Stockholm. König Carl Gustaf und Königin Silvia, Schwedens Königspaar, berichtet im Gespräch über Moderne, Deutschlandreisen und Flüchtlinge.

Sie haben deutsche Wurzeln, sind privat oft in Deutschland, und ab dem 5. Oktober folgen König Carl XVI. Gustaf (70) und Königin Silvia (72) von Schweden einer Einladung von Joachim Gauck. Es ist der erste offizielle Staatsbesuch seit 1979. Beim Interview im Stockholmer Schloss zeigte sich das Königspaar voller Vorfreude.

Was erwarten Sie von dem Staatsbesuch?

Silvia: Es wird ein sehr spannender Aufenthalt, erst mal in Berlin, dann Hamburg, Wittenberg und Leipzig. Ich werde die Zeit auch nutzen, um unsere deutschen Kinderhilfsprojekte zu besuchen. Da geht es derzeit viel um Flüchtlingskinder.

Angesichts der Flüchtlingskrise hat König Harald von Norwegen kürzlich eine Rede für Toleranz gehalten. Was halten Sie vom Engagement ihres Amtskollegen?

Carl Gustaf: Es ist sehr gut, dass er sich geäußert hat. Größtmögliche Offenheit ist wichtig. Die Anzahl der Flüchtlinge in Schweden ist enorm. Aber wir haben alle ein Herz in uns, und wir müssen Menschen, die in Not sind, aufnehmen und ihnen helfen. Natürlich bringt das auch große Probleme mit sich. Deren Lösung, die nächsten Schritte, die Integration, all das wird Zeit brauchen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte „Wir schaffen das“. Wie sehen Sie ihr Engagement, denken Sie, dass sie den Nobelpreis bekommen sollte?

Carl Gustaf: Die Friedensnobelpreisvergabe ist Aufgabe des Nobelinstitutes. Da darf ich mich nicht einmischen. Ich sehe das aber ähnlich wie Frau Merkel. Wir müssen denen helfen, die hier sind. Vor allem müssen wir uns aber in den Krisenregionen engagieren.

Silvia: Es ist wirklich fantastisch, wie Deutschland die Flüchtlinge empfangen hat. Das „Wir schaffen das“ von Frau Merkel sitzt in uns allen. Allerdings sollte die Verantwortung auch von anderen Ländern mitgetragen werden.

Königin Silvia, Sie werden zum Staatsbesuch unter anderem in Berlin sein. Welche Erinnerungen haben Sie noch an die Stadt aus Ihrer Kindheit?

Silvia: Seltsamerweise hat sich da vor allem eine Erinnerung festgesetzt. Ich sollte mit 13 zum Weihnachtsfest der Eltern nach Westberlin. Ich hatte zwar einen deutschen Pass, der wurde aber in Brasilien ausgestellt. Ein DDR-Volkspolizist nahm mich an der Grenze beiseite und sagte, mein Pass sei nicht in Ordnung, ich dürfe nicht weiter. Das war für mich als Kind eine entsetzliche Situation, und ich denke da an die vielen einsamen Flüchtlingskinder, die derzeit Ähnliches erleben. Ich durfte dann nach langem Hin und Her doch weiter, aber die damals erlebte Angst sitzt sehr tief in mir.

Und wenn Sie heute an Berlin denken?

Silvia: Nun ja, ich habe keinen Koffer mehr in Berlin, aber die Berliner Luft ist etwas ganz Besonderes. Die Menschen dort sind sehr schnell denkend, sehr neugierig. Die Kunstszene ist so aufgeblüht und ein Grund für die riesige Popularität, die Berlin im Ausland bekommen hat.

Sie fahren oft privat durch Deutschland. Werden Sie erkannt?

Silvia: Ja, wir beide fahren immer selbst Auto, wenn wir in den Urlaub nach Südfrankreich fahren. Da nehmen wir unterschiedliche Routen durch Deutschland. Dabei waren wir schon in Rostock, Dresden und Berlin. Manchmal sprechen uns Leute in Restaurants an, aber die sind immer sehr nett, und wir sind für solche Gespräche offen.

König Carl Gustaf, Sie sind bekannt als umweltbewusster König. Sie wollten Ihren Untertanen sogar die Badewannen wegen des Wasserverbrauchs verbieten. Hatten Sie Erfolg damit?

Carl Gustaf: Nun ja, ich musste manchmal diese enormen Badewannen nutzen und habe mir da Sorgen über den Wasserverbrauch gemacht. Ich wollte damals nur sagen, dass ich persönlich nicht mehr baden möchte. Natürlich kann ich anderen ihr Vollbad nicht verbieten. Und ja, wir tun viel für die Umwelt. Im Schloss heizen wir inzwischen mit Holzhackschnitzeln und nutzen Energiesparlampen. Und manchmal ist es auch schön, alt zu werden. Denn zu meinem 70. Geburtstag habe ich ein Solarsystem für das Schlossdach versprochen bekommen.

Kaum ein Königshof ist so volksnah wie der schwedische. Was muss die Monarchie heute anders machen?

Carl Gustaf: Mein Motto ist: Man muss mit der Zeit gehen. Das bedeutet, dass ich kein konservativer Keil in den Institutionen sein will. Gleichzeitig bin ich kein Revolutionär. Ich versuche zu erfühlen, was die Menschen von ihrer Monarchie erwarten, und möchte das Königshaus an die moderne Gesellschaft anpassen. Es hat sich ja extrem viel in meinen 40 Jahren Thron verändert. Alleine die Digitalisierung. Alles geht viel schneller, manchmal zu schnell.