Berlin. Der Elternverein „Mother Hood“ rät Schwangeren zum Ferienstart vom Reisen ab. Denn in vielen deutschen Urlaubsgebieten fehlen Hebammen.

Geringes Gehalt, steigende Versicherungskosten: Die Arbeit von Hebammen ist in den vergangenen Jahren immer prekärer geworden. Vor allem viele selbstständige Hebammen zogen sich deshalb zurück – eine Entwicklung, die vor allem in den Sommermonaten zu spüren ist.

Wie die Elterninitiative Mother Hood e.V. nun mitteilt, sollten sich Schwangere „gut überlegen, welche Gebiete innerhalb Deutschlands sie für ihren Urlaub wählen“, sagte Sprecherin Katharina Desery. Denn viele Hebammen seien in dieser Zeit selbst verreist und die Geburtsstationen damit noch überlasteter als ohnehin schon.

Frauen würden trotz Wehen abgewiesen

In Großstädten wie Berlin oder München würden viele Kliniken Geburten ohne vorherige Anmeldung gar nicht mehr annehmen, heißt es in der Mitteilung von Mother Hood. Demnach werden Frauen sogar unter Wehen an einen anderen Kreißsaal verwiesen.

Fänden sie eine Geburtsstation, die sie aufnimmt, müssten sie sich zudem eine Hebamme mit mehreren Frauen teilen. Und damit würden sie noch zu den Glücklicheren gehören.

Keine Geburtshilfe auf vielen deutschen Inseln

Denn in anderen Regionen seien Kreißsäle schlicht nicht mehr vorhanden. Beispiel bayerisches Alpenvorland: „Hier fährt man bis zur nächsten Geburtsstation schon bei normalem Verkehr über 45 Minuten, in der Urlaubszeit könnte es noch länger dauern“, schreibt der Verein.

Gar keine Geburtshilfe bekämen Schwangere auf Sylt sowie vielen weiteren deutschen Inseln. Sie würden stattdessen bereits Wochen vor der geplanten Geburt gebeten, in ein Boarding-House auf dem Festland zu gehen. „Wer hochschwanger nach Sylt fährt, riskiert, sein Kind im Autozug aufs Festland zu bekommen“, so Desery.

Schlichtungsverhandlungen mit Krankenkassen

Laut der aktuellsten verfügbaren Zahlen des Statistischen Bundesamtes leisteten im Jahr 2015 etwa 10.900 Hebammen und Entbindungspfleger Geburtshilfe in Krankenhäusern. Rund 9100 von ihnen waren festangestellte Kräfte, etwa 1800 freiberufliche Belegkräfte. Während die Zahl der Festangestellten im Vergleich zu 2014 um 2,4 Prozent zunahm, ging die Zahl der Belegkräfte um 3,4 Prozent zurück.

Der Deutsche Hebammenverband fordert für Freiberuflerinnen einen Brutto-Stundenlohn von knapp 50 Euro, um nach Abzug von Steuern und Abgaben auf 16 bis 18 Euro zu kommen. Momentan verdienten sie nur etwa die Hälfte pro Stunde. Schlichtungsverhandlungen zwischen Hebammenvertretern und dem Spitzenverband der Krankenkassen GKV über eine angemessene Vergütung blieben bisher ohne Ergebnis. (cho/mit dpa)