Berlin. Wer nicht weiß, ob er sich an ein Tier binden möchte, kann es testen. Von Tierschützern kommt aber Kritik an den Tieren zum Mieten.

Große Augen, tapsige Pfoten, flauschiges Fell – Haustiere sind putzig und erwiesenermaßen gut für die Psyche. Doch was ist, wenn das Tier stört oder auf einmal nicht in die Lebenssituation passt? Viele Neubesitzer sind oft überrascht, dass Hunde regelmäßigen Auslauf und Zuwendung brauchen. Oder dass Kaninchen auch nachts herumhoppeln und dabei ihre Menschen stören. Die Folge ist: Viele Tiere landen im Tierheim oder auf der Straße. Ausprobieren geht eben schlecht. Doch genau hier setzt ein neues Modell an: mieten statt kaufen.

Wer schon immer mal wissen wollte, wie es sich gemeinsam mit Hühnern lebt, kann sich für gerade einmal 75 Euro pro Woche Hühner in den Garten holen. Stall, Zaun, Futter, Einstreu, Transport und Endreinigung werden mitgeliefert, und die Eier, die das Federvieh in dieser Zeit legt, sind im Preis inbegriffen. Auch Schafe oder Bienen können Interessierte vorübergehend und gegen Geld beherbergen, sogar Hunde kann man mieten. Unter „Rent a Huhn“ erfährt der Hobbybauer, wie das Frühstücksei aus der Eigenproduktion auf den Tisch kommt.

Absicherung bei Krankheit oder Tod

Besonders gefragt ist auch der Hundeverleih. Zum Beispiel bei Katrin Rösemeier: Im niedersächsischen Hessisch Oldendorf betreibt sie ihre Agentur „Bluebello“ und bietet „Partnerhunde auf Zeit“ an. Rösemeier hat sich spezialisiert auf ältere Menschen als Kunden. Eine typische Anfrage, sagt sie, klinge meistens so: „Das Telefon klingelt und am anderen Ende der Leitung ist eine ältere Dame, so um die 70, die schrecklich weint. Sie hat ihr Leben lang Hunde gehalten, und jetzt ist der letzte verstorben.“ Viele Leute in dieser Situation bekämen nur schwer einen neuen Hund, weil sie zu alt seien. „Viele wollen auch nicht“, sagt sie, „aus Verantwortungsbewusstsein. Sie wollen nicht, dass der Hund in ein Tierheim kommt, wenn sie sterben.“

Für Menschen in dieser Lage ist der Partnerhund gedacht. Rösemeier findet Hunde, die zu ihren Kunden und deren Möglichkeiten passen. Zwar bieten viele Tierheime mit Patenschaften ebenfalls die Möglichkeit, Zeit mit Hunden zu verbringen, ohne vollständig für die Tiere verantwortlich zu sein.

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    Auch alte Menschen sollen mit diesem Modell Tiere halten können

    Doch müssen die Hunde abends wieder heim. Anders bei Rösemeiers Hunden. Die Tiere leben bei den alten Menschen – bis es nicht mehr geht. Bei Krankenhausaufenthalten oder wenn einer der Besitzer stirbt, kommen die Hunde wieder zu Rösemeier, notfalls innerhalb eines Tages. 150 Euro plus Mehrwertsteuer kostet der Service im Monat. „Wir sind die Absicherung nicht nur bei Tod, sondern auch bei Krankheit. Ein Hund auf Lebenszeit, die des Menschen oder des Hundes.“ Geschäftemacherei will Rösemeier sich nicht vorwerfen lassen. „Keiner weiß, wie alt er wird“, sagt sie. „Wenn jemand 70 ist, heißt das nicht, dass er bald stirbt. Viele Menschen werden 90. Nur weil der Mensch alt ist, soll er keinen Hund mehr haben dürfen? Das finde ich nicht.“

    Tierschützer beobachten Angebote wie ihres allerdings mit Besorgnis. „Grundsätzlich sehen wir die Vermietung von Tieren sehr kritisch“, so Lea Schmitz, Sprecherin des Tierschutzbunds. „Tiere benötigen für ihr Wohlbefinden eine stabile, sichere Umgebung.“ Vor allem bei Tierarten wie Hunden, die eine Bindung zum Menschen aufbauen, sei eine Vermietung problematisch. Landwirtschaftliche genutzte Tiere wie Schafe würden durch einen Wechsel der Bezugspersonen weniger belastet.

    Jährlich landen 70.000 Hunde in Tierheimen

    Doch auch für sie sei das nicht risikofrei: „Gerade für territoriale Tierarten bedeutet es enormen Stress, immer wieder den Ort zu wechseln. Und auch der Transport selbst kann eine Belastung sein.“

    Dass die Leute nur noch mieten wollen, habe ja auch damit zu tun, „dass die Leute sich nicht festlegen wollen“, kritisiert Schmitz eine Haltung, die immer häufiger vorkomme.

    Die Konsequenzen dieser Einstellung spüren die Tierheime in den Sommermonaten. Dann werden jedes Jahr 70.000 Tiere in Heimen aufgenommen. „Wenn man ein Tier aufnimmt, sollte man sich sicher sein, dass man das auch will“, sagt Schmitz. „Denn ein Tier ist kein Objekt, das herumgereicht werden kann und abgeschoben, wenn man es nicht mehr möchte.“