München/Berlin. Lieferdienste und To-Go-Angebote bedienen die Kundenwünsche nach schnellem und bequemem Essen. So entsteht aber viel Verpackungsmüll.

  • Die Menge von Einweg-Verpackungen für Nahrung und Getränke wächst in Deutschland.
  • 46.000 Tonnen derartigen Mülls fallen alleine bei McDonald’s pro Jahr an.
  • „Essen war nie unökologischer“, sagt ein Experte der Deutschen Umwelthilfeenten.

Dass Einwegbecher für Kaffee zum Mitnehmen eine Umweltsünde sind, hat sich inzwischen herumgesprochen. Aber die Müllprobleme durch Essen und Trinken sind damit längst nicht am Ende. Unzählige Restaurants, Snackbars, Bäckereien und Supermärkte in Deutschland bieten Salate, Sushi, Burger, Fruchtjoghurts und andere kleine Mahlzeiten in Einwegbehältern. Und das sind nur die stationären Geschäfte – hinzu kommt der Liefer-Boom beim Essen, der die Verpackungsmüll-Flut noch verschärft.

Dahinter stecken veränderte Bedürfnisse der hungrigen Kundschaft: Viele wollen ihr Essen schnell, unkompliziert und möglichst ohne sich die Finger schmutzig zu machen. Einfach aufreißen und reinbeißen heißt dabei die Devise. „Essen war nie bequemer, aber auch nie unökologischer“, sagt Thomas Fischer, Experte für Kreislaufwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe. „Es gibt einen regelrechten Boom, was vorverpacktes Essen angeht.“

Eine Lösung: Mehrwegboxen mit Pfand

Auch Bioläden machen da keine Ausnahme. Das bringe den Händlern und Verpackungsherstellern satte Gewinne, denn die Vorportionierung müsse teuer bezahlt werden, kritisiert Fischer. „Kleine Salate in einer Hartplastikschale kosten schnell bis zu fünf Euro, und auch ein einfaches Sandwich kostet in der Hartplastikschale für den Hunger für unterwegs vier Euro oder mehr. Ressourcenverschwendung lohnt sich also“, so der Experte.

Eine Lösung könnten aus seiner Sicht Mehrwegsysteme sein: „Kunden bestellen Essen auf Rädern in bepfandeten Mehrwegboxen und lassen sie bei der nächsten Bestellung über den Anbieter wieder mitnehmen“, schlägt Fischer vor. Gerade für Menschen, die regelmäßig bei Online-Lieferdiensten bestellen, komme das in Frage.

Dafür müssten allerdings auch politische Rahmenbedingungen angepasst werden. Neben steuerlichen Anreizen beim Einsatz von Mehrweggeschirr könne auch eine Ressourcensteuer für das Inverkehrbringen von Verpackungen helfen, die Abfallberge schrumpfen zu lassen.

Luftverpackung: Große Tüte, wenig Inhalt

„Jede Menge Luft nach oben“: Unter diesem Motto deckten die Verbraucherzentrale Hamburg und das Eichamt Fellbach Ende 2016 auf, wie Lebensmittel- und Kosmetikindustrie die Verbraucher täuschen. Bei Kosmetika fielen den Verbraucherschützern vor allem doppelte Böden und dicke Wandungen auf.
„Jede Menge Luft nach oben“: Unter diesem Motto deckten die Verbraucherzentrale Hamburg und das Eichamt Fellbach Ende 2016 auf, wie Lebensmittel- und Kosmetikindustrie die Verbraucher täuschen. Bei Kosmetika fielen den Verbraucherschützern vor allem doppelte Böden und dicke Wandungen auf. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Mit Hilfe von Röntgenbildern zeigen die Verbraucherschützer, das Lebensmittelpackungen durchschnittlich 40 Prozent Luft enthalten. Die Packung „Risotto Porcino di stagione“ von Scotti ist fast zur Hälfte (49 Prozent) mit Luft gefüllt.
Mit Hilfe von Röntgenbildern zeigen die Verbraucherschützer, das Lebensmittelpackungen durchschnittlich 40 Prozent Luft enthalten. Die Packung „Risotto Porcino di stagione“ von Scotti ist fast zur Hälfte (49 Prozent) mit Luft gefüllt. © Verbraucherzentrale Hamburg | Montage: fmg
Zusammen mit dem Risotto landet die Verpackung von „Kellogg’s Frosties“ auf dem Spitzenplatz der geprüften Mogelpackungen.
Zusammen mit dem Risotto landet die Verpackung von „Kellogg’s Frosties“ auf dem Spitzenplatz der geprüften Mogelpackungen. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
49 Prozent Luftanteil stellt das Eichamt bei den Frühstücksflocken fest.
49 Prozent Luftanteil stellt das Eichamt bei den Frühstücksflocken fest. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Nur knapp dahinter landet mit 45 Prozent Luftanteil das „Knusper Früchte-Müsli“ von Netto.
Nur knapp dahinter landet mit 45 Prozent Luftanteil das „Knusper Früchte-Müsli“ von Netto. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Die „Skittles“ fallen doppelt negativ auf.
Die „Skittles“ fallen doppelt negativ auf. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Die Packung enthält nicht nur ziemlich viel Luft, sondern auch unnötig viel Plastik, weil die Bonbons noch einmal zusätzlich in kleinen Tütchen verpackt sind.
Die Packung enthält nicht nur ziemlich viel Luft, sondern auch unnötig viel Plastik, weil die Bonbons noch einmal zusätzlich in kleinen Tütchen verpackt sind. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Der Protein-Drink „Pink Flash“ von Veganz enthält immerhin 29 Prozent Luft.
Der Protein-Drink „Pink Flash“ von Veganz enthält immerhin 29 Prozent Luft. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Die Röntgenaufnahme des Veganz-Protein-Drinks zeigt: Es ist noch Luft nach oben.
Die Röntgenaufnahme des Veganz-Protein-Drinks zeigt: Es ist noch Luft nach oben. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
140 Gramm Salzlakritz sind verhältnismäßig wenig.
140 Gramm Salzlakritz sind verhältnismäßig wenig. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Wie wenig tatsächlich in der Verpackung der „Salz Pastillen“ von Heksehyl enthalten ist, zeigt die Röntgenaufnahme.
Wie wenig tatsächlich in der Verpackung der „Salz Pastillen“ von Heksehyl enthalten ist, zeigt die Röntgenaufnahme. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Auch die Packung Cantuccini „I Morbidi“ von Ghiott könnte besser gefüllt sein.
Auch die Packung Cantuccini „I Morbidi“ von Ghiott könnte besser gefüllt sein. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
39 Prozent Luftanteil stellten die Verbraucherschützer bei der Kontrolle des italienischen Gebäcks fest.
39 Prozent Luftanteil stellten die Verbraucherschützer bei der Kontrolle des italienischen Gebäcks fest. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Auch die Verpackung „Hütten Schmaus“ von Knorr haben das Eichamt Fellbach und die Verbraucherzentrale Hamburg unter die Lupe genommen.
Auch die Verpackung „Hütten Schmaus“ von Knorr haben das Eichamt Fellbach und die Verbraucherzentrale Hamburg unter die Lupe genommen. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
44 Prozent Luftanteil wurde beim „Hütten Schmaus“ bei der Untersuchung festgestellt.
44 Prozent Luftanteil wurde beim „Hütten Schmaus“ bei der Untersuchung festgestellt. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Was bei normalen Mehl-Verpackungen keinerlei Probleme bereitet, scheint beim Falafel-Mehl der Bio-Zentrale nicht möglich.
Was bei normalen Mehl-Verpackungen keinerlei Probleme bereitet, scheint beim Falafel-Mehl der Bio-Zentrale nicht möglich. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Statt die Tüte vollständig zu füllen, gesellt sich zum Falafel-Mehl 42 Prozent Luft.
Statt die Tüte vollständig zu füllen, gesellt sich zum Falafel-Mehl 42 Prozent Luft. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Den Spitzenplatz der Mogelpackungen nimmt bei den Kosmetika die „Augenpflege Nacht“ von Biocura ein.
Den Spitzenplatz der Mogelpackungen nimmt bei den Kosmetika die „Augenpflege Nacht“ von Biocura ein. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Hamburg liegt der Luftanteil bei 68 Prozent.
Nach Berechnungen der Verbraucherzentrale Hamburg liegt der Luftanteil bei 68 Prozent. © Verbraucherzentrale Hamburg | Verbraucherzentrale Hamburg
1/19

McDonald’s verursacht 46.000 Tonnen Verpackungsmüll

Eine Mehrweg-Initiative für das Essen zum Mitnehmen gibt es bereits, und zwar in Stuttgart: Dort hatten sich neun Gastrobetriebe zusammengeschlossen, die ihren Kunden wiederverwendbare Behälter für verschiedene Gerichte sowie Becher für Müsli und Getränke anbieten. Das Geschirr kann man in einem der Partnerrestaurants abgeben oder wiederbefüllen lassen.

Kritik von Umweltschützern wegen seiner vielen Einwegverpackungen muss sich auch der Fast-Food-Konzern McDonald’s immer wieder gefallen lassen. Fast 46.000 Tonnen Verpackungen brachte das Unternehmen in Deutschland im vergangenen Jahr in Umlauf, darunter Schachteln für Burger, Chicken Nuggets und andere Speisen sowie für Transporte, aber auch Servietten, Trinkhalme und Werbeflyer. Den Kaffee zum Mitnehmen schenkt die Kette mittlerweile auf Kundenwunsch auch in mitgebrachte oder im Restaurant gekaufte Mehrwegbecher aus und gibt zudem Kaffee, Kuchen und Muffins für den Verzehr vor Ort in seinen McCafés auf Porzellangeschirr aus.

Wegwerfmentalität zeigt sich im Sommer besonders

Ähnliche Schritte für das übrige Angebot gibt es aber nur in Teilbereichen. Man teste „mit Blick auf die weitere Reduktion von Verpackungsmaterialien auch immer wieder unterschiedliche Konzepte“, heißt es etwa unter Verweis auf eine neue Gourmet-Linie, bei der die Burger lediglich mit einer kleinen Papierhülle versehen und auf einem Tablett angerichtet werden. Bis 2020 wolle das Unternehmen zudem weltweit nur noch recycelte Materialien oder Papier aus zertifizierter Forstwirtschaft einsetzen.

So landet Plastikmüll in der Umwelt

Dieser Igel kämpft mit einem Plastikring, in dem Getränkedosen transportiert werden können. Bis zu 250 Millionen Tonnen Plastik werden jährlich weltweit hergestellt. Viel davon landet in der Umwelt. Mit fatalen Folgen.
Dieser Igel kämpft mit einem Plastikring, in dem Getränkedosen transportiert werden können. Bis zu 250 Millionen Tonnen Plastik werden jährlich weltweit hergestellt. Viel davon landet in der Umwelt. Mit fatalen Folgen. © imago/Nature Picture Library | imago stock&people
Selbst Pinguine bleiben in den Dosenhaltern stecken.
Selbst Pinguine bleiben in den Dosenhaltern stecken. © imago stock&people | imago stock&people
An diesem Strand in Indien sucht ein Hund in Abällen nach Fressbarem.
An diesem Strand in Indien sucht ein Hund in Abällen nach Fressbarem. © imago stock&people | imago stock&people
Tiere verheddern sich in Plastikteilen ...
Tiere verheddern sich in Plastikteilen ... © imago/Bluegreen Pictures | imago stock&people
... oder verschlucken sie, weil sie den Kunststoff für Futter halten.
... oder verschlucken sie, weil sie den Kunststoff für Futter halten. © imago/blickwinkel | imago stock&people
Überall auf der Welt sind die Folgen der Kunststoffgesellschaft zu sehen. Selbst Trauminseln wie Hawaii sind längst mit Plastik vermüllt.
Überall auf der Welt sind die Folgen der Kunststoffgesellschaft zu sehen. Selbst Trauminseln wie Hawaii sind längst mit Plastik vermüllt. © imago/All Canada Photos | imago stock&people
Wie diesem Albatross ergeht es Millionen von Tieren, weil in ihren Mägen das unverdaubare Plastik liegen bleibt und sie somit verhungern.
Wie diesem Albatross ergeht es Millionen von Tieren, weil in ihren Mägen das unverdaubare Plastik liegen bleibt und sie somit verhungern. © imago/Nature Picture Library | imago stock&people
Ein Wal aus Plastik und Müll: Diese Installation stammt von der Umweltaktivistengruppe Greenpeace – „gestrandet“ an der Manilabucht in der philippinischen Provinz Cavite.
Ein Wal aus Plastik und Müll: Diese Installation stammt von der Umweltaktivistengruppe Greenpeace – „gestrandet“ an der Manilabucht in der philippinischen Provinz Cavite. © REUTERS | Erik de Castro
Das norwegische Universitätsmuseum in Bergen zeigt in einer Ausstellung große Mengen Plastik aus dem Magen eines Wals. Das sechs Meter lange Tier war im Januar an der norwegischen Westküste bei Sotra gestrandet und musste getötet werden. Im Magen des Tieres waren mehr als 30 Plastiktüten und andere Gegenstände aus Kunststoff. Der Darm hingegen war leer, der Wal war am Verhungern. Das Plastik hatte vermutlich einen Pfropfen im Magen gebildet.
Das norwegische Universitätsmuseum in Bergen zeigt in einer Ausstellung große Mengen Plastik aus dem Magen eines Wals. Das sechs Meter lange Tier war im Januar an der norwegischen Westküste bei Sotra gestrandet und musste getötet werden. Im Magen des Tieres waren mehr als 30 Plastiktüten und andere Gegenstände aus Kunststoff. Der Darm hingegen war leer, der Wal war am Verhungern. Das Plastik hatte vermutlich einen Pfropfen im Magen gebildet. © dpa | Siri Skretting Jansen
1/9

Sichtbar wird die Verpackungsflut vor allem in der warmen Jahreszeit, wenn es viele Menschen zur Mittagspause, zum Picknick oder Grillabend ins Freie zieht. In den Fußgängerzonen der Städte quellen die öffentlichen Abfalleimer jetzt über – sofern Essensverpackungen oder Pappbecher nicht gleich wild irgendwo im Park oder am Straßenrand entsorgt werden.

Mit der wachsenden Verpackungsmenge wird in vielen Städten auch eine zunehmende Wegwerfmentalität der Bürger beklagt. An der renaturierten Isar in München beispielsweise hinterlassen grill- und feierfreudige Menschen gerade an den Sommerwochenenden bergeweise Müll, darunter reichlich Einwegverpackungen für Essen und Getränke.

Hoffnung macht Entwicklung bei Plastiktüten

Auch das Umweltbundesamt sieht veränderte Verzehr- und Konsumgewohnheiten als bedeutenden Grund für den Anstieg des Verpackungsmüllbergs auf die Rekordmenge von fast 18 Millionen Tonnen im Jahr 2014. Die privaten Endverbraucher hatten daran einen Anteil von gut 8 Millionen Tonnen, wie Verpackungsexperte Gerhard Kotschik vom Umweltbundesamt sagt. Die zunehmende Mobilität der Menschen, der Trend zu verzehrfertigem Essen sowie eine wachsende Zahl von Ein- und Zweipersonenhaushalten dürften das Aufkommen auch künftig weiter leicht steigen lassen.

„Aber es wird auch Gegenbewegungen geben“, sagt Kotschik. Wenn die Menschen erst einmal sensibilisiert und zu einer Verhaltensänderung bereit seien, dürften auch große Anbieter umdenken. Das zeigte sich zuletzt auch bei Plastiktüten: Seit dem Aus für die kostenlose Kunststoff-Tragetasche in vielen Geschäften ist ihr Verbrauch in Deutschland rapide gesunken. (dpa)