Bishoftu. Ein religiöses Fest in Äthiopien wird zur Todeszone: Nach Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Polizei kommt es zur Massenpanik.

Bei einer Massenpanik nach regierungskritischen Protesten sind in Äthiopien Dutzende Menschen ums Leben gekommen. Eine religiöse Zeremonie in Bishoftu, rund 45 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Addis Abeba, wurde am Sonntag Schauplatz von Ausschreitungen zwischen Demonstranten und der Polizei. Örtlichen Behörden zufolge wurden dabei mindestens 52 Menschen getötet. Die Opposition sprach sogar von Hunderten Todesopfern.

Ein Mitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur berichtete von der Kundgebung, dass erste Schätzungen zwischen 50 und 300 Toten schwankten. Zu den Feierlichkeiten sollen mindestens zwei Millionen Menschen zusammengekommen sein. Das „Irreechaa“ der Menschen in der Region Oromo entspricht etwa dem Erntedankfest.

Parolen gegen die Regierung

Augenzeugen berichteten, dass Teilnehmer Steine auf Sicherheitskräfte geworfen und Parolen gegen die Regierung gerufen hätten. Die Polizei setzte Tränengas ein und schoss mit scharfer Munition in die Luft.

Bei dem Versuch, dem darauf folgenden Chaos zu entkommen, fielen Menschen in Straßengräben oder sprangen in einen nahegelegen Fluss und ertranken. Zahlreiche Verletzte wurden in nahe gelegene Krankenhäuser gebracht.

Frühere Proteste brutal niedergeschlagen

Bei Demonstrationen gegen die Regierung war es bereits in den vergangenen Monaten zu blutigen Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gekommen. Die Unruhen begannen im November 2015, als die Regierung neue Bauprojekte um Addis Abeba ankündigte. Die Menschen in Oromo demonstrieren dagegen. Kritiker befürchten, das Vorhaben werde zu einer Benachteiligung der ländlichen Bevölkerung in der Region führen.

Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch wurden bei den brutal niedergeschlagenen Protesten bis Juni mindestens 400 Menschen getötet.

Merkel will bei Afrika-Reise auch Äthiopien besuchen

Äthiopien liegt am Horn von Afrika und gilt als einer der ärmsten Staaten der Welt. In dem Land leben etwa 100 Million Menschen. Demonstrationen werden regelmäßig von der autoritären Regierung unterdrückt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) bricht am kommenden Sonntag zu einer dreitägigen Afrika-Reise auf. Dabei soll es hauptsächlich um Flucht und Migration gehen. Die Kanzlerin will auch Gespräche in Äthiopien führen. Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) forderte, dort müsse Merkel „Klartext zur dramatischen Menschenrechtslage sprechen“. Fast jeden Monat werde ein neuer Massenmord von Sicherheitskräften an friedlichen Demonstranten verübt. (dpa)