Rom. Erneut hat eine Erdbebenserie Italien getroffen. Kälte und Schnee dramatisieren die Situation zusätzlich. Ein Mensch wurde getötet.

  • Italien ist erneut von schweren Erdbeben heimgesucht worden
  • Wie schon im vergangenen August traf es die Region um die Stadt Amatrice
  • Die Beben ließen auch in Rom die Erde wackeln, Schulen und die U-Bahn wurden evakuiert

Fünf Monate nach dem verheerenden Beben von Amatrice haben vier heftige Erdstöße innerhalb weniger Stunden erneut die Region in Mittelitalien getroffen. Dabei wurde ein Mensch getötet. Die Leiche sei unter den Trümmern eines Gebäudes im Ort Castel Castagna in der Provinz Teramo geborgen worden, teilte der Zivilschutz am Mittwochabend mit. Nähere Angaben zu dem Todesopfer machte die Behörde nicht.

Evakuierte Studenten und Dozenten stehen nach den Erdbeben am Mittwoch in Rom vor einer Schule. Die Beben waren bis in die italienische Hauptstadt zu spüren.
Evakuierte Studenten und Dozenten stehen nach den Erdbeben am Mittwoch in Rom vor einer Schule. Die Beben waren bis in die italienische Hauptstadt zu spüren. © dpa | Massimo Percossi

Innerhalb einer Stunde hatten drei schwere Stöße – alle mit einer Stärke über 5 – am Vormittag die Region um den bereits zerstörten Ort Amatrice erschüttert. Am Nachmittag folgte ein Beben der Stärke 5,1. Auch im 150 Kilometer entfernten Rom waren die Beben deutlich zu spüren. Häuser wackelten, die U-Bahn wurde zeitweise gesperrt. Schulen und Büros wurden evakuiert. Seismologen schließen nicht aus, dass auf die Beben vom Mittwoch noch schwerere Erdstöße folgen.

Beben treffen Italien mitten im Schneechaos

Der viele Schnee mache die Situation in der bergigen Region, die bereits im August und im Oktober von der Naturgewalt heimgesucht wurde, besonders kompliziert, sagte der Chef des Zivilschutzes, Fabrizio Curcio. Die Zentren der Beben lagen laut Erdbebenwarte alle in etwa zehn Kilometern Tiefe zwischen der Abruzzen-Stadt L’Aquila und der Stadt Rieti in der Region Latium und damit nahe der Stadt Amatrice.

Dort waren bei dem verheerenden Beben am 24. August die meisten der fast 300 Toten zu beklagen. Ganze Orte waren zerstört worden. Unzählige Nachbeben erschweren die Aufräumarbeiten: Dem Zivilschutz zufolge wurden seitdem mehr als 45.000 Beben registriert.

Kirchturm in Amatrice nun komplett zerstört

Nach ersten Angaben gab es jetzt wieder kleinere Schäden in Amatrice. Laut Ansa sind in dort die Reste eines Kirchturms zusammengebrochen. Das Gebäude war durch die früheren Beben bereits stark beschädigt worden. In Accumoli, das im Sommer ebenfalls in großen Teilen zerstört wurde, sagte der Bürgermeister, es gebe diesmal nach ersten Angaben wohl keine größeren Schäden. In der Stadt Rieti wurden nach dem Beben gegen 10.30 Uhr Schulen evakuiert.

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„Dass es immer wieder zu so starken Erdbeben kommt, ist alarmierend für die Bevölkerung vor Ort, die ja bereits so viele Schicksalsschläge hinnehmen musste“, sagte Gentiloni. Er sprach von einem schwierigen Tag für sein Land. Er habe sich mit dem Zivilschutz und dem Verteidigungsministerium abgestimmt und eine Verstärkung des ohnehin schon präsenten Militärs angefordert. „Wir versuchen, die Situation so gut wie möglich unter Kontrolle zu halten.“ Bundeskanzlerin Angela Merkel bat Italien deutsche Hilfe an. „Ich kann mir vorstellen, wie schrecklich das ist“, sagte sie.

Lawinengefahr steigt durch Erdbeben

Schon vor den schweren Erdbeben am Mittwoch ächzte die Region unter Schneemassen – dem Zivilschutz zufolge erschweren die Wetterbedingungen anlaufende Hilfen. Die Bürgermeister der betroffenen Orte setzten Hilferufe ab. „Der Notfall ist nicht das Erdbeben (...), sondern der Schnee“, sagte der Bürgermeister von Amatrice, Sergio Pirozzi, laut Nachrichtenagentur Ansa. Mehr Räumfahrzeuge und Schneefräsen seien notwendig. „Wir haben Ortsteile, die von zwei Meter hohem Schnee isoliert sind.“

Die Seite juskis-erdbebennews.de meldet, dass die Erdbeben auch Lawinen ausgelöst haben dürften. In der Region Arquata del Tronto in den Marken werden drei Menschen vermisst, berichtet Ansa. Dichter Nebel mache die Suche nach ihnen schwierig.

Bürgermeister setzen Hilferufe ab

Erdbeben haben am Mittwoch Mittelitalien erschüttert.
Erdbeben haben am Mittwoch Mittelitalien erschüttert. © BM | Screenshot EMSC-CSEM

„Es gibt keine Opfer, aber viele Schäden. Einige Orte sind bereits seit 48 Stunden ohne Strom“, sagte der Präsident der Region Abruzzen, Luciano D’Alfonso, dem Journal des Zivilschutzes. Der Bürgermeister der Stadt Ascoli Piceno in den Marken verlangte Hilfe des Militärs. „Hier sind Hunderte Menschen isoliert und ohne Strom“, sagte Guido Castelli laut Zeitung „La Repubblica“. „Die Leute sind terrorisiert.“ Er sprach von einem „monströsen Notfall“.

Zehntausende Menschen wurden bei den Beben im vergangenen Jahr obdachlos und wohnen seither in Übergangsunterkünften. Man könne nicht ausschließen, dass auf die Beben am Mittwoch weitere, noch schwerere Erdstöße folgen, sagte der Geologe der Erdbebenwarte INGV, Carlo Meletti, der Zeitung „La Repubblica“.

Erdbebenwarte: Nie da gewesene Bebenserie

Italien wird immer wieder von schweren Erdbeben heimgesucht. Die italienische Erdbebenwarte sieht nun aber eine neue Qualität. Das ist ein neues Phänomen in der jüngsten Geschichte angesichts der Art und Weise, wie es aufgetreten ist“, sagte der Seismologe Alessandro Amato der Nachrichtenagentur Ansa.

Grund für die Beben sind riesige Spannungen, die sich im Untergrund aufbauen. Der „Adriatische Sporn“ – ein Anhängsel der afrikanischen Erdplatte - reibt sich dort an der eurasische Platte. Auch deshalb haben sich Italiens Mittelgebirge aufgefaltet. Die enormen Energien können sich immer wieder in Beben entladen. (dpa/cho)