Rom. Erdbeben und eine schwere Lawine haben Mittelitalien heimgesucht. Nun wurden weitere Menschen aus dem verschütteten Berghotel befreit.

Am dritten Tag nach dem schweren Lawinenunglück im Erdbebengebiet in Italien befreien die Einsatzkräfte noch immer weitere Überlebende aus dem verschütteten Hotel in den Abruzzen. Katastrophenhelfer arbeiteten die ganze Nacht, um bereits ausfindig gemachte Menschen aus den Trümmern zu retten und weitere Vermisste zu suchen.

23 Menschen werden noch vermisst. Dies teilte die Präfektur der Provinz Pescara am Samstag mit, wie die Nachrichtenagentur Ansa berichtete. Mindestens fünf Menschen kamen ums Leben. Bis zum Samstag wurden neun Menschen von den Rettern lebend aus Trümmern und Schnee geborgen. Zwei weitere überlebten, weil sie sich zum Zeitpunkt des Lawinenabgangs am Mittwochnachmittag gerade außerhalb des Gebäudes aufhielten.

Riskante Bedingungen für die Helfer

Seit Freitagvormittag hatten die Einsatzkräfte nach und nach mehrere Menschen aus dem Hotel Rigopiano in der Berggemeinde Farindola gerettet, nachdem am Mittwoch eine gewaltige Lawine über dem Haus hineingebrochen war. Die Helfer – am Freitag waren es 135 – arbeiteten unter riskanten Bedingungen zwischen Massen an Schnee und Trümmern. Auch in der Nacht machten sie keine Pause – angesichts der vielen Stunden, die bereits seit dem Unglück am Mittwoch vergangen sind, ist keine Zeit zu verlieren.

Mindestens vier Kinder überlebten das Unglück, die mehr als 40 Stunden in dem zerstörten Gebäude unter Schneemassen ausgeharrt hatten. Ein Arzt in Pescara hatte am Freitag gesagt, dass das Glück der Überlebenden sei, dass sie nicht direkt mit dem Schnee in Berührung gekommen seien.

Die gewaltige Lawine hatte am Mittwoch das Vier-Sterne-Hotel nach einer Erdbebenserie komplett verschüttet und Teile mitgerissen. Trümmer und Möbel wurden in bis zu 400 Metern Entfernung vom Hotel gefunden. Nach Aussage des Hoteldirektors waren bis zu 35 Menschen in dem Gebäude. Es war vermutet worden, dass die Lawine von den Erdstößen ausgelöst wurde, eine offizielle Bestätigung dafür gab es aber bislang nicht.

Es hatte seit Tagen geschneit

Zwei Personen hatten sich am Mittwoch zum Zeitpunkt des Unglücks im Freien aufgehalten. Einer der Überlebenden, ein 38-jähriger Familienvater, konnte am Freitag seine Frau und seine beiden Kinder in die Arme schließen.

Das Rigopiano liegt auf 1200 Metern Höhe am Fuß des bis über 2900 Meter hohen Bergmassivs Gran Sasso. Es ist etwa 45 Kilometer von der Adriaküste entfernt. Auf seiner Facebook-Seite hatte es sich als Wohlfühloase im Schnee präsentiert.

Menschen in den Abruzzen kommen nicht zur Ruhe

Die Gäste hatten offenbar nach den vier schweren Erdbeben am Mittwoch abreisen wollen und bereits ausgecheckt. In den Abruzzen hatte es seit Tagen geschneit, der Schnee lag zum Teil meterhoch, es kam kein Fahrzeug durch, um sie mitzunehmen. Die letzten Kilometer des Zufahrtsweges waren dicht. Die ersten Retter mussten sich in der Nacht zum Donnerstag auf Skiern zum Unglücksort vorkämpfen und kamen dort gegen 4.30 Uhr an.

Lawine verschüttet Hotel in Italien

Nach den Erdbeben kam die Lawine: In Mittelitalien ist auch ein Supermarkt durch die Schneemassen zerstört worden.
Nach den Erdbeben kam die Lawine: In Mittelitalien ist auch ein Supermarkt durch die Schneemassen zerstört worden. © REUTERS | STRINGER
Die Stadt Stadt Penne in Mittelitalien ist schwer von den Erdbeben und der Lawine getroffen worden.
Die Stadt Stadt Penne in Mittelitalien ist schwer von den Erdbeben und der Lawine getroffen worden. © REUTERS | STRINGER
Der Schnee liegt meterhoch in den Straßen.
Der Schnee liegt meterhoch in den Straßen. © REUTERS | STRINGER
Schlimm hat es ein Berg-Hotel getroffen. Es ist verschüttet worden. Dabei sind auch viele Menschen ums Leben gekommen.
Schlimm hat es ein Berg-Hotel getroffen. Es ist verschüttet worden. Dabei sind auch viele Menschen ums Leben gekommen. © dpa | Vigili del Fuoco
Im Hotel „Rigopiano“ im Abruzzen-Ort Farindola sollen sich zum Zeitpunkt des Unglücks in der Nacht zu Donnerstag etwa 30 Menschen aufgehalten haben.
Im Hotel „Rigopiano“ im Abruzzen-Ort Farindola sollen sich zum Zeitpunkt des Unglücks in der Nacht zu Donnerstag etwa 30 Menschen aufgehalten haben. © dpa | Italian Finance Police/AP
Die Schneelawine drang bis ins Innere des Hauses vor, wie die von den Rettungskräften veröffentlichen Bilder zeigen.
Die Schneelawine drang bis ins Innere des Hauses vor, wie die von den Rettungskräften veröffentlichen Bilder zeigen. © dpa
Die eingeschlossenen Menschen hatten mit SMS nach Hilfe gerufen, wie italienische Medien berichten. Laut Nachrichtenagentur Ansa wurden zwei Menschen gerettet, die sich zum Zeitpunkt des Unglücks im Freien aufgehalten haben sollen.
Die eingeschlossenen Menschen hatten mit SMS nach Hilfe gerufen, wie italienische Medien berichten. Laut Nachrichtenagentur Ansa wurden zwei Menschen gerettet, die sich zum Zeitpunkt des Unglücks im Freien aufgehalten haben sollen. © dpa | Guardia Di Finanza
Die Helfer mussten sich mit Schaufeln einen Weg ins Innere des Hotel bahnen.
Die Helfer mussten sich mit Schaufeln einen Weg ins Innere des Hotel bahnen. © dpa
Die Rettungskräfte rückten schon am späten Mittwochabend in die Bergregion vor.
Die Rettungskräfte rückten schon am späten Mittwochabend in die Bergregion vor. © dpa | Italian Finance Police/AP
Schneemassen und Kälte erschwerten die Rettungsarbeiten.
Schneemassen und Kälte erschwerten die Rettungsarbeiten. © dpa
Bei Tageslicht wurden die Helfer in Farindola schließlich von einem Hubschrauber unterstützt.
Bei Tageslicht wurden die Helfer in Farindola schließlich von einem Hubschrauber unterstützt. © dpa | Matteo Guidelli
Dieses Foto zeigt ein Räumfahrzeug in Amatrice. Der Ort war vor fünf Monaten von einer verheerenden Erdbebenserie getroffen und stark zerstört worden.
Dieses Foto zeigt ein Räumfahrzeug in Amatrice. Der Ort war vor fünf Monaten von einer verheerenden Erdbebenserie getroffen und stark zerstört worden. © dpa | Vigili del Fuoco
Polizisten brachten am Mittwoch eine ältere Frau in Montereale in Sicherheit. Der Ort war das Epizentrum von drei schweren Erdstößen.
Polizisten brachten am Mittwoch eine ältere Frau in Montereale in Sicherheit. Der Ort war das Epizentrum von drei schweren Erdstößen. © dpa | Claudio Lattanzio
Eine Frau sitzt in einer Notunterkunft in Capitignano.
Eine Frau sitzt in einer Notunterkunft in Capitignano. © dpa | Claudio Lattanzio
Allein am Mittwoch wurde die Region von drei Erdbeben mit einer Stärke von mehr als 5 erschüttert.
Allein am Mittwoch wurde die Region von drei Erdbeben mit einer Stärke von mehr als 5 erschüttert. © dpa | Claudio Lattanzio
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Auch andernorts in Mittelitalien ist die Not weiterhin groß: Wegen des vielen Schnees sind Tausende Haushalte seit Tagen ohne Strom, einige Orte sind von der Außenwelt abgeschnitten. Allein am Freitag brachten Einsatzkräfte 120 Menschen in Sicherheit, wie die Feuerwehr auf Twitter mitteilte.

Experten rechne mit weiteren Beben

Die Menschen in den Abruzzen kommen nicht zur Ruhe: Seit August werden sie immer wieder von starken Erdbeben heimgesucht – am Mittwoch trafen vier Erdstöße mit einer Stärke über 5 die Region mitten im Schneechaos. Neben den vier Toten im Berghotel waren vier weitere Todesopfer in anderen Orten zu beklagen.

Das verheerende Beben vom 24. August 2016, bei dem um die Stadt Amatrice rund 300 Menschen ums Leben kamen, die Erdstöße vom 26. und 30. Oktober sowie die Beben vom Mittwoch hängen alle zusammen: Eine italienische Experten-Kommission ordnet sie einer einzigen seismischen Sequenz zu, wie der Zivilschutz mitteilte. Die Sequenz könnte weitergehen. „Bis heute gibt es keine Hinweise darauf, dass sich die seismische Sequenz erschöpft hat“, hieß es. Doch wann, mit welcher Stärke und ob tatsächlich weitere Beben kommen, vermag niemand zu sagen. (dpa)