Washington. Barbra Streisand hat sich ihren Erfolg unter widrigen Umständen ertrotzt. Am Montag wird die unbeugsame Entertainerin 75 Jahre alt.

Als bekannt wurde, dass Donald Trump es für akzeptabel hält, Frauen in den Schritt zu greifen, soll sich ihr leichter Silberblick zu einer messerscharfen Speerspitze verengt haben. Im Falle eines derartigen Annäherungsversuchs hätte Barbra Streisand mit dem Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika vermutlich kurzen Prozess gemacht.

Die letzte noch lebende Multitalente-Diva, die im Theater, vor der Filmkamera, am Mikrofon und auf der Konzertbühne Geschichte geschrieben und Millionen zu Tränen gerührt hat, hat sich nie von Männern herumschubsen lassen. Eher das Gegenteil. An diesem Montag wird die Frau, die sich mit unbeugsamem Ehrgeiz aus widrigen Verhältnissen nach oben gearbeitet hat, 75 Jahre alt.

Barbra Streisand – ihr Leben in Bildern

„Ich danke Gott dafür, dass er mir eine gute Stimme gegeben hat“, sagte sie einmal. Barbra Streisand hat als Sängerin und Songwriterin Karriere gemacht, aber auch als Schauspielerin und Regisseurin. Sie verkaufte mehr Alben als die Beatles und die Stones.
„Ich danke Gott dafür, dass er mir eine gute Stimme gegeben hat“, sagte sie einmal. Barbra Streisand hat als Sängerin und Songwriterin Karriere gemacht, aber auch als Schauspielerin und Regisseurin. Sie verkaufte mehr Alben als die Beatles und die Stones. © imago | ZUMA Press
Sie habe eine Stimme wie flüssige Diamanten, sagte der damalige US-Präsident Barack Obama über Barbra Streisand, als er ihr im November 2015 die „Presidential Medal of Freedom“ verlieh.
Sie habe eine Stimme wie flüssige Diamanten, sagte der damalige US-Präsident Barack Obama über Barbra Streisand, als er ihr im November 2015 die „Presidential Medal of Freedom“ verlieh. © dpa | Michael Reynolds
Ob im Film oder live auf der Bühne – man merkt Streisand an, welchen Spaß ihr es ihr bereitet, vor Publikum zu agieren, herumzualbern, Gefühle zu zelebrieren, bisweilen bis an die Kitschgrenze. Diese Aufnahme zeigt sie gemeinsam mit Ray Charles.
Ob im Film oder live auf der Bühne – man merkt Streisand an, welchen Spaß ihr es ihr bereitet, vor Publikum zu agieren, herumzualbern, Gefühle zu zelebrieren, bisweilen bis an die Kitschgrenze. Diese Aufnahme zeigt sie gemeinsam mit Ray Charles. © imago | ZUMA Press
Als Barbara Joan Streisand wird sie am 24. April 1942 im New Yorker Stadtteil Brooklyn in eine jüdische Familie mit russisch-polnischen Vorfahren geboren. Der Vater, ein Lehrer, stirbt 1943. Mutter Ida, eigentlich Sängerin, sorgt als Schulsekretärin für den Lebensunterhalt.
Als Barbara Joan Streisand wird sie am 24. April 1942 im New Yorker Stadtteil Brooklyn in eine jüdische Familie mit russisch-polnischen Vorfahren geboren. Der Vater, ein Lehrer, stirbt 1943. Mutter Ida, eigentlich Sängerin, sorgt als Schulsekretärin für den Lebensunterhalt. © imago | ZUMA Press
Sie besucht die Beis Yaakov Jewish School, singt im Schulchor und träumt davon, auf der Bühne zu stehen. Im Chor ist auch Neil Diamond, mit dem Streisand Jahrzehnte später im Duett „You Don’t Bring Me Flowers“ aufnimmt. Dieses Foto zeigt sie auf dem Jahrbuch der Erasmus High School aus dem Jahr 1959.
Sie besucht die Beis Yaakov Jewish School, singt im Schulchor und träumt davon, auf der Bühne zu stehen. Im Chor ist auch Neil Diamond, mit dem Streisand Jahrzehnte später im Duett „You Don’t Bring Me Flowers“ aufnimmt. Dieses Foto zeigt sie auf dem Jahrbuch der Erasmus High School aus dem Jahr 1959. © imago | ZUMA Press
Schon die 16-Jährige sammelt erste Bühnenerfahrungen, tritt in Nachtclubs auf. Mit 20 debütiert sie am Broadway in dem Musical „I Can get It For You Wholesale“ und veröffentlicht das „Barbra Streisand Album“, das mit zwei Grammys ausgezeichnet wird.
Schon die 16-Jährige sammelt erste Bühnenerfahrungen, tritt in Nachtclubs auf. Mit 20 debütiert sie am Broadway in dem Musical „I Can get It For You Wholesale“ und veröffentlicht das „Barbra Streisand Album“, das mit zwei Grammys ausgezeichnet wird. © dpa
Das Musical „Funny Girl“ bringt ihr 1964 den Durchbruch.
Das Musical „Funny Girl“ bringt ihr 1964 den Durchbruch. © imago | ZUMA Press
Streisand findet einen Part, der ihr auf den Leib geschneidert scheint: die jüdische Komödiantin Fanny Brice, die 1910 zum Broadway-Star wurde – gegen alle Erwartung, galt sie doch als hässliches Entlein.
Streisand findet einen Part, der ihr auf den Leib geschneidert scheint: die jüdische Komödiantin Fanny Brice, die 1910 zum Broadway-Star wurde – gegen alle Erwartung, galt sie doch als hässliches Entlein. © imago stock&people | EntertainmentPictures
Hollywood meldet sich: 1968 verfilmt William Wyler „Funny Girl“.
Hollywood meldet sich: 1968 verfilmt William Wyler „Funny Girl“. © imago stock&people | EntertainmentPictures
Dafür gibt es einen Oscar.
Dafür gibt es einen Oscar. © imago | United Archives International
Das Album „Barbra Streisand Album“ wurde mit zwei Grammys ausgezeichnet.
Das Album „Barbra Streisand Album“ wurde mit zwei Grammys ausgezeichnet. © picture alliance/ASSOCIATED PRESS | AP Content
Die Streisand hinter der Bühne in ihrem Garderobenraum 1965.
Die Streisand hinter der Bühne in ihrem Garderobenraum 1965. © Getty Images | Harry Benson
Ihr komödiantisches Talent prägt ihre Film-Karriere – ob in Peter Bogdanovichs „Is’ was, Doc?“ aus dem Jahr 1972 – hier mit Schauspielkollege Ryan O Neal ...
Ihr komödiantisches Talent prägt ihre Film-Karriere – ob in Peter Bogdanovichs „Is’ was, Doc?“ aus dem Jahr 1972 – hier mit Schauspielkollege Ryan O Neal ... © imago stock&people | United Archives
... oder in „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“ (2004). Sie spielt darin Roz Focker, eine Sextherapeutin für Senioren und zudem freakige Mutter. Diese Aufnahme zeigt die Streisand mit ihrem Schauspielkollegen Robert de Niro.
... oder in „Meine Frau, ihre Schwiegereltern und ich“ (2004). Sie spielt darin Roz Focker, eine Sextherapeutin für Senioren und zudem freakige Mutter. Diese Aufnahme zeigt die Streisand mit ihrem Schauspielkollegen Robert de Niro. © picture-alliance/ dpa | dpa Picture-Alliance / dpa-Film UIP
Als eine von Streisands besten Schauspielleistungen gilt ihre Rolle als jüdische Marxistin und Friedenskämpferin Katie in Sydney Pollacks „So wie wir waren“ (1973) an der Seite von Robert Redford.
Als eine von Streisands besten Schauspielleistungen gilt ihre Rolle als jüdische Marxistin und Friedenskämpferin Katie in Sydney Pollacks „So wie wir waren“ (1973) an der Seite von Robert Redford. © imago | AD
Der Song „The Way We Were“ wurde ein Evergreen.
Der Song „The Way We Were“ wurde ein Evergreen. © Getty Images | Harry Benson
Am 24. März 2002 zeichnet Barbra Streisand Robert Redford in Los Angeles (USA) mit dem Ehren-Oscar aus.
Am 24. März 2002 zeichnet Barbra Streisand Robert Redford in Los Angeles (USA) mit dem Ehren-Oscar aus. © dpa | Kevork Djansezian
Ihr erster Film als Regisseurin, „Yentl“, erzählt von einem aufmüpfigen jüdischen Mädchen, gespielt von Streisand selbst, das sich aus den Fesseln der Tradition befreit.
Ihr erster Film als Regisseurin, „Yentl“, erzählt von einem aufmüpfigen jüdischen Mädchen, gespielt von Streisand selbst, das sich aus den Fesseln der Tradition befreit. © © epd-bild / KEYSTONE | KEYSTONE /
„Ich will ja nicht prahlen“, sagte Streisand, „aber Steven Spielberg meinte zu „Yentl“, er hätte ja gern was kritisiert, doch gebe es in seinen Augen nach „Citizen Kane“ keinen besseren Film“.
„Ich will ja nicht prahlen“, sagte Streisand, „aber Steven Spielberg meinte zu „Yentl“, er hätte ja gern was kritisiert, doch gebe es in seinen Augen nach „Citizen Kane“ keinen besseren Film“. © imago | United Archives
Gleich siebenfach für den Oscar nominiert wird ihre zweite Regiearbeit „Der Herr der Gezeiten“ (1991). Sie spielt an der Seite von Nick Nolte.
Gleich siebenfach für den Oscar nominiert wird ihre zweite Regiearbeit „Der Herr der Gezeiten“ (1991). Sie spielt an der Seite von Nick Nolte. © imago stock&people | EntertainmentPictures
Am Set ist es wohl nicht immer einfach mit Barbra Streisand. „Solange ich mich erinnern kann, haben die Leute gesagt, ich sei herrisch und eigensinnig“, meint sie selbst. Und das liege daran, dass sie tatsächlich so sei.
Am Set ist es wohl nicht immer einfach mit Barbra Streisand. „Solange ich mich erinnern kann, haben die Leute gesagt, ich sei herrisch und eigensinnig“, meint sie selbst. Und das liege daran, dass sie tatsächlich so sei. © imago | ZUMA Press
Wenn sie auf der Bühne steht, strahlt sie eine schier unendliche Energie aus – sowohl auf der Konzertbühne im Filmdrama „A Star Is Born“ (1976), als auch ...
Wenn sie auf der Bühne steht, strahlt sie eine schier unendliche Energie aus – sowohl auf der Konzertbühne im Filmdrama „A Star Is Born“ (1976), als auch ... © imago stock&people | EntertainmentPictures
... in der Gegenwart.
... in der Gegenwart. © dpa | Britta Pedersen
Sie sei einst nach Hollywood gekommen, ohne ihre Nase und die Zähne richten zu lassen, und ebenso wenig habe sie sich einen neuen Namen zugelegt, sagte Streisand einmal. Und darüber sei sie froh. Gerade die auffallende Nase und der leichte Silberblick aus intensiv schauenden Augen machen sie unverwechselbar. Hier eine Aufnahme aus dem Film „Funny Girl“.
Sie sei einst nach Hollywood gekommen, ohne ihre Nase und die Zähne richten zu lassen, und ebenso wenig habe sie sich einen neuen Namen zugelegt, sagte Streisand einmal. Und darüber sei sie froh. Gerade die auffallende Nase und der leichte Silberblick aus intensiv schauenden Augen machen sie unverwechselbar. Hier eine Aufnahme aus dem Film „Funny Girl“. © imago stock&people | EntertainmentPictures
Barbra Streisand ist in auch politisch-gesellschaftlichen Fragen engagiert, schreibt als Bloggerin bei der „Huffington Post“. 2016 warb sie um Wählerstimmen für Hillary Clinton. Und sie twittert eifrig gegen Trump. Beim „Women’s March“, dem landesweiten Protest gegen Donald Trump am 21. Januar 2017, sagte sie in Los Angeles: „Wahrheit ist die Essenz der Demokratie. Aber den frisch gewählten Präsidenten scheint das nicht zu interessieren. Das beunruhigt mich.“
Barbra Streisand ist in auch politisch-gesellschaftlichen Fragen engagiert, schreibt als Bloggerin bei der „Huffington Post“. 2016 warb sie um Wählerstimmen für Hillary Clinton. Und sie twittert eifrig gegen Trump. Beim „Women’s March“, dem landesweiten Protest gegen Donald Trump am 21. Januar 2017, sagte sie in Los Angeles: „Wahrheit ist die Essenz der Demokratie. Aber den frisch gewählten Präsidenten scheint das nicht zu interessieren. Das beunruhigt mich.“ © imago | ZUMA Press
Von 1963 bis 1971 war sie mit Elliott Gould verheiratet.
Von 1963 bis 1971 war sie mit Elliott Gould verheiratet. © imago | ZUMA Press
Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn: Jason.
Die beiden haben einen gemeinsamen Sohn: Jason. © imago | ZUMA Press
Seit 1998 mit dem Schauspieler James Brolin verheiratet, lebt Streisand im kalifornischen Malibu auf einem Landsitz direkt an der Küste.
Seit 1998 mit dem Schauspieler James Brolin verheiratet, lebt Streisand im kalifornischen Malibu auf einem Landsitz direkt an der Küste. © imago stock&people | /UPI Photo
Barbra Streisand gehört zu den erfolgreichsten Künstlern aller Zeiten.
Barbra Streisand gehört zu den erfolgreichsten Künstlern aller Zeiten. © imago | ZUMA Press
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Mutter: Mit der Nase wird das nichts

Barbra Streisand, die, um aufzufallen, früh das zweite A aus ihrem Geburtsnamen Barbara löschte, wuchs in der Enge eines jüdisch-orthodoxen Haushalts im New Yorker Stadtteil Brooklyn auf. Der Vater, ein Grundschullehrer, starb, als sie 15 Monate alt war. Mit dem tyrannischen Stiefvater verstand sie sich nie. Die Mutter, eine gestrenge Schulsekretärin, wollte ihre Talente – sie war der Klassenclown und konnte glockenhell singen – weder erkennen noch fördern.

Begründung: Mit der Nase wird das nichts. Geprägt durch Herabsetzungen („Ich war unscheinbar, dünn, hässlich, und niemand wollte mit mir spielen“) formte sich die junge Frau zu einer Einzelkämpferin, die sich nach Schauspiel- und Gesangsunterricht ihre Siege ertrotzen musste. Noch im Alter verspürt sie vor Auftritten Lampenfieber, „dass sich mir fast der Magen umdreht“.

70 Alben, 150 Millionen Verkäufe als Superlative

Was verwundert, verbinden sich mit dem Namen Streisand doch Superlative, wie sie sonst niemand vorzuweisen hat: knapp 70 Alben, die sich bis heute 150 Millionen Mal verkauften – öfter als die Werke der Beatles. 20 Filme, darunter Jahrhundert-Epen wie „So wie wir waren“, das mit dem Titellied „The Way We Were“ einen der wirkungsvollsten Taschentuch-Songs Hollywoods produzierte.

Alle wichtigen Preise der Entertainment-Branche (Oscar, Tony, Emmy, Grammy) gewonnen. Ikone der Frauen- und Schwulenbewegung; lange bevor sich ihr Sohn Jason als homosexuell outete. Heldin des jüdischen Amerikas und all derer, die im Heidi-Klum-Zeitalter der nachoperierten Gesichter ästhetische Abweichungen von der Norm bezaubernd finden. Eiserne Unterstützerin der Demokraten von Bill Clinton über Al Gore bis zu Hillary Clinton. Friedens- und Umweltaktivistin. Größter weiblicher Showstar auf dem Planeten. Hundertfache Millionärin. Unbeirrbar bis zum Status der „Nervensäge“, wenn sie sich einmal etwas in den Kopf setzt.

Eine Stimme wie „flüssige Diamanten“

Paradebeispiel „Yentl“. 15 Jahre lang lief Streisand, damals schon ein großer Name, in Hollywood von Studio zu Studio. Unbedingt wollte sie die von Isaac B. Singer geschriebene Kurzgeschichte über ein jüdisches Mädchen, das als Junge verkleidet eine Talmud-Schule besucht, sich in einen Studenten verliebt und am Ende eine Frau heiratet, auf Film bannen.

Am Ende schrieb Barbra Streisand 1983 das Drehbuch selbst, spielte die Hauptrolle, führte Regie und war die Produzentin. „Papa, Can You Hear Me?“, das Schlusslied, das sie ihrem früh verstorbenen Vater gewidmet hat, sorgte noch Jahre später bei ihren umjubelten Konzerten für Gänsehaut.

Auf der Leinwand stellte Barbra Streisand ihre männlichen Mitstreiter regelmäßig in den Schatten. Als Fanny in „Funny Girl“ lächelte sie Omar Sharif an die Wand. Als Judy in „Is’ was, Doc?“ machte sie sich mit komödiantischer Extraklasse den hilflosen Ryan O’Neal gefügig. In „So wie wir waren“ schließlich hatte der schöne Hubbell (Robert Redford) gegen die unbeugsame Marxistin Katie Morosky keine Chance. Präsident John F. Kennedy soll bei dem Titellied geweint haben. Barack Obama, einer seiner Nachfolger, sagte, die Streisand habe eine Stimme „wie flüssige Diamanten“.

Zu gerne würde man davon wieder mehr hören. Live und in zeitlos schöner Pracht. Wie 2012, als sie vor 19 000 Menschen in ihrem Heimatkiez in Brooklyn auftrat. Aber Barbra Streisand singt nicht mehr vor großem Publikum. Jedenfalls vorläufig. So war es schon einmal. 1967 überkam sie bei einem Konzert im Central Park eine Panik. 27 Jahre lang mied sie die Bühne. Dann kam sie wieder. Hoffentlich nicht zum letzten Mal.