Regensburg. Mehrere Hundert Kinder und Jugendliche wurden Opfer von Misshandlungen. Im Skandal bei den Regensburger Domspatzen wird Bilanz gezogen.

  • Mehr als 500 Chorknaben der Regensburger Domspatzen sind Opfer massiver Gewalt geworden
  • Mit dem Abschlussbericht zum Missbrauchskandal ist die Aufklärung nun abgeschlossen
  • Die Aufarbeitung aber wird noch andauern

Mindestens 547 Chorsänger der Regensburger Domspatzen sind Opfer von körperlicher und sexueller Gewalt geworden. Das geht aus dem am Dienstag vorgelegten Abschlussbericht zum Missbrauchskandal bei dem weltberühmten Chor hervor.

Vor allem in der Vorschule, aber auch im Gymnasium

, sagte der mit der Aufklärung beauftragte Rechtsanwalt Ulrich Weber. Betroffene hätten ihre Schulzeit als „Gefängnis, Hölle und Konzentrationslager“ bezeichnet. Viele schilderten die Jahre als „schlimmste Zeit ihres Lebens, geprägt von Angst, Gewalt und Hilflosigkeit“.

Physische Gewalt war alltäglich

Die Kinder seien geschlagen worden, wenn sie etwa gegen den „strengen und willkürlich ausgelegten“ Regelkatalog verstoßen hätten – etwa wegen eines vermeintlichen Fehlverhaltens oder schlechter Leistungen, sagte Weber weiter.

Physische Gewalt sei alltäglich und vielfach brutal gewesen und habe einen Großteil der Schüler betroffen. Die Übergriffe hätten vor allem in den 1960er und 1970er Jahren stattgefunden. Bis 1992 soll es laut den Opfern durchgängig Gewalt gegeben haben.

Hauptschuldige waren Direktor und Präfekt

Insgesamt habe man 49 Beschuldigte ausmachen können, erläuterte Weber. An den Übergriffen beteiligt hätten sich Angestellte der drei Institutionen Schule, Chor und Musikerziehung sowie des Internats. Verantwortlich für die Gewalt seien aber in vielen Fällen der Direktor der Vorschule und sein Präfekt gewesen, die über Jahrzehnte die prägenden Personen der Einrichtung waren. Dass es zu solchen Gewaltexzessen kommen konnte, habe an einer „Kultur des Schweigens“ gelegen, berichtete Weber.

Die Untersuchung umfasst Fälle zwischen 1945 und Anfang der 1990er Jahre. Die Betroffenen sollen mit jeweils bis zu 20.000 Euro entschädigt werden.

Früherer Bischof hatte Misshandlungen klein geredet

Peter Schmitt (l) und Alexander Probst, Vertreter der betroffenen Missbrauchsopfer, hatten in der Vergangenheit die Arbeit des Gremiums zur Aufarbeitung der Fälle gelobt.
Peter Schmitt (l) und Alexander Probst, Vertreter der betroffenen Missbrauchsopfer, hatten in der Vergangenheit die Arbeit des Gremiums zur Aufarbeitung der Fälle gelobt. © dpa | Armin Weigel

Bischof Rudolf Voderholzer hatte seit Beginn seiner Amtszeit in Regensburg Anfang 2013 die Aufklärung des Skandals maßgeblich vorangetrieben. „Ich kann es nicht ungeschehen machen und die Opfer nur um Vergebung bitten“, sagte er im vergangenen Herbst.

Voderholzers Vorgänger als Bischof von Regensburg, Kardinal Gerhard Ludwig Müller, war wiederholt vorgeworfen worden, die Aufklärungsarbeit behindert zu haben. Nach Bekanntwerden des Skandals hatte er gesagt, der Missbrauch durch Priester sei von Medien aufgebauscht worden. Müller wehrte sich gegen den Verdacht, der Aufklärung entgegengestanden zu haben. (dpa/epd)