Bangkok. Ein Video zeigt dramatische Szenen: Abu Sayyaf enthauptet ihre deutsche Geisel. Für die Terrorgruppe sind Entführungen sehr lukrativ.

  • Ein deutscher Segler wird von der Terrorgruppe Abu Sayyaf getötet
  • Der Segler wurde bereits zum zweiten Mal von Terroristen festgehalten
  • Die Gruppe verdient mit Lösegeldern aus Entführungen Millionen von Dollar

Die Hände auf dem Rücken gefesselt, musste der 70-jährige Jürgen K.den Vorbereitungen zu seiner Hinrichtung zusehen. Dann zwingt ihn sein Henker, der das eigene Gesicht unter einer Haube versteckt, auf die Füße.

Es sind dramatische Szenen, die sich auf den Philippinen abgespielt haben. In einem Video, das die islamistische Terrorgruppe Abu Sayyaf am Montag veröffentlicht hat, ist die Enthauptung ihrer deutschen Geisel Jürgen K. zu sehen. „Jetzt tötet er mich“, sind die letzten Worte des Deutschen. Sein Henker feiert sich mit „Allah Akbar“ – Allah ist groß.

Das Auswärtige Amt bestätigte die Ermordung von Jürgen K. am Montag. „Es gibt nun keinen vernünftigen Zweifel mehr, dass der auf den Philippinen entführte Deutsche nicht mehr am Leben ist. Wir sind zutiefst erschüttert über das unmenschliche und grausame Vorgehen der Täter“, erklärte ein Sprecher.

Kanzlerin Angela Merkel verurteilte die Hinrichtung. Die abscheuliche Tat zeige ein weiteres Mal, wie gewissenlos und unmenschlich die Terroristen vorgingen, sagte Merkels Sprecher Steffen Seibert am Montag. „Wir alle müssen zusammenstehen und den Kampf gegen sie führen.“

Paar wurde bereits 2008 in Somalia entführt

Der begeisterte Segler Jürgen K. war gemeinsam mit seiner Frau Sabine M. am 5. November des vergangenen Jahres nahe dem Tanjung Pisot in der malerischen Inselwelt der südphilippinischen Provinz Tawi-tawi mit seiner Jacht Rockall in die Hände der Entführer geraten.

„Die Frau hat auf uns geschossen. Wir haben zurückgeschossen. Sie ist gestorben“, schilderte Muammar Askali alias Abu Ramie von Abu Sayyaf bei einem kurzen Telefongespräch mit einem lokalen Rundfunksender die Umstände der Entführung des deutschen Paares.

Offenbar hatten die beiden Deutschen, deren einziger Wohnsitz ihre Jacht Rockall war, die Waffe mit an Bord genommen, um sich gegen Piraten verteidigen zu können. Denn das Paar war bereits im Jahr 2008 in Somalia entführt worden. Damals hatten sie offenbar mit Hilfe von Bekannten über Mittelsleute ihre Freilassung erkaufen können.

Journalist wurde von Abu Sayyaf entführt

Die Jacht Rockall des deutschen Segler-Paares.
Die Jacht Rockall des deutschen Segler-Paares. © dpa | Westmincom / Handout

Doch die Handfeuerwaffe erwies sich als ebenso wirkungslos wie Verhandlungen mit Abu Sayyaf. Im Jahr 2014 waren bereits zwei deutsche Segler gegen Lösegeld freigelassen worden. 1,5 Millionen Euro sollen damals gezahlt worden sein.

Im Jahr 2000 bezahlte das deutsche Wochenmagazin „Der Spiegel“ Lösegeld für seinen Korrespondenten Andreas Lorenz. Er war auf der Insel Sulu in die Hände der selbsternannten Befreiungsbewegung geraten, als er über die Entführung von neun Malaysiern, drei Deutschen, zwei Franzosen, zwei Finnen, zwei Südafrikanern und einem Libanesen von der malaysischen Insel Sipadan berichten wollte.

Jürgen K. war zuletzt Mitte Februar in einem Video aufgetaucht, in dem er um sein Leben flehte und von einer Lösegeldsumme in Höhe von 600.000 Euro sprach.

Entführungen sind für Abu Sayyaf lukrativ

Der philippinische Verteidigungsminister Delfin Lorenzana bedauerte den Tod des Deutschen und lehnte erneut die Zahlung von Lösegeld ab. „Solange Lösegeld gezahlt wird, bleiben Entführungen lukrativ. Wir werden diese Piraten und Kidnapper stoppen“, erklärte er dem Online-Nachrichtenportal „Rappler“ in Manila.

Abu Sayyaf, deren Stützpunkt sich im Dschungel der Insel Sulu befindet und auf der Suche nach Opfern nahezu die gesamte Meeresregion zwischen Malaysia und den Philippinen unsicher machen, hatte zuletzt zwei Kanadier geköpft. Die Regierung des populären Justin Trudeau weigert sich, ihre Staatsbürger gegen Lösegeld freizukaufen. Ein Norweger kam nach Lösegeld frei.

Die deutsche Regierung ist einem Gerichtsurteil zufolge verpflichtet, sich um die Freilassung von deutschen Geiseln zu kümmern. Allerdings stieg nach Entführungen, bei denen Reisewarnungen in den Wind geschlagen wurden, der Unmut im Auswärtigen Amt über solche Fälle.

Terrorgruppe hat Rückhalt in Sulu

Die Terrorgruppe Abu Sayyaf , die zuletzt Lösegeld mit der Entführung indonesischer Seeleute kassierte, kombinierte jetzt den Tod des deutschen Seglers mit einer provokanten Nachricht an die Streitkräfte der Philippinen. „Ihr kriegt uns nicht“, lautete die Botschaft.

Kurz vor Ablauf eines Ultimatums am Sonntag hatten die Militärs versucht, den Rebellen mit Soldaten und Artillerie zu Leibe zu rücken. Die Aktionen blieben ebenso nutzlos wie ähnliche Operationen in der Vergangenheit.

Abu Sayyaf, die zuletzt ihre Zugehörigkeit zum Islamischen Staat verkündete, genießt – trotz aller Brutalität – wegen seiner großzügigen Zahlungen an die lokale Bevölkerung immer noch Rückhalt in Sulu.