Haltern. 16 Schüler und zwei Lehrerinnen kamen beim Germanwings-Absturz vor zwei Jahren ums Leben. Am Jahrestag trauern Angehörige und Freunde.

Während der Vater des Copiloten Andreas Lubitz in Berlin am Freitagvormittag eine Pressekonferenz abhält, verschwenden in Haltern wohl viele Menschen keinen Gedanken an technische Details des Flugzeugabsturzes, sondern denken an verstorbene Freunde und Familienmitglieder. Vor Ort ist die Trauer greifbar.

Auf den fünf Gräbern der getöteten Jugendlichen in Haltern stehen frische Frühlingsblumen. „Manchmal glauben wir, dass du da bist, dich mit uns freust, wenn wir zusammen sind“ ist in einem steinernen Buch zu lesen. „Du fehlst uns“ hat jemand mit Silberschrift auf einen herzförmigen Kiesel geschrieben.

Auf dem Schulhof in Haltern ist es still vor Trauer

Auf einem Grablicht steht: „Zwei Jahre voller Sehnsucht nach deinen strahlenden Augen, nach deinem fröhlichen Lachen, einfach nach dir – wir vermissen dich.“ Eine Mutter und ein Vater haben es aufgestellt. Im westfälischen Haltern ist der Schmerz über den Verlust von 16 jungen Menschen und zwei Lehrerinnen auch zwei Jahre nach dem Absturz der Germanwings-Maschine unsagbar groß.

Eine Gedenkfeier auf dem Schulhof des Joseph-König-Gymnasiums in Haltern findet am Freitag statt. Hier gingen die 18 zur Schule. Von einem Austausch mit einer spanischen Schule vor zwei Jahren kehrten sie nicht lebendig zurück. Jetzt sind ihre Namen in eine Stahlplatte geschnitten, zentrales Element der Gedenkstätte an der Schule.

Germanwings-Absturz: Auch zwei Jahre danach ist die Trauer noch frisch

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    Nur kurze Ansprachen durchdringen die Stille

    Viele Kerzen und Blumen, die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen hat ein Gesteck geschickt. Alle 1200 Schüler der Schule sind gekommen, dazu Lehrer und viele Bürger. Auch die Eltern von vier Opfern und andere Angehörige wie etwa Großeltern nehmen teil. „Ihr fehlt uns“, sagt Schulleiter Ulrich Wessel.

    Es ist still. Schon lange vor der Feier. Es gibt kurze Ansprachen. Und dann zur Absturzzeit um 10.41 Uhr: Nichts. Fünf Minuten Schweigen. In der Ferne läuten die Trauerglocken mehrerer Kirchen. Schüler umarmen sich und weinen. Ein Mann und sein erwachsen aussehender Sohn stehen nebeneinander und halten sich.

    Gedenken ist in Haltern zum Ritual geworden

    Am Ende legen viele Schüler und Erwachsene weiße Rosen vor den Namen ab. „Wir haben sie nicht vergessen und wir werden sie nicht vergessen“, sagt Wessel. Seit dem Absturz besorgt er jede Woche 18 weiße Rosen und stellt sie an einem weiteren Gedenkort in der Schule auf.

    „Seit zwei Jahren ist nichts mehr so wie es vorher einmal war“, sagt Bürgermeister Bodo Klimpel. Der Schmerz habe ein Ausmaß, „das für uns alle völlig unvorstellbar war“. Und er verspricht: „Wir werden sie in unseren Herzen lebendig halten.“ Er ist der einzige, der etwas zur Katastrophe selbst sagt: „Der Copilot brachte die Maschine zum Absturz.“

    Auf dem Waldfriedhof in Haltern gibt es auch eine Gedenkstätte. Wie ein Klassenzimmer ist die kleine Fläche angelegt. 16 Zierapfelbäume sind auf der einen, zwei auf der anderen Seite gepflanzt. Fünf Meter hoch sind sie schon gewachsen. In der Mitte ein Gedenkstein wie ein Pult mit allen Namen und der schwarzen Trauerschleife mit der Flugnummer 4U9525. Das Symbol ging nach dem Absturz um die Welt. Darauf ein Zettel: „Ich wünsche, dass es Euch gut geht, dort wo ihr seid und Euren Familien und Freunden viel Kraft!“ Es ist Frühling. Die Zierapfelbäume treiben schon wieder aus.

    Auch in Frankreich wird der Opfer gedacht

    In Le Vernet in den französischen Alpen steht bereits eine Gedenktafel. Eine Skulptur zum Gedenken wurde am Freitag zusätzlich enthüllt.
    In Le Vernet in den französischen Alpen steht bereits eine Gedenktafel. Eine Skulptur zum Gedenken wurde am Freitag zusätzlich enthüllt. © dpa | Peter Kneffel

    Nicht nur in Haltern gibt es Gedenkstätten. Auch in Frankreich, am Absturzort, wird an diesem Freitag der Toten gedacht. Auch in Le Vernet in Frankreich wurde getrauert. Ab 10.41 Uhr fand dort eine nicht-öffentliche Trauerfeier für die Familien der Todesopfer statt. Mehr als 500 Teilnehmer waren zu der privaten Gedenkveranstaltung gekommen. Dort wurde auch eine Gedenkskulptur für die Opfer des Flugzeugabsturzes enthüllt. Der Chef des Germanwings-Mutterkonzerns Lufthansa, Carsten Spohr, übergab das Werk „Sonnenkugel“ des deutschen Künstlers Jürgen Batscheider an die Angehörigen.

    Bei dem Gedenkelement handelt es sich um eine vergoldete Kugel mit einem Durchmesser von fünf Metern, die aus 149 Elementen besteht. Das war die Zahl der Passagiere und Crew-Mitglieder, die nach den offiziellen Ermittlungsergebnissen von dem Copiloten Andreas Lubitz mit in den Tod gerissen wurden. Lubitz selbst wird also nicht in die Trauer mit einbezogen, was Lufthansa allerdings nicht kommentieren wollte. Im Inneren der Sonnenkugel befindet sich den Angaben zufolge ein kristallförmiger Zylinder, in dem Holzkugeln eingeschlossen werden, die die Angehörigen der Opfer mit persönlichen Erinnerungsstücken befüllen können. Die Skulptur soll unmittelbar an der Absturzstelle ihren endgültigen Platz finden, sobald das Wetter die Arbeiten zulässt. (dpa)