der Welt, am Montagnachmittag. Der aufmerksamkeitsheischende Werbegag soll klarmachen, dass am Kap der Guten Hoffnung am Mittwoch Geschichte geschrieben wird: Ob es eine Geschichte zur Rettung oder zur endgültigen Ausrottung der 50 Millionen Jahre alten Dickhäuter sein wird, ist allerdings noch offen.

Mehr als 250 Hörner, die Hume seinen zu diesem Zweck betäubten Rhinozerossen regelmäßig absägt, sollen ab Mittwoch zunächst online, schließlich aber auch ganz klassisch mit dem Hammer versteigert werden. Wenn alles nach Plan geht, könnte Hume bereits am Wochenende um 30 Millionen US-Dollar reicher sein.

Ein Kilo Nashorn bringt bis zu 60.000 Dollar

Denn auf dem Schwarzmarkt wird für ein Kilogramm Nashorn rund 60.000 Dollar bezahlt, mehr als für Gold oder Kokain. In Asien gilt das Pulver unerschütterlich als Heil- und Potenzmittel. Und das, obwohl wissenschaftliche Studien jede Wirkung widerlegen. Die Hörner bestehen aus Keratin – wie Haare und Nägel. „Sie können genauso Nägel kauen“, verbreitete der WWF.

Um die Hörner entfernen zu können, werden die Tiere auf der Farm von John Hume betäubt. Alles andere wäre für sie schmerzhaft. Denn in den Hörnern verlaufen durchaus Nerven und Blutbahnen. Bei einer kontrollierten Operation können die Tiere den Eingriff aber überleben.

Südafrika erließ 2009 Handelsverbot

© Getty Images | Brent Stirton

Die Genehmigung für die Auktion hat sich Hume hart erstritten. Bereits vor einem Jahr war er vor Gericht gezogen, um Südafrikas 2009 erlassenes Handelsverbot für verfassungswidrig erklären zu lassen. Der Bann sei ohne Einvernehmen mit den 350 Nashornzüchtern des Landes durchgesetzt worden, argumentierte Hume – und hatte Erfolg.

Doch Umweltministerin Edna Molewa hatte die erforderliche Genehmigung lange nicht ausgehändigt. Noch am vergangenen Wochenende rief Hume die Gerichte an, um das Ministerium in letzter Minute dazu zu zwingen. Schließlich sollte die Auktion Montag beginnen. Das Landgericht in der südafrikanischen Hauptstadt gab dem Nashornzüchter noch am Sonntagabend recht. Aufgrund der Verzögerung musste der Countdown dennoch um zwei Tage zurückgesetzt werden.

Wilderer töten allein in Südafrika jährlich 1000 Rhinozerosse

Warum Molewa ihre Genehmigung so lange zurückhielt, blieb wie so vieles in der Verwaltung Südafrikas im Dunkeln. Denn eigentlich ist auch die Regierung an dem Milliardenmarkt des Nashornhandels interessiert. Nun endlich hat der Züchter freie Bahn. Auf Humes Farm in der Nordwestprovinz grasen fast 1500 Rhinozerosse unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen: Insgesamt soll Hume auf fast sechs Tonnen bereits „geerntetem“ Nashorn sitzen.

In freier Natur sind die Dickhäuter derzeit einem beispiellosen Großangriff von Wilderern ausgesetzt, die die Tiere töten, um an ihr Horn zu kommen. Allein in Südafrika, wo rund 80 Prozent der noch weltweit verbliebenen 25.000 Nashörner leben, werden Jahr für Jahr mehr als 1000 Exemplare geschossen.

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    Züchter Hume sieht sich als Artenschützer

    Hume betrachtet sich als Retter der Rhinozerosse. Ohne seine Bemühungen sei das Schicksal der Tiere besiegelt, meint der 69-Jährige. Werde der ostasiatischen Nachfrage nach Keratin auf legale Weise entsprochen, müssten keine Dickhäuter mehr sterben. Tierschützer teilen das Argument des „Rhino-Königs“ allerdings nicht. Der legalisierte Verkauf rege die Nachfrage nur noch zusätzlich an, sind internationale Naturschutzverbände überzeugt. „Wir glauben, es geht ihm nur um Profit“, sagt Tierschützer Robert Kless und verweist auf Humes Website, die die Auktion auch auf Chinesisch oder Vietnamesisch bewirbt.

    Außerdem untergrabe der kaum zu kontrollierende „legale“ Handel das internationale Handelsverbot. Denn der bereits vor vier Jahrzehnten im Washingtoner Artenschutzabkommen enthaltene internationale Bann bleibt ungeachtet der südafrikanischen Kapriolen weiterhin in Kraft. Daher darf das Nashorn nur in Südafrika verkauft werden. Eigentlich.

    Doch weil dort niemand an die wundersame Wirkung des Fingernagelstoffs glaubt, würde Hume für seine Hörner keinen Dollar erhalten. Er kalkuliert also selbst damit, dass sein Nashorn schließlich illegal den Weg nach Ostasien findet.