Konstanz/Hilzingen. Buchstäbliche Unruhe in Deutschland: Seit Wochen wackelt die Erde, Ursache und Ende der Bebenserie im schwäbischen Hegau sind unklar.

Die Menschen in der Gegend unweit des Bodensees sind fast schon daran gewöhnt: Ein mehr oder weniger lauter Knall, das Geschirr klappert und Schränke wackeln. Immer wieder wackelt die Erde zwischen Hohentwiel und Hohenstoffeln. Im Landstrich zwischen den beiden vor 14 Millionen Jahre aktiven und heute erloschenen Vulkanen kommt es schon seit fast vier Wochen zu einer Erdbebenserie – Ende nicht absehbar.

Das Epizentrum der Beben liegt fast immer in der Nähe des Örtchens Hilzingen im Landkreis Konstanz. Am Samstag wackelte die Erde dort mit einer Stärke von 2,6. Zahlreiche Menschen wurden bei dem jüngsten Beben um kurz nach halb 2 Uhr in der Frühe wach, berichteten von einem Knall und beängstigenden Sekunden. Es war das zweite Beben mit dieser Magnitude, eines kam auf 3.0 und hat einem Bericht des „Südkuriers“ zufolge auch einzelne Schäden angerichtet. In der Zeitung sprach der Bürgermeister von einer „gewissen Verunsicherung“ der Menschen. Es gibt Bewohner, die sich zunehmend Sorgen machen.

Bislang rund 50 Beben

Auf der Seite juskis-erdbebennews.de haben Hunderte einen Archivtext aufgerufen zum Verhalten bei einem schweren Erdbeben. Rund 50 Beben gab es seit dem 25. Oktober bislang, spürbar waren für die Menschen davon etliche. Das liegt daran, dass die Beben sich in vergleichsweise geringer Tiefe von fünf bis acht Kilometern ereignen. Am vorletzten Wochenende waren unweit des Epizentrums gleich drei Beben spürbar. Inzwischen findet sich sogar ein Liveticker zu dem Phänomen.

Das Gebiet ist Teil einer 300 Millionen Jahre alten Störungszone, die von Freiburg aus südöstlich zum Bodensee verläuft. Eine Studie aus dem Jahr 2014 zeigte, dass die Brüche im Gestein noch immer unter hoher Spannung stehen, also noch aktiv sind. Wie genau die aktuelle Serie mit der Störungszone zusammenhängt, lässt sich laut Prof. Klaus Reicherter von der RWTH Aachen nicht sagen. Unserer Redaktion sagte er, dass sich noch kein Modell berechnen lasse, das darstellt, in welche Richtungen und wie die Erschütterungswellen von einer Bruchstelle ausstrahlen. Die Beben seien so schwach gewesen, dass es schwierig sei, diese „Herdflächenlösung“ genannten Wirkungen darzustellen.

Forschung zu Erdbebenaktivität geplant

Unter Federführung von Reicherter waren aber bereits vor Beginn der Serie Projekte geplant: In den kommenden Monaten sollen die historische und die aktuelle Erdbebenaktivität in dem Gebiet untersucht werden. In der Bodenseeregion sind auch große Erdbeben möglich. Das stärkste in jüngerer Zeit im Jahr 1935 erreichte die Magnitude 5,5 und beschädigte tausende Gebäude rund um Bad Saulgau.

Erdbebenserien können größere Erdbeben ankündigen, wie das etwa in Italien mehrfach der Fall war. Die Erde kann sich aber auch wieder beruhigen, die Aktivität im Laufe der Zeit nachlassen. Im hessischen Groß-Gerau hatte eine Serie mit rund 2000 Beben von 1869 bis 1871 gedauert. 2014/2015 machte eine Erdbebenserie im Raum Darmstadt bundesweit Schlagzeilen.