Los Angeles. Fast 50 Brände soll Harry B. in Hollywood gelegt haben. Nun hat ihn ein Gericht schuldig gesprochen. Aber ist er auch zurechnungsfähig?

Vier Tage lang verbreitete eine Brandserie mit fast 50 Feuern in Los Angeles Angst und Schrecken. Allein in einer Nacht loderten 19 Feuer, Autos brannten völlig aus, die Flammen griffen auf Garagen und Häuser über. Der „Brandstifter von Hollywood“, wie ihn manche US-Medien nennen, ist wohl ein Deutscher. Ein Geschworenengericht in Los Angeles hat den 29 Jahre alten Harry B. nun schuldig gesprochen.

Der Prozess hatte sich immer wieder verzögert. Der 29-Jährige war in Untersuchungshaft an Krebs erkrankt. „Er ist sehr krank“, meint sein Pflichtverteidiger Steve Schoenfield. Der Deutschen Presse-Agentur sagte er: „Er hat sehr viele psychische Probleme und leidet an Autismus.“ Nach dem Schuldspruch soll nun über seine Zurechnungsfähigkeit entschieden werden. Für Dienstag ist die erste Anhörung angesetzt.

Drei Milliarden Dollar Sachschaden

Harry B., ein untersetzter Mann mit kurz geschorenen Haaren, sitzt in einem Rollstuhl vor dem Richter. Den Schuldspruch nimmt er regungslos auf. Der Staatsanwalt Sean Carney fuhr beim Prozessbeginn Mitte August schweres Geschütz auf. Aus Wut und Rache wollte Harry B. die USA „zum Brennen“ bringen, wirft ihm der Ankläger vor.

Am 2. Januar 2012 ging dieser Apartmentkomplex in West Hollywood in Flammen auf.
Am 2. Januar 2012 ging dieser Apartmentkomplex in West Hollywood in Flammen auf. © dpa | Michael Nelson

Die Brandserie hielt Hollywood und zwei weitere Stadtteile zum Jahreswechsel 2011/12 in Atem. Der Deutsche wollte nach Ansicht der Staatsanwälte „so viele Bewohner wie möglich verletzen und terrorisieren“, zitiert die „Los Angeles Times“ die Staatsanwälte. Laut Anklageschrift soll er 45 Feuer gelegt haben, vorrangig unter Autos. Es kommen noch andere Vorwürfe hinzu. Verletzt wurde niemand, aber der Schaden wurde damals auf drei Millionen Dollar (derzeit rund 2,7 Millionen Euro) beziffert.

Harry B. drohen bis zu 89 Jahre Haft

Die Geschworenen folgen der Linie der Ankläger. Weniger als einen Tag brauchen sie für ihre Beratungen, und am Donnerstag fällt das Urteil: schuldig. Unter anderem befinden die Geschworenen den Deutschen in 25 Fällen der Brandstiftung von Eigentum und in 18 Fällen der Brandstiftung von bewohnten Gebäuden für schuldig.

Als Strafmaß drohen dem 29-Jährigen bis zu 89 Jahre Haft, sagt Schoenfield. Der Verteidiger will es nicht dazu kommen lassen. Er wolle beweisen, dass Harry B. zum Tatzeitpunkt nicht zurechnungsfähig war. Dann würde er in eine Anstalt für geisteskranke Straftäter kommen.

Mutter war zuvor ausgeliefert worden

Der Deutsche hatte kurz nach seiner Festnahme im Januar 2012 die Vorwürfe von sich gewiesen und auf „nicht schuldig“ plädiert. Sein Verteidiger räumte vor Gericht ein, dass die Anklage Beweise habe, die Harry B. mit einigen der Brände in Verbindung bringen, nicht aber mit Dutzenden. Überwachungsvideos in Supermärkten zeigen den Mann beim Kauf von Kaminanzündern. Die Brände wurden mit Hilfe von solchen Brandbeschleunigern gelegt.

Ein Handwerker sichtet den Schaden nach einem der Brände in Hollywood.
Ein Handwerker sichtet den Schaden nach einem der Brände in Hollywood. © dpa | Michael Nelson

Hintergrund der Taten soll die Auslieferung seiner Mutter gewesen sein, die sich in Deutschland einem Betrugsverfahren zu stellen hatte. „Er war auf Amerika wütend, denn seine Mutter wurde hier in den USA verhaftet und festgehalten, um nach Deutschland ausgeliefert zu werden“, sagte Staatsanwalt Carney während des Prozesses.

Gericht verurteilte Mutter wegen Betrugs

Die in Deutschland mehrfach vorbestrafte Dorothee B. war im Dezember 2011 in Los Angeles festgenommen worden. Kurz danach begann die Brandserie. Bei ihren Gerichtsanhörungen war die in Tschetschenien geborene Frau mit wirren Bemerkungen und bizarrem Auftreten aufgefallen. Sie wetterte gegen deutsche und US-Behörden, sprach von Schlägen und Folter bei der Polizei. Die US-Medien zeichneten das Bild einer Mutter und eines Sohnes, die unter Verfolgungswahn leiden und die ganze Welt gegen sich sehen.

Nach ihrer Auslieferung an die deutschen Behörden wurde Dorothee B. im Juni 2013 vom Amtsgericht Frankfurt wegen Betrugs in mehreren Fällen zu drei Jahren Haft verurteilt. Der Fall geht aber noch durch die Instanzen. Die Frau hatte Berufung eingelegt, Mitte September steht ein weiterer Termin vor Gericht an. Dann könnte im 9000 Kilometer entfernten Los Angeles auch das Urteil ihres Sohnes besiegelt sein. (dpa)