Herne/Bochum. Ein sechs Jahre altes Mädchen soll 135 Mal von Onkel, Bruder und Nachbar missbraucht worden sein. Auch die Mutter steht vor Gericht.

Die Vorwürfe wiegen schwer: Ein anfangs erst sechsjähriges Mädchen aus Herne soll immer wieder sexuell missbraucht worden sein. Seit Donnerstag beschäftigt das Drama das Bochumer Landgericht.

Die mutmaßlichen Täter sind ein Onkel, der Bruder und ein Nachbar. Und auch die Mutter ist gleich mit angeklagt. Sie soll den Missbrauch nicht nur geduldet, sondern sogar dabei zugesehen haben.

Mutter soll selbst mit Nachbar intim gewesen sein

135 Taten listet die Anklage auf. Taten, bei denen man am liebsten weghören möchte. Der frühere Nachbar soll das Kind regelmäßig an den Wochenenden zu sich geholt haben. 60 Mal soll der 57-Jährige das Kind dabei zum Teil schwer sexuell missbraucht haben. Zehn Mal davon soll die Mutter, die mittlerweile in Bochum wohnt, in der Nähe gewesen oder sogar zugesehen haben.

Einmal soll sie selbst mit dem Nachbarn intim gewesen sein, während der Mann die Tochter zeitgleich begrapscht hat. In der Anklage heißt es: „Sie erstickte aufkommende Widerstandsgedanken (des Mädchens) im Keim.“

Bruder legt ein umfassendes Geständnis ab

Hinzu kommen noch einmal genauso viele Taten durch Bruder und Onkel. Der Bruder – zwölf Jahre älter und intelligenzgemindert – soll sich mindestens einmal im Monat an seiner kleinen Schwester vergriffen haben. Der Onkel hat das Kind mehrfach in der Wanner Wohnung der Mutter zum „Spielen“ mit nach hinten genommen haben.

Einzig der Bruder (28) hat am Donnerstag über seinen Anwalt ein umfassendes Geständnis abgelegt. Ihn dürfte aber auch keine allzu hohe Strafe erwarten. Er war zur Tatzeit noch Heranwachsender und wird wohl als vermindert schuldfähig eingestuft werden.

„Ich weiß nicht, warum ich es getan habe“

Der Nachbar hat sich vor Gericht mit seiner Schuld schwer getan. „Es tut mir furchtbar leid“, sagte er gleich zu Beginn seiner Aussage. Nur, um das gleich wieder einzuschränken. Er habe damals viel getrunken und deswegen Lücken in seiner Erinnerung. Aber so viele Taten wie in der Anklage seien es nicht gewesen. Die Frage nach dem Warum beantwortet er so: „Ich weiß nicht, warum ich es getan habe.“

Die Mutter (55) weist die Schuld ganz von sich. Nie habe sie etwas mitbekommen und nie habe ihre Tochter ihr etwas erzählt. Nur einmal, als sie mit dem Nachbarn intim gewesen sei, sei das Kind zufällig hereingekommen. Aber da hätten sie auch sofort aufgehört.

Mutter weist die Schuld ganz von sich

Was die ganze bestürzende Geschichte noch unfassbarer macht: Das Mädchen ist auch schon von einem Patenonkel missbraucht worden. Der war bereits in einem früheren Prozess zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden.

Und als wenn auch das noch nicht genug wäre: Das Mädchen hatte den sexuellen Missbrauch durch den Patenonkel damals dem jetzt mitangeklagten Nachbarn offenbart, der gleich danach – laut Anklage – selbst angefangen hat, das Kind zu missbrauchen. Urteile voraussichtlich Ende Juni.

Dieser Artikel ist zuerst auf WAZ.de erschienen.