Berlin. Die Türkei ist durch Terroranschläge gezeichnet. Präsident Erdogan reagiert mit einer Bulldozer-Strategie und heizt die Konflikte an.

Die jüngsten Terroranschläge in Istanbul sind hinterhältig und menschenverachtend. Kein Zweck, kein politisches Ziel kann derlei Attacken rechtfertigen. Jedwedes Verständnis für die Anliegen der beteiligten Täter oder Parteien ist schändlich.

Gleichwohl gilt es festzuhalten, dass die Spirale des Terrors in der Türkei mit einer Verhärtung der Regierungspolitik einhergeht. Nach jedem Anschlag droht Präsident Recep Tayyip Erdogan mit noch rabiaterer Vergeltung. Es ist das immer gleiche Ritual aus Formeln der Rache, die finstere Entschlossenheit vermitteln sollen, aber mittlerweile leer wirken.

Erdogan heizt Konflikte an

Erdogan fährt eine innen- wie außenpolitisch gefährliche Konfrontationsstrategie, die nur eine Richtung kennt: den Zuwachs von Macht. Er schafft damit ein Klima der Unversöhnlichkeit, das polarisiert und Konflikte anheizt. Besonders deutlich wird dies an Erdogans rücksichtslosem Kampf gegen die Kurden. Deren Anstrengungen, im Norden Syriens zumindest eine Region mit weitreichender Autonomie zu errichten, versucht er mit Militärinterventionen zunichte zu machen.

Erdogans Plan einer Verfassungsänderung ist nur die logische Konsequenz dieser Marschroute. Der Präsident kann demnach fast unbeschränkt per Dekret regieren. Das Parlament wird zu einer Abnick-Veranstaltung. Die Gewaltenteilung, ein Kernstück der Demokratie westlichen Typs, ist dann nur noch Makulatur. Kommt es so weit, wird die Türkei zu einer De-facto-Diktatur.

Anschläge mit Toten in Istanbul

In der türkischen Stadt Istanbul hat es am Samstagabend mehrere Detonationen gegeben. Die Behörden sprechen von mehreren Toten und Verletzten.
In der türkischen Stadt Istanbul hat es am Samstagabend mehrere Detonationen gegeben. Die Behörden sprechen von mehreren Toten und Verletzten. © imago/Xinhua | imago stock&people
Hunderte Einsatzkräfte eilten zum Ort der Explosionen, die sich nach Ende eines Fußballspiels ereignet hatten.
Hunderte Einsatzkräfte eilten zum Ort der Explosionen, die sich nach Ende eines Fußballspiels ereignet hatten. © REUTERS | MURAD SEZER
Polizisten sicherten den Anschlagsort weiträumig ab.
Polizisten sicherten den Anschlagsort weiträumig ab. © dpa | Sedat Suna
Bei der ersten Explosion, die etwa 90 Minuten nach Abpfiff des Fußballspiels stattgefunden hatte, gehen die Behörden von einem Autobombenanschlag aus. Das Fußballspiel war von vielen Polizisten abgesichert worden. Bei der Detonation wurden auch Einsatzfahrzeuge zerstört.
Bei der ersten Explosion, die etwa 90 Minuten nach Abpfiff des Fußballspiels stattgefunden hatte, gehen die Behörden von einem Autobombenanschlag aus. Das Fußballspiel war von vielen Polizisten abgesichert worden. Bei der Detonation wurden auch Einsatzfahrzeuge zerstört. © REUTERS | MURAD SEZER
Die Vodafone Arena, in der der Fußballklub Besiktas Istanbul seine Heimspiele austrägt. In diesem Viertel kam es zu den Detonationen.
Die Vodafone Arena, in der der Fußballklub Besiktas Istanbul seine Heimspiele austrägt. In diesem Viertel kam es zu den Detonationen. © dpa | Tolga Bozoglu
Feuerwehrleute nach den Explosionen auf dem Dach des Stadions.
Feuerwehrleute nach den Explosionen auf dem Dach des Stadions. © dpa | Tolga Bozoglu
Türkische Medien hatten auch von Schüssen in Folge der zweiten Explosion berichtet.
Türkische Medien hatten auch von Schüssen in Folge der zweiten Explosion berichtet. © imago/Depo Photos | imago stock&people
Spurensicherer und Rettungskräfte arbeiteten bis zum Sonntagmorgen durch.
Spurensicherer und Rettungskräfte arbeiteten bis zum Sonntagmorgen durch. © imago/ZUMA Press | imago stock&people
Wasserwerfer der Polizei dienten als Löschfahrzeuge.
Wasserwerfer der Polizei dienten als Löschfahrzeuge. © REUTERS | MURAD SEZER
Bei der zweiten Explosion, die es ebenfalls im Stadtteil Besiktas gegeben hatte, könnte es sich um ein Selbstmordattentat gehandelt haben, teilten Behörden mit.
Bei der zweiten Explosion, die es ebenfalls im Stadtteil Besiktas gegeben hatte, könnte es sich um ein Selbstmordattentat gehandelt haben, teilten Behörden mit. © REUTERS | MURAD SEZER
Eine Splittergruppe der PKK bekannte sich am Sonntag zu den Anschlägen. Polizisten waren zuletzt immer wieder Ziel von Anschlägen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK oder deren Splittergruppe TAK. Aber auch die Terrormiliz Islamischer Staat könnte verantwortlich sein, meinen türkische Behörden.
Eine Splittergruppe der PKK bekannte sich am Sonntag zu den Anschlägen. Polizisten waren zuletzt immer wieder Ziel von Anschlägen der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK oder deren Splittergruppe TAK. Aber auch die Terrormiliz Islamischer Staat könnte verantwortlich sein, meinen türkische Behörden. © REUTERS | MURAD SEZER
Besiktas ist ein beliebtes Ausgehviertel und war daher nicht nur wegen des Fußballspiels am Samstag sehr belebt.
Besiktas ist ein beliebtes Ausgehviertel und war daher nicht nur wegen des Fußballspiels am Samstag sehr belebt. © REUTERS | MURAD SEZER
„Leider gab es Märtyrer und Verletzte“, sagte Staatspräsident Erdogan.
„Leider gab es Märtyrer und Verletzte“, sagte Staatspräsident Erdogan. © REUTERS | MURAD SEZER
Am Tag nach den Anschlägen trauern türkische Polizeibeamten um ihre getöteten Kollegen.
Am Tag nach den Anschlägen trauern türkische Polizeibeamten um ihre getöteten Kollegen. © Getty Images | Getty Images
In einem Trauerzug tragen Polizisten in türkische Flaggen gewickelten Särge.
In einem Trauerzug tragen Polizisten in türkische Flaggen gewickelten Särge. © Getty Images | Getty Images
Eine Nation rückt zusammen: Zwei Männer mit türkischen Flaggen am Rande des Trauerzugs.
Eine Nation rückt zusammen: Zwei Männer mit türkischen Flaggen am Rande des Trauerzugs. © epa | Cem Turkel
Viele Menschen legen Blumen zum Gedenken an die Opfer der Anschläge nieder.
Viele Menschen legen Blumen zum Gedenken an die Opfer der Anschläge nieder. © Getty Images | Getty Images
An einem der Anschlagsorte haben Menschen Blumen auf einem Polizeiauto abgelegt.
An einem der Anschlagsorte haben Menschen Blumen auf einem Polizeiauto abgelegt. © REUTERS | OSMAN ORSAL
Trauer auch unter Fußballfans: Ein Unterstützer des Vereins Besiktas Istanbul hat einen Schal zu den Rosen gelegt.
Trauer auch unter Fußballfans: Ein Unterstützer des Vereins Besiktas Istanbul hat einen Schal zu den Rosen gelegt. © Getty Images | Burak Kara
Präsident Recep Tayyip Erdogan besuchte am Sonntag Polizisten, die bei den Anschlägen verletzt wurden, im Krankenhaus.
Präsident Recep Tayyip Erdogan besuchte am Sonntag Polizisten, die bei den Anschlägen verletzt wurden, im Krankenhaus. © dpa | Turkish President Press Office/H
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Im Untergrund wachsen die Kräfte

Erdogan kann dies mit seiner Bulldozer-Strategie zweifellos durchsetzen. Aber er wird hierfür einen hohen Preis zahlen. Wo es keine Arena mehr zur Lösung politischer Konflikte gibt, wachsen die Kräfte im Untergrund. Und das Risiko von Gegengewalt steigt. Friedlicher wird die Türkei nicht werden.