Berlin. Schule kann Qual sein, und das liegt oft nicht an den Lehrern. Nach einer neuen Pisa-Auswertung ist Mobbing unter Schülern verbreitet.

  • Jeder sechste Schüler in Deutschland wird regelmäßig gemobbt
  • Jungen werden häufiger körperlich angegangen, Mädchen werden eher psychisch unterdrückt
  • Eltern können bei den Problemen viel helfen

Der Pisa-Experte Andreas Schleicher sieht angesichts zahlreicher Mobbing-Opfer dringenden Handlungsbedarf an deutschen Schulen. „Der Anteil betroffener Schüler ist signifikant, gerade wenn man sich nicht nur das physische Mobbing anschaut. Beim sozialen und psychologischen Mobbing sind die Größenordnungen viel stärker ausgeprägt“, sagte der Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. „Das ist kein Randphänomen.“

Aus einer am Mittwoch vorgestellten PISA-Sonderauswertung zum Wohlbefinden von Jugendlichen geht hervor, dass in Deutschland fast jeder sechste 15-Jährige (15,7 Prozent) regelmäßig Opfer von teils massivem Mobbing an seiner Schule wird. Im Schnitt aller Teilnehmerländer der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ist sogar nahezu jeder Fünfte (18,7 Prozent) mehrmals im Monat von körperlicher oder seelischer Misshandlung durch Mitschüler betroffen.

Jungen häufiger Opfer von Mobbing als Mädchen

Fast jeder zehnte 15-Jährige aus Deutschland (9,2 Prozent) beklagt, regelmäßig Ziel von Spott und Lästereien zu sein. Und 2,3 Prozent der hierzulande Befragten gaben an, in der Schule herumgeschubst und geschlagen zu werden. Insgesamt sind Jungen im OECD-Schnitt häufiger Mobbing-Opfer in der Schule als Mädchen. Diese sind aber stärker von Ausgrenzung und bösen Gerüchten betroffen.

Zwar werden Jungen häufiger zu Mobbing-Opfer in der Schule. Mädchen klagen jedoch öfter über Ausgrenzung und böse Gerüchte.
Zwar werden Jungen häufiger zu Mobbing-Opfer in der Schule. Mädchen klagen jedoch öfter über Ausgrenzung und böse Gerüchte. © imago/blickwinkel | imago stock&people

„Mobbing müssen wir in Deutschland viel stärker thematisieren, weil es hier oft noch an den Rand gedrängt wird“, sagte Schleicher. „Da hilft nur eine Null-Toleranz-Praxis, um deutlich zu machen, dass so etwas nicht akzeptiert wird.“

Für Pisa-Studie wurde eine halbe Million Schüler befragt

Der OECD-Direktor sprach sich dafür aus, im Kampf gegen Mobbing alle Beteiligten an einen Tisch zu bringen – Schulleitungen, Lehrer, Eltern und Kinder. „Wenn man das Thema den Schulpsychologen und Sozialarbeitern überlässt, schiebt man es wieder nur weg.“

Zur Pisa-Studie über Lernumfeld und Lernverhalten von über einer halben Million Schüler weltweit – darunter 10.000 aus Deutschland – sagte Schleicher: „Der Datensatz ist so spannend, weil er Zusammenhänge aufzeigt zwischen kognitiver Leistung, emotionalem und sozialem Umfeld, Unterstützung durch Eltern und Lehrer.“ Er selbst habe vorher „nicht erwartet, dass die häuslichen und schulischen Einflussfaktoren so stark mit dem Wohlbefinden der Schüler zusammenhängen“.

Interesse der Eltern wichtig für Erfolg in der Schule

Sehr wichtig sei der Studie zufolge, „dass sich Eltern für die Schulerfahrungen ihrer Kinder interessieren“, betonte Schleicher. „Wenn sie den Jugendlichen zeigen, dass das Thema für sie wichtig ist, hat das großen Einfluss. Es gibt eigentlich keine Entschuldigung, dies als Eltern nicht zu leisten.“ Es gehe für Mütter und Väter letztlich darum, ihre Kinder zur Leistung in der Schule zu motivieren – und ihnen zugleich ganz klar Hilfen anzubieten. (dpa)