Paris. Klapperdünne Models, entwürdigende Posen: Die neue Werbekampagne des renommierten Modehauses YSL löst einen Sturm der Empörung aus.

  • Die neue Kampagne der Luxusmarke Yves Saint Lauren wirft eine alte Frage auf: Wie sollte Mode beworben werden?
  • Passanten in Paris stören sich an den eindeutigen Posten der Models
  • Auch das geringe Gewicht der Fotomodelle steht in der Kritik

Dass das Modehaus Yves Saint Laurent (YSL) mit seiner jüngsten Werbekampagne – mal wieder – für Aufsehen sorgen wollte, ist im wahrsten Sinne des Wortes unübersehbar. Die seit einigen Tagen die Pariser Litfaßsäulen schmückenden Plakate, auf denen sich junge Frauen in Netzstrumpfhosen und mit auffälligen High-Heel-Rollschuhen in lasziven Posen räkeln, erinnern fatal an Fotostrecken aus jener Sorte von Männermagazinen, die eher unter als über der Theke vertrieben werden.

Celine S. gehört zu den zahlreichen Franzosen, denen „schlicht die Spucke weggeblieben ist“, als ihr Blick auf eines dieser Plakate fiel. Es zeigt ein spindeldürres Mädchen in einem knappen Body, welches sich über einen Hocker beugt und devot ihren Po nach oben reckt. Für Celine, selber in der Modebranche tätig, ist das keine Werbung, sondern „aufwendig inszenierte Pornografie“.

Grund genug für die 27-Jährige, sich der unter dem Motto „Yves Saint Laurent, zieh deine entwürdigende Werbung zurück!“ lancierten Gegenkampagne anzuschließen. Doch diese Gegenkampagne ist nur die Spitze eines Eisbergs von empörten Kommentaren, die sich durch die sozialen Netzwerke ziehen.

Anorexie als Markenzeichen

„Coco Chanel sagte, dass Luxus nicht das Gegenteil von Armut, sondern von Vulgarität ist“, heißt es da etwa. Doch die meisten der mittlerweile zahllosen Anmerkungen fallen ungleich wütender aus. „Dekadenz, Anorexie, Submission, Dummheit – sind das die Markenzeichen von YSL?“ fragt eine Frau.

Tatsächlich sind es nicht nur die unterwürfigen, von einigen sogar als „Aufruf zur Vergewaltigung“ angesehenen Posen der Models, die einen Sturm des Protests ausgelöst haben. Genauso heftige Reaktionen ruft das erschreckende Untergewicht der abgebildeten Mannequins hervor.

Saint Laurent auf der Pariser Fashion Week

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    YSL sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, den Schlankheitswahn in einem Land zu befeuern, in dem an die 40.000 Mädchen und junge Frauen an Magersucht leiden. Ein Vorwurf, der durchaus ein juristisches Nachspiel haben könnte. Ende 2015 nämlich hat der französische Gesetzgeber die Anstiftung zur Magersucht als Gesundheitsgefährdung eingestuft und unter Strafe gestellt.

    Provokation als Werbemittel

    Weil bei den Behörden inzwischen rund 50 Beschwerden gegen die von der Frauenrechtsgruppe „Osez le féminisme“ (Feminismus wagen) als „sexistisch und extrem gewalttätig“ angeprangerten YSL-Kampagne eingereicht wurden, schaltete sich jetzt staatliche Werbeaufsicht ARPP ein.

    Im Falle einer abwertenden oder demütigenden Darstellung von Menschen kann sie von den Verantwortlichen verlangen, die beanstandete Werbung einzustellen. In den Augen von ARPP-Chef Stéphane Martin hat YSL die geltenden Regeln „eindeutig“ verletzt. Doch eine Entscheidung über ein Verbot will er erst nach einem Gespräch mit der Direktion des Modehauses fällen, das am Freitag stattfinden soll.

    „Porno-Chic“ – mal wieder

    Es ist keineswegs das erste Mal, dass YSL die gezielte Provokation als Werbemittel einsetzt und deswegen Ärger mit den Behörden bekommt. Schon 1971 sorgte die Sommerkollektion des Hauses für einen Skandal, weil deren kurze Röcke in Kombination mit breitschultrigen Jacketts und Plateau-Schuhen allzu auffällig an die Mode zur Zeit der Nazi-Besatzung erinnerte. Für einen weiteren Skandal sorgte noch im gleichen Jahr Markengründer Yves Saint Laurent höchstpersönlich, als er sich nackt auf einem Werbefoto für das erste von ihm kreierte Herrenparfum ablichten ließ.

    Auch auf den sogenannten „Porno-Chic“ greift YSL nicht zum ersten Mal zurück. Bereits Anfang der 2000er Jahre sorgten Kampagnen mit kopflosen nackten Frauen in aufreizenden Posen für Wirbel, die sich als Feigenblattersatz ein Parfumflakon vor das Schambein hielten. Zur Rücknahme „anstößiger“ Kampagnen aber wurde YSL bislang nur zwei Mal gezwungen, und zwar in Großbritannien. 2012 traf das Verbot ein Plakat, auf dem das mit gespreizten Beinen nackt auf dem Rücken liegende Model Sophie Dahl für das Parfum „Opium“ warb; 2014 ein Modefoto mit einem besonders mageren Mannequin.

    Glänzender Auftakt bei der Pariser Fashion Week

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