Moskau/Berlin. Alles wird immer digitaler – von wegen: In Einkaufszentren kann man jetzt Instagram-Fotos am Automaten ausdrucken. Und Likes kaufen.

Es mutet zunächst wie ein Aprilscherz oder ein Text vom „Postillon“ an: Like-süchtige Internetnutzer können im Einkaufszentrum Herzchen und Follower kaufen. Den Like-Automaten gibt es aber wirklich, und er soll auch nach Deutschland kommen.

Der russische Journalist Wassily Sonkin war der erste, der sich öffentlich wunderte und der Sache nachging. Er fasst es jetzt so zusammen: „Willkommen in einer neuen Phase des Kapitalismus.“ Er hat den Automaten in einem Einkaufszentrum am Roten Platz getestet: Ja, dort lässt sich virtueller Beifall kaufen, 100 Instagram-Herzchen für ein Bild kosten 200 Rubel, etwa 3 Euro. Nachdem er darüber berichtete, hat die in Moskau lebende deutsche Journalistin Katrin Scheib die Existenz des Automaten bestätigt. Das Video zeigt, wie der Kaufprozess abläuft.

Auch Facebook- und YouTube-Likes sollen möglich sein

Katrin Scheib kaufte in Moskau an dem Automaten zum Test Instagram-Follower für den Autoren dieses Textes – gleicher Tarif: 100 Follower für 200 Rubel. Kurze Zeit nach Abschluss der Transaktion kamen dann die ersten Benachrichtigung über neue Abonnenten:

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Die Like-Automaten kommen von der russischen Firma Snatap, sie nennt die Automaten auch so. Auf Anfrage unserer Redaktion erklärte Snatap, dass es auch möglich sein soll, an den Automaten Likes für Facebook, Twitter, YouTube und Vimeo zu kaufen. Diese Funktionalität sei aber noch nicht aktiviert.

Anbieter behauptet, alle Accounts seien echt

Snatap hat nach eigener Darstellung keine Bedenken, die Netzwerke könnten gegen gekaufte Likes vorgehen. Nach Darstellung des Unternehmens kommen alle Likes von echten Profilen echter Menschen. „Manche bekommen Geld dafür, andere erhalten Likes für Likes.“

Bei dem Versuch von Wassily Sonkin kam ein Großteil der Likes von Nutzern, die dem Anschein nach zum Großteil aus Brasilien stammen. Einige Accounts hatten auch Hunderte Abonnenten, ohne bisher ein Foto gepostet zu haben. Das bestätigte sich bei dem Kauf, den Katrin Scheib an dem Automaten vollzog. Sie stellte zudem fest, dass der Kaufprozess nicht reibungslos lief. „Die Maschine hat sich zwischendurch verschluckt und ein bisschen Geld behalten.“ Innerhalb einer Stunde folgten 97 Follower dem Account neu.

Herzchen-Handel soll nur Zusatzfunktion sein

Angebote, Follower oder Likes zu kaufen, sind in den sozialen Netzwerken nichts Neues, auf Instagram nahmen sie zeitweise nervigen Spam-Charakter an. Dass solche Transaktionen an einem Automaten abgewickelt werden können, ist aber neu. Und der Handel mit Herzen und Abonnenten soll nach Darstellung des Unternehmens nur den kleineren Teil des Umsatzes der Automaten ausmachen.

Dort können auch Fotos aus Instagram und anderen Netzwerken ausgedruckt und auf Magnettäfelchen produziert werden. In einer Beispielrechnung für Interessenten schätzt das Unternehmen den monatlichen Umsatz auf 65.000 bis 160.000 Rubel (umgerechnet etwa 1020 bis 2500 Euro), der Like-Handel solle dabei mindestens 10.000 Rubel (etwa 157 Euro) beisteuern.

Im Juli zwei Geräte in Deutschland geplant

Nach Angaben des Unternehmens stehen in Russland bereits rund 20 Snataps, drei seien in der Ukraine, einer in Ägypten und einer im kanadischen Toronto. Dort ist er bislang allerdings unbemerkt geblieben. Im Juli sollen je zwei Automaten in Deutschland, den USA und Polen folgen. Auf Nachfrage macht Snatap keine Angaben, wo genau in Deutschland die Automaten aufgestellt werden sollen. Die Information bleibe den Betreibern vorbehalten.

Geschäftsmodell von Snatap ist es, die Automaten aus zwei Millimeter dickem Stahl mit 42-Zoll-Display zu vermieten – für eine einmalige Gebühr von knapp 6000 Euro und monatlicher Miete von rund 200 Euro, die aber offenbar verhandelbar ist. Die Like-Maschinen sollen gleichermaßen Verkaufsstandort wie Marketing-Instrument sein – und die Werbung auf dem Display mindestens 15.000 Rubel (etwa 235 Euro) einbringen.