Kapstadt. Stets setzte sich der südafrikanische Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu für Menschenrechte ein. Nun kämpft er seinen letzten Kampf.

Der Mann kann das Kämpfen nicht lassen. Desmond Tutu, anglikanischer Erzbischof und Friedensnobelpreisträger, ging jahrzehntelang unerschrocken gegen die Apartheid vor, und als der siegreiche Afrikanische Nationalkongress (ANC) später selbst die Richtung verlor, wurde er von einem zornigen „Arch“ (für Archbishop) in die Schranken verwiesen. Tutu zog gegen die Irak-Krieger Tony Blair und George W. Bush ins Feld. Und als afrikanische Bischöfe über Lesben und Schwule Bannflüche verteilten, bekamen sie von ihrem Bruder zu hören, dass er sich weigern werde, in einen „homophoben Himmel“ zu gehen.

Jetzt hat der 85-jährige Gottesmann ein neues Thema für einen anständigen Streit gefunden: Er setzt sich für das Recht von unheilbar Kranken ein, den Zeitpunkt und Ort ihres Todes selbst auswählen zu können. „Tutus letzter Kampf“ titelt die südafrikanische „Sunday Times“.

„Fairness und Mitgefühl für Sterbende“

Zum Anlass seines jüngsten moralischen Appells nahm der Erzbischof seinen eigenen Geburtstag. Von einer jahrelangen Prostatakrebs-Erkrankung in den Rollstuhl gezwungen, schrieb Tutu Ende vergangener Woche in einem Gastbeitrag für die Washington Post, er habe sich sein gesamtes Leben lang für die Würde lebender Menschen eingesetzt.

Nun, 85-jährig und dem „Abflugterminal näher als der Ankunftshalle“, sei es Zeit, sich auch um die Würde sterbender Menschen zu kümmern. Diese sollten „mit derselben Fairness und demselben Mitgefühl“ wie lebende Menschen rechnen können. Noch immer gebe es „Tausende von Sterbenden auf der Welt, denen ein würdevoller Tod vorenthalten wird“.

Erste Krebsdiagnose in den 90er-Jahren

Tutu hatte bereits Mitte der 90er Jahre bekannt gegeben, dass er an Prostatakrebs erkrankt war. Nach einer Behandlung wurde vor mehr als zehn Jahren erneut ein Karzinom diagnostiziert. Inzwischen sollen auch andere Teile seines Körpers befallen sein. In diesem Jahr wurde der Erzbischof bereits wiederholt ins Krankenhaus eingeliefert. Allerdings hieß es, er werde wegen „hartnäckiger Entzündungen“ behandelt.

Bis vor zwei Jahren hatte sich der Anglikaner noch vehement gegen jede Form der „Euthanasie“ ausgesprochen. Allmählich habe jedoch ein Prozess des Umdenkens stattgefunden, erzählte Tutu während seines Geburtstags: Und heute wisse er, dass ein „unterstützter Tod“ für Sterbende, die an ungeheuren Schmerzen leiden, „eine maßlose Erleichterung“ bedeuten könne.

In Südafrika ist aktive Sterbehilfe bislang verboten

Tutu will künftig sowohl mit südafrikanischen als auch mit internationalen Organisationen zusammenarbeiten, um das „Recht auf das eigene Sterben“ in aller Welt zu propagieren. Er hoffe, dass auch ihm selbst erlaubt werde, „auf eigene Weise und Wahl in die nächste Phase meiner Lebensreise einzutreten“.

In der anglikanischen Kirche wie in Südafrika ist zumindest „aktive Euthanasie“ verboten. Am Kap der Guten Hoffnung räumte ein Richter einem schwerkranken Anwalt unlängst ein, sich das Leben zu nehmen. Doch die Regierung legte Revision gegen das Urteil ein. Und ein südafrikanischer Universitätsprofessor musste sich vor zehn Jahren vor einem neuseeländischen Gericht verantworten, nachdem er seiner dort lebenden Mutter zum Tod verholfen hatte. Sean Davison wurde zu fünf Monaten Hausarrest verurteilt. Nach seiner Rückkehr ans Kap der Guten Hoffnung gründete der Professor die Organisation „Dignity SA“, die von Tutu auch materiell unterstützt wird.