Vancouver. Ein aus dem Terrarium ausgebrochener Python erwürgte in Kanada zwei Jungen. Ein Gericht soll klären, ob es ein tragischer Unfall war.

Sie wollten nur bei ihrem besten Freund übernachten, doch dann wachten sie nie wieder auf. Die zwei Brüder Connor und Noah Barthe aus Kanada waren sieben und fünf Jahre alt, als sie im Schlaf von einem riesigen Python gebissen und erwürgt wurden. Es war ein furchtbarer und tragischer Vorfall, der vor drei Jahren weltweit für Schlagzeilen sorgte. Nun soll ein Gericht in Kanada klären: War es nur ein tragischer Unfall – oder trägt ein Freund der Familie Barthe die Verantwortung?

Diese Frage steht im Mittelpunkt des Prozesses, der jetzt in der kanadischen Kleinstadt Campbellton begonnen hat. Angeklagt ist der Besitzer des Pythons, ein Nachbar und Familienfreund, der im Ort eine Zoohandlung mit exotischen Tieren betrieben hat. Die Staatsanwaltschaft wirft John-Claude Savoie fahrlässige Tötung vor. Bei einer Verurteilung drohen ihm bis zu zehn Jahre Haft.

Übersäht mit Würgemalen und Bisswunden

Savoie hatte die zwei Jungen im Sommer 2013 mit dem Einverständnis von deren Eltern in seinem Appartement, das direkt über der Zoohandlung liegt, übernachten lassen. Als er die zwei Jungen am nächsten Morgen wecken wollte, die Katastrophe: Savoie fand Connor und Noah übersäht mit blauen Würgemalen und Bisswunden auf dem Wohnzimmer-Sofa vor. „Ich dachte, sie schlafen. Dann drehte ich das Licht auf und sah den Horror“, beschrieb Savoie die Szene.

Nur ein paar Schritte weiter kroch eine dicke Schlange durch die Wohnung, ein aus Afrika stammender Nördlicher Felsenpython, der laut Gerichtsgutachter 3,70 Meter lang und 24 Kilogramm schwer war. Es war eine von Savoies Reptilien aus der Zoohandlung im Erdgeschoss.

Sohn des Schlangenbesitzers blieb unversehrt

Verzweifelt packte der Familienvater daraufhin den Python, steckte ihn in einen Käfig, rief die Polizei und eilte zur Familie der Buben, die gleich im Nachbarhaus wohnte. Doch für die Jungen kam jede Hilfe zu spät. Der Python hatte ihre Opfer bis zum Erstickungstod gewürgt. Savoies eigener Sohn, der in einem anderen Zimmer übernachtet hatte, blieb unversehrt.

Die Geschworenen in Kanada müssen sich nun mit der Frage beschäftigen, wie genau der Python aus seinem Terrarium in das Wohnzimmer mit den schlafenden Kindern gelangen konnte und ob ihrem Besitzer ein schuldhaftes Versäumnis nachzuweisen ist. Im Zentrum der Erörterungen stehen dabei: ein paar gebrochene Deckenfliesen, ein paar Rohre und ein Deckel.

Die Schlange kroch wohl durch einen Schacht

Laut Ermittler war der Python offenbar durch einen Lüftungsschacht aus dem Terrarium in die Wohnung gekrochen. Dabei muss er sich durch eine sehr enge Röhre gequetscht haben und so in das Obergeschoss gelangt sein. Dort soll er dann aufgrund seines Gewichts durch die Deckenfliesen in das Wohnzimmers gefallen sein. Als Savoie die toten Jungen entdeckte, fand er ein Loch in der Decke vor und Scherben auf dem Fußboden.

Zum Verhängnis könnte dem Angeklagten nun werden, dass der Lüftungsschacht womöglich nicht wie üblich mit einer Verschlusskappe abgesichert war. Ein Freund der Mutter berichtete dem Gericht, dass die Kappe offenbar schon länger lose gewesen sei und oft im Terrarium herumlag. Ein anderer Zeuge sagte aus, dass die Schlange bereits mehrmals aus dem Terrarium entwichen sein soll. Auch stellt sich die Frage, ob Savoie die Schlange womöglich illegal gehalten hat. In der kanadischen Provinz New Brunswick ist das Halten derartiger Tiere eigentlich nur in Zoos erlaubt.

Opfer hatten keine Angst vor Schlangen

Die Mutter der beiden Jungen kann den Vorfall auch drei Jahre danach immer noch nicht fassen und hofft auf Aufklärung. „Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass meine Kinder in Gefahr sein könnten“, sagte sie im Gericht.

Connor und Noah galten als unerschrocken und hatten keinerlei Furcht vor den Schlangen ihres Nachbarn. Ihre Familie besaß sogar selbst eine Schlange. Der Python wurde mittlerweile eingeschläfert.

Mit einem Urteil wird in Kürze gerechnet.