Irkutsk. Wenn echter Wodka in Russland zu teuer ist, greifen viele Menschen zu illegalem Alkohol. In Sibirien hatte das nun tödliche Folgen.

Weil sie einen alkoholhaltigen Badezusatz getrunken haben, sind mittlerweile 49 Menschen in der sibirischen Stadt Irkutsk ums Leben gekommen. Angaben der Ermittler zufolge weist ein Etikett das Mittel „Bojaryschnik“ („Weißdorn“) als Kosmetikprodukt aus und warnt vor dem Verzehr der Flüssigkeit. Die vergifteten Männer und Frauen tranken es aber wohl dennoch gezielt als Alkoholersatz.

Unklar war, ob die Opfer wussten, dass das Mittel nicht die normalerweise in alkoholischen Getränken enthaltene Substanz Ethanol, sondern das hochgiftige Methanol enthielt. Nach offiziellen Angaben vom Montag stammten sie alle aus demselben Teil der sibirischen Stadt, die rund 5000 Kilometer östlich von Moskau in der Nähe des Baikalsees liegt.

Verdacht der fahrlässigen Tötung

Kremlsprecher Dmitri Peskow bezeichnete den Vorfall als „schreckliche Tragödie“. Der Irkutsker Bürgermeister Dmitri Berdnikow rief den Notstand aus und verhängte ein vorläufiges Verkaufsverbot für das kosmetische Produkt. Ermittler gehen dem Verdacht der fahrlässigen Tötung nach.

Am Montag wurden verschiedene Märkte durchsucht, auf denen der alkoholhaltige Badezusatz vermutlich erworben wurde. Dabei seien bisher rund 2000 Liter Spiritus beschlagnahmt worden, die illegal im Umlauf waren. Laut den Nachrichtenagenturen Tass und Interfax wurden mehrere Verdächtige festgenommen. Außerdem wurde eine Werkstatt entdeckt, in der die Substanz ohne Genehmigung hergestellt worden sein soll.

Auch Parfüme werden getrunken

In Russland kommt es immer wieder zu tödlichen Unglücken nach dem Konsum von illegalem Alkohol. Experten schätzen, dass mindestens 10 Millionen von den 143 Millionen Menschen im Land regelmäßig so genannte „Ersatzalkohole“ zu sich nehmen, die deutlich billiger sind als legal verkaufte Getränke. Dazu zählen selbstgebrannter Wodka (im Russischen Samogon), Parfüme oder medizinischer Spiritus.

Gerade in einer Großstadt wie Irkutsk sind so viele Todesopfer auf einmal dennoch eine Seltenheit. Entsprechend entsetzt reagierten am Montag viele russische Medien: „Das ist ein Alptraum, anders kann man es nicht ausdrücken“, schrieb etwa die Tageszeitung „Komsomolskaja Prawda“. Andere sprachen von einer „Katastrophe“.

Insgesamt wurden seit Samstag Dutzende Menschen in Krankenhäuser gebracht, einige von ihnen schwebten in Lebensgefahr, einzelne sind ins Koma gefallen. Staatsanwalt Stanislaw Subowski schloss nicht aus, bei der Durchsuchung von Wohnungen potenzieller Konsumenten auf weitere Opfer zu stoßen. (dpa)