Berlin. Dieter Hallervorden hat sich fürs Charakterfach entschieden. Dass er bereits 81 Jahre alt ist, bremst seinen Schaffensdrang nicht.

Entertainer Dieter Hallervorden, der zurzeit in der Komödie „Ostfriesisch für Anfänger“ zu sehen ist, kennt auch im Alter von 81 Jahren keine Ruhe. Im Gespräch mit Rüdiger Sturm erzählt er über seine Kämpfernatur und über die Kraft der Satire.

Seit den Filmen „Sein letztes Rennen“ und „Honig im Kopf“ läuft Ihre Karriere auf Hochtouren. Hätten Sie sich träumen lassen, dass Sie einmal zum Kinostar werden?

Dieter Hallervorden: Sagen wir es so, diese Entwicklung war eine Herzensangelegenheit. Ich wusste seit der Schauspielschule, dass ich die Farben des Charakterschauspielers beherrsche. Aus diesem Grund weigerte ich mich ja dann, die Figur des Didi weiterzuspielen. Ich musste Produzenten, Regisseure und Zuschauer überzeugen, dass ich auch auf andere Weise unterhalten kann.

Sie sind immerhin schon 81 Jahre.

Hallervorden: Ich entspreche in meinem momentanen Wirken und der äußeren Erscheinung nicht dem, was der Pass als Geburtsdatum aussagt. Das liegt daran, dass mein Beruf aus einer Leidenschaft entsprungen ist. Und Leidenschaft kann man nicht einfach austreten.

Hilft es bei Ihren beruflichen Plänen, wenn Sie privat neue Wege gehen – so wie mit Ihrer neuen Liebe zu einer 35 Jahre jüngeren Frau?

Hallervorden: Ich trenne privat und beruflich total. Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun.

Dieter Hallervorden hat als Künstler nicht den Anspruch, Dinge zu verändern. Aber er will Denkanstöße geben.
Dieter Hallervorden hat als Künstler nicht den Anspruch, Dinge zu verändern. Aber er will Denkanstöße geben. © Amin Akhtar | Amin Akhtar

In diesem Jahr veröffentlichten Sie einen Satire-Song über Präsident Erdogan. „Ostfriesisch für Anfänger“ wiederum handelt von der Konfrontation zwischen deutschen Provinzlern und ausländischen Einwanderern. Wie politisch sind Sie?

Hallervorden: Ich habe jetzt als Schauspieler oder Kabarettist nicht den Anspruch, Dinge zu verändern. Man kann nicht erwarten, dass Leute, die als CDU-Wähler in ein Programm gehen, nach 90 Minuten als SPD-Wähler herauskommen und umgekehrt. Aber man kann Anstöße geben. Nach „Honig im Kopf“ bekam ich viele Briefe von Kindern, die mir geschrieben haben, dass sie wieder mit ihrem Opa Kontakt aufnehmen wollen. In „Ostfriesisch für Anfänger“ spiele ich einen alten Kauz, der gegen alles Fremde ist und dann einen Wandel durchmacht. Vielleicht regt das ja den einen oder anderen zum Nachdenken an.

Aber das kann auch für Gegenwind sorgen.

Hallervorden: Natürlich. Ich habe mich selbst privat für Flüchtlinge engagiert, habe zum Beispiel die Einnahmen aus meinem Song „Ihr macht mir Mut“ gespendet. Damit habe ich mir viel Ärger eingehandelt. Auch in die Türkei würde ich derzeit nicht fahren wollen. Ich wurde nach meinem Erdogan-Lied („Erdogan, zeig mich an“, Anm. d. Red.) sogar körperlich bedroht. Aber wenn ich eine Meinung habe, dann werde ich sie äußern, auch gegen Widerspruch.

Bei Ihren Projekten werden Sie ja immer wieder mit jüngeren Generationen konfrontiert. Was können Sie von denen lernen?

Hallervorden: Das ist eine schwierige Frage. Man kann ja nicht alle jungen Leute über einen Kamm scheren. Auf jeden Fall gehöre ich nicht zu den Menschen, die ständig sagen: „Früher war alles besser“. Aber ebenso wenig gehöre ich zu denen, die die meiste Zeit nur mit ihrem iPhone und in sozialen Netzwerken verbringen. Ich bin zwar auf Facebook, aber ich mache das bei Weitem nicht so intensiv, wie ich das bei jungen Leuten beobachte. Für die ist dieser Apparat so etwas wie ein Sauerstoffgerät.

Auf welche Chancen hoffen Sie in der Zukunft?

Hallervorden: Eigentlich habe ich in meinem Leben alles gemacht, was ich tun wollte: Tauchen bis in 38 Meter Tiefe, Segelfliegen oder die Hauptrolle in einem Molière-Stück spielen. Im Kino bin ich dabei, meine Bandbreite zu erweitern.

Woher haben Sie diese Kämpfernatur?

Hallervorden: Ich hatte dieses Vorbild in Gestalt meines Vaters. Er war durch eine Krankheit doppelseitig beinamputiert – ein Bein unterhalb des Knies, sodass er mit Prothesen laufen konnte. Er ist Fahrrad gefahren, er hat mit meiner Mutter getanzt, er hat seine Arbeit gemacht. Dieser Spruch: ‚Ich will und ich kann‘, das ist das, was er mir vorgelebt hat. Davon habe ich mir eine Scheibe abgeschnitten. Das mache ich nicht nur, weil es mir vorgelebt worden ist, sondern auch ihm zu Ehren.

Entspannen Sie sich manchmal auch?

Hallervorden: Natürlich. Ich bin leidenschaftlicher Hobbygärtner. Ich lege Beete an, ich wühle gerne mit den Händen in der Erde, ich versuche nette Flecken zu gestalten.