Braunschweig/Salzgitter. Nach dem Dröhnen und Aufheulen die Stille: Tausende Biker erinnern bei Deutschlands größter Gedenkfahrt an getötete Motorradfahrer.

Rund 4000 Motorradfahrer sind den Veranstaltern zufolge am Samstag in Salzgitter zur 30. Gedenkfahrt für Unfallopfer gestartet. Mit der Tour und einem Gottesdienst im Braunschweiger Dom wollen sie an die im vergangenen Jahr verunglückten Biker der Region erinnern, sagte der evangelische Motorradfahrer-Seelsorger Reinhard Arnold. „Wenn Jesus heute leben würde, könnte ich mir vorstellen, dass ihm die Zielgruppe der Motorradfahrer näher stehen würde als manche bürgerlich-distanzierte Gruppe“, so Arnold zum NDR. Es ist wahrscheinlich das letzte Mal, dass der Pfarrer mit der Kutte das Gedenken organisiert.

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Mit dem Gedenken sollen alle Teilnehmer zu Beginn der neuen Saison an ihre eigene Verantwortung im Umgang mit Gaspedal und Bremse erinnert werden. Die Veranstaltung unter dem diesjährigen Motto „Bring den Frieden auf die Straße“ gilt als größte, ehrenamtlich organisierte Gedenkfahrt bundesweit. Es wurden schon 10.000 Teilnehmer gezählt.

Holzkreuze mit Namen an Spitze des Konvois

Berufsschüler hatten auf Holzkreuzen sieben Vornamen und das Alter der Verkehrsopfer der vergangenen Saison angebracht. Die Kreuze wurden am Startpunkt aufgestellt und dann an der Spitze des Konvois nach Braunschweig begleitet. Zwar sei die Zahl der Unfallopfer in den vergangenen Jahren laut Statistik zurückgegangen, sagt Arnold: „Doch jeder Einzelne ist einer zu viel.“ Seit Beginn der Gedenkfahrten haben die Biker bereits mehr als 400 tödlich verunglückten Motorradfahrern gedacht.

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Vor mehr als 30 Jahren rief Arnold zunächst die sogenannte Arbeitsgemeinschaft Christlicher Motorradfahrer im Braunschweiger Land ins Leben. Anlass war der Tod eines Bikers und das Bedürfnis befreundeter Fahrer, um ihn zu trauern, erinnert sich der Theologe. Die Angehörigen hatten einer gemeinsamen Trauerfeier nicht zugestimmt, weil sie dem Motorradfahren indirekt mit die Schuld am Tod gaben. Daraus wurde 1987 die erste Gedenkfahrt.

Pfarrer fährt auf einem Trike mit

Gedenken an gestorbene Biker-Brüder und Schwestern: Im vergangenen Jahr waren dazu 5000 Menschen und ihre Maschinen auf der Straße.
Gedenken an gestorbene Biker-Brüder und Schwestern: Im vergangenen Jahr waren dazu 5000 Menschen und ihre Maschinen auf der Straße. © Stadt Salzgitter/Facebook | Stadt Salzgitter/Facebook

Mittlerweile betreut der Seelsorger ehrenamtlich Familien von Unfallopfern in der zweiten und dritten Generation. Bewegend sei vor etwa sechs Jahren die Geschichte eines jungen Fahrers im Harz gewesen, der genau zu der Zeit der Gedenkfahrt tödlich verunglückte. „Sein Vater rief mich am nächsten Tag an, als sie ihn fanden.“ Der Pfarrer selbst fährt aufgrund einer Erkrankung seit ein paar Jahren auf einem Trike, einem dreirädrigen Motorrad, mit. Wie lange er noch dabei sein kann, sei ungewiss, sagt Arnold. „Ich bin froh, solange es noch geht.“

Nach dem ökumenischen Gottesdienst im Braunschweiger Dom kehren die Motorradfahrer nach Salzgitter zurück, wo in jedem Jahr ein Verkehrssicherheitstag stattfindet. Auf den Helmen vieler Biker klebt dann ein kleiner Sticker, der nach dem Gottesdienst verteilt wird. Er soll für alle eine Erinnerung an die Segnung und zudem eine ständige Mahnung für die Vorsicht auf der Straße sein. Für die Biker sei dies oft der einzige Kirchenbesuch im Jahr. (epd/law)