Los Angeles. Der Schauspieler Chuck McCarthy sucht verzweifelt nach Rollen. Als das Geld immer knapper wird, hat er die zündende Idee: Spaziergänge.

Chuck McCarthy ist ein Mann mit langen Haaren und einem eindrucksvollen Bart. „The People Walker“ steht in großen, selbst geschriebenen Buchstaben auf seinem weißen Shirt, das seinen kräftigen Rumpf zur Werbefläche macht. Es ist eine ernst gemeinte Botschaft. Wie die britische Tageszeitung „The Guardian“ berichtet, kann man McCarthy nämlich mieten. Der gelernte Schauspieler aus Los Angeles geht mit jedem, der es will, eine Runde spazieren – für sieben Dollar pro Meile.

„Wir sind am Handy und Computer, kommunizieren die ganze Zeit“, erklärt McCarthy im „Guardian“, „aber wir verbinden uns nicht mehr“. Deshalb steht für ihn fest: „Wir brauchen menschliche Interaktion.“ Und die will er Menschen mit seinem Job bieten – auch wenn die Idee eigentlich aus einem anderen Grund entstanden ist.

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Idee aus der Not geboren

Als der Schauspieler vor einigen Monate Schwierigkeiten hatte, an Rollen zu kommen, überlegte McCarthy, was er noch so tun könnte, um das immer größer werdende Loch in seinem Geldbeutel zu stopfen. Plötzlich kam ihm die Idee, mit Menschen für ein paar Dollar spazieren zu gehen und mit ihnen über das Leben zu reden. Zunächst sei es mehr ein Spaß gewesen, doch je mehr er darüber nachgedacht habe, desto weniger verrückt sei ihm die Idee vorgekommen, sagt McCarthy zum „Guardian“, dessen Reporter mit dem Mann eine Runde spazieren gegangen ist.

Er schrieb seinen Geschäftsnamen auf ein T-Shirt, erstellte eine Facebook-Seite und bastelte Flyer mit Sprüchen wie „Hast du Angst, in der Nacht alleine nach Hause zu laufen?“ oder „Du willst nicht, dass Menschen, die dich alleine spazieren sehen, denken, du hättest keine Freunde?“. McCarthys Taktik scheint aufzugehen: Allein in der vergangenen Woche sei er jeden Tag für mindestens einen Spaziergang gebucht worden. Mittlerweile habe er sogar Stammkunden, berichtet er.

„Es sind meistens oberflächliche Small Talks“

Tatsächlich sieht McCarthy wie einer dieser Typen von nebenan aus, die man stundenlang zuquatschen kann, und die sich trotzdem nie aus der Ruhe bringen lassen. Eine Eigenschaft, die ihm bei einem solchen Job nur von Vorteil sein kann. Und worüber spricht McCarthy mit seinen Kunden? „Es sind meistens oberflächliche Small Talks“, sagt er. „Aber ich denke, es ist auch dann therapeutisch, wenn sie nicht ihre Seelen entblößen.“

Als Beispiel führt er das Meckern über den Straßenverkehr an. Man fühle sich besser, mit jemandem darüber zu reden, als es in sozialen Netzwerken zu posten. „Darüber zu twittern und keine Antwort zu bekommen, macht dich doch noch trauriger“, sagt er zum „Guardian“.

McCarthy plant sogar eine App

McCarthy will sein Geschäft demnächst womöglich ausbauen und noch weitere „Peoplewalker“ einstellen. Auch eine App ist geplant. Er habe bereits Anfragen von Menschen aus Israel oder Großbritannien bekommen, die das Konzept übernehmen wollen. Ein Mann aus New York habe zudem gefragt, ob er seinen achtjährigen Sohn jeden Tag zur Schule bringen könne. McCarthy lehnte ab. Er will lokal bleiben.

Auch wenn sein Geschäft so gut läuft, träumt McCarthy weiterhin von der Schauspielerei. Doch außer ein paar Nebenrollen lässt der ganz große Durchbruch noch auf sich warten. „Ich lasse mir den Bart wachsen“, sagt er zum „Guardian“, „so kann ich vielleicht einen Obdachlosen spielen.“