Berlin/Köln. Das Regierungsgutachten zum Schmähgedicht von Jan Böhmermann bleibt geheim. Andernfalls würde man den ZDF-Satiriker vorverurteilen.

Die interne juristische Einschätzung der Bundesregierung im Fall des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann darf nicht veröffentlicht werden. Wie der Berliner „Tagesspiegel“ am Mittwoch berichtete, stuft das Verwaltungsgericht Berlin den Inhalt des Dokuments als Verstoß gegen die in der Europäischen Menschenrechtskonvention garantierte Unschuldsvermutung ein, sollte der Inhalt bekannt werden. Die Zeitung hatte zuvor nach eigenen Angaben einen Eilantrag bei Gericht gestellt, der jedoch in Teilen abgelehnt worden sei (AZ: VG 27 L 324.16).

Böhmermann habe ein „schützenswertes berechtigtes Interesse daran, keiner Vorverurteilung ausgesetzt zu sein“, zitiert das Blatt aus dem Gerichtsbeschluss. Staatlichen Autoritäten sei es untersagt, öffentliche Äußerungen zu tätigen, in denen sie die Schuld eines Beschuldigten unterstellten. Dennoch habe das beklagte Auswärtige Amt weitere Details zum Zustandekommen des Gutachtens preisgeben müssen, schreibt die Zeitung.

Amt fürchtete Schaden für Verhältnis zur Türkei

Die Einschätzung sei vom Auswärtigen Amt erstellt worden, um bei dem Sachverhalt „sprech- und verhandlungsfähig zu sein“. Dies gehöre zum Kernbereich der Exekutive, sei aber dauerhaft geheim zu halten. Im Prozess vor dem Berliner Verwaltungsgericht habe das Amt auch darauf verwiesen, dass eine Veröffentlichung der Einschätzung zum Fall Böhmermann die vertrauensvollen Beziehungen zur Türkei beschädigen würde.

Böhmermann hatte Ende März ein vieldiskutiertes Schmähgedicht auf den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan vorgetragen. Dabei hatte er mehrfach ausdrücklich darauf hingewiesen, er wolle verdeutlichen, was Satire in Deutschland dürfe und was nicht. Die Bundesregierung hatte später nach einem Ersuchen der Türkei der Staatsanwaltschaft die Ermächtigung erteilt, gegen Böhmermann wegen Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts zu ermitteln. (epd)