München. Nachdem er 2007 desertierte, hat ein US-Soldat in Deutschland Asyl beantragt. Jetzt steht eine Entscheidung über seinen Fall an.

Der desertierte US-Soldat André Shepherd hofft trotz eines für ihn ungünstigen Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) weiter auf Asyl in Deutschland. „Ich bin mir zu 100 Prozent sicher, dass ich recht habe“, sagte Shepherd am Mittwoch in München kurz vor dem Beginn der Verhandlung am Verwaltungsgericht. Das Gericht hatte das Verfahren im Jahr 2013 ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Auslegung von Vorschriften im EU-Flüchtlingsrecht vorgelegt.

Nach dem EuGH-Urteil aus dem Februar 2015 darf sich Shepherd aber nur wenig Hoffnung auf Asyl in Deutschland machen: Eine drohende Freiheitsstrafe oder die Entlassung aus der Armee könnten nicht als Asylgründe im Sinne des europäischen Rechts gelten. Shepherd war 2007 von seinem US-Stützpunkt in Bayern geflohen, um einem weiteren Einsatz im Irak-Krieg zu entgehen. Er berief sich auf Gewissensgründe und beantragte Asyl in Deutschland. Der Antrag wurde abgelehnt.

Bei der Verhandlung am Mittwoch musste der 39-Jährige seine Gedanken und Motivationen vom Eintritt in die Armee bis zu seiner Fahnenflucht erläutern. Shepherd gab an, von Misshandlungen irakischer Zivilisten durch amerikanische Soldaten gehört zu haben, und bezeichnete den Irakkrieg als Kriegsverbrechen.

Das Gericht befragte Shepherd vor allem zu einer Vertragsverlängerung bei der Armee im Dezember 2004 – und damit während eines Einsatzes im Irak. „In Kenntnis der Vorfälle im Irak, der Handlungsweise der Streitkräfte und mit dem Gefühl, moralisch verantwortlich zu sein, haben sie den Militärdienst in einer Kampftruppe im Kampfeinsatz verlängert“, stellte Richter Josef Nubel letztlich fest.

Shepherd hielt dagegen, dass er durch die Vertragsverlängerung eine erneute Stationierung im Irak hatte vermeiden wollen. Auch im November 2005 verlängerte er seinen Vertrag ein weiteres Mal, nachdem ihm sein Rekrutierungsoffizier damals garantiert habe, dass er nicht erneut in den Irak müsse.

Nicht unmittelbar an Kampfeinsätzen beteiligt

Shepherd war 2004 und 2005 insgesamt ein halbes Jahr als Wartungstechniker für Hubschrauber im Irak-Krieg im Einsatz. An Kampfeinsätzen war er nicht unmittelbar beteiligt. 2007 floh er von seinem US-Stützpunkt in Bayern, nachdem er über einen erneuten Einsatz im Irak informiert worden war.

Eine Entscheidung des Gerichts wird für Donnerstag erwartet. Rechtsanwalt Reinhard Marx stellt sich allerdings bereits auf einen langen Verfahrensweg ein. „Wenn wir gewinnen, geht die Gegenseite in Berufung, und wenn die Gegenseite gewinnt, gehen wir in Berufung“, sagte er. Unabhängig vom Ausgang des Verfahrens darf Shepherd aber in Deutschland bleiben: Er ist mit einer Deutschen verheiratet und besitzt daher eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis. (dpa)