Köln. Ein Theologe fordert den Verzicht auf Apple und Microsoft. Kirchen sollen freie Software einsetzen, denn: „Jesus würde Linux nutzen.“

Angenommen, Jesus lebte heute. Er würde – vielleicht – die „Jerusalem Post“ auf dem Tablet lesen, seine Jünger per Flashmob zusammentrommeln und die Bergpredigt bei Facebook posten. Doch mit welcher Software würde Jesus arbeiten? Eine Fachtagung in Köln behauptet nun: „Jesus würde Linux benutzen.“ Software als Glaubensfrage.

Der katholische Theologe und IT-Experte Ulrich Berens (55) jedenfalls forderte in Köln die Kirchen auf, vermehrt auf freie Software zu setzen – und auf Systeme von Mega-Konzernen wie Microsoft und Apple zu verzichten.

Damit, so Berens in seiner Strafpredigt für die Geistlichkeit, könnten die Kirchen ein wirkliches Zeichen gegen Softwaremacht und Wissensmonopole setzen. Jesus, der Robin Hood des Silicon Valley?

„Monokultur teurer Microsoft-Produkte“

Freie Software, so Berens weiter, stehe für Transparenz und helfe bei der fairen Verteilung von Wissen. Sie habe zudem einen kollektiven Nutzen und ermögliche Teilhabe auch für Menschen, die sich teure Programme nicht leisten könnten.

„Die IT-Landschaft der Kirchen ist vielfach durch die Monokultur teurer Microsoft-Produkte geprägt“, kritisierte Berens, der selbst seit 20 Jahren das freie Betriebssystem Linux mit dem Pinguin-Maskottchen nutzt und sogar den Verein „Linux-User im Bereich der Kirchen“ (Luki) mit gegründet hat. „Das enorme Sparpotenzial bei den Lizenzen wird nicht gesehen und genutzt.“

Selbst in Bereichen, in denen freie Software nachweislich überlegen sei, werde sie kaum angewendet. Als Gründe nannte der Pastoralreferent im Bistum Augsburg unter anderem mangelndes Kostenbewusstsein und fehlendes Fachwissen. Digitales Wissen müsse für alle Menschen nutzbar sein und für künftige Generationen erhalten werden, so der Theologe. Dazu seien offene Formate, offene Standards und freie Lizenzen notwendig.

Martin Luthers „Open-Content-Bewegung“

Berens aber ist kein einsamer Rufer in der Wüste. Auch für den Religionspädagogen Jörg Lohrer vom Comenius-Institut in Münster bedeutet Bildung im Sinne des Evangeliums den freien Zugang, den freien Austausch und die freie Weiterentwicklung von Wissen. Er stelle daher alle von ihm produzierten Bildungsinhalte unter freier Lizenz zur Weiternutzung zur Verfügung, sagte er.

Als ein Vorbild in Sachen, nun ja, freier Software, sahen die Teilnehmer der Fachtagung Martin Luther. Seine Reformation sei ein gutes Beispiel einer Open-Content-Bewegung: Die Abhandlungen und Flugblätter des Reformators Luther (1483-1546) hätten durch die neue Drucktechnik und den freizügigen Umgang mit Nachdrucken rasch eine große Öffentlichkeit weit über Wittenberg hinaus erreicht.

Druckereien machten Luther zum „Medienstar“

„Die Entstehung von Druckereien war für die Ausbreitung reformatorischer Ideen und die konfessionelle Durchdringung der Bevölkerung von höchster Bedeutung“, sagte Trierer Kirchenhistoriker Andreas Mühling. Nicht zuletzt den europäischen Druckereien sei es zu verdanken, dass die Reformation eine plurale Bildungsbewegung mit dem „Medienstar Luther“ gewesen sei. So lasst uns denn kein Apple-Bäumchen pflanzen? (mit Material von epd)