Nizza. Bei Twitter sorgten Fotos für Aufruhr, die Polizisten auf Burkini-Streife am Strand in Nizza zeigen. Der Bürgermeister ist wütend.

Die Bilder von einem Strand in Nizza sind verstörend, wurden in den sozialen Medien zigfach geteilt und haben international Aufsehen erregt: Eine Frau mit Kopftuch, die von mehreren Polizisten umringt wird, ihr Oberteil ausziehen muss und einen Strafzettel bekommt. Und die Aufregung geht weiter: Die Polizei soll nicht mehr nur Verstöße gegen das städtische Burkini-Verbot ahnden. Wenn es nach Christian Estrosi geht, dem konservativen Bürgermeister von Nizza, soll nun auch die Staatsanwaltschaft Internet-Nutzer verfolgen, die Bilder von der Strandpatrouille verbreitet haben.

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Rechtsgrundlage unklar

„Die Stadt Nizza wird an der Seite ihrer Amtsträger stehen, wenn diese bei der Staatsanwaltschaft Klage einreichen, um ihre Sicherheit zu gewährleisten“, sagte Estrosi in einer Pressemitteilung der Stadt. Die Fotos seien eine inakzeptable Provokation, die Polizisten verunglimpfe und in Gefahr bringe. Tatsächlich seien bereits Beschwerden eingereicht worden, „damit diejenigen verfolgt werden, die Fotos von unseren Polizisten verbreitet haben mit der Folge, dass diese in den sozialen Netzwerken angefeindet werden“, so Estrosi weiter.

Das Online-Portal Numerama.com, das zuerst über die Ankündigung Estrosis berichtete, weist allerdings daraufhin, dass Polizisten in Frankreich keinen besonderen Persönlichkeitsschutz genießen. Es sei nicht verboten, Fotos oder Videos von Polizisten in der Öffentlichkeit zu machen.

Empörung, Spott und historische Vergleiche bei Twitter

Die Bilder hatten bei Twitter für viel Empörung und Spott, aber auch für historische Vergleiche gesorgt:

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„Die Polizei von West Palm Beach beim Messen von Badeanzügen 1925!“ Ein andere Nutzer brachte seine Meinung so auf den Punkt:

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„Es gibt keinen Unterschied zwischen denen, die Frauen zwingen sich zu verschleiern und denen, die Frauen zwingen sich zu entblößen.“ Ein anderer sah gar Parallelen zum früheren französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy, übrigens ein Parteifreund von Nizzas Bürgermeister:

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„Und was tut die Polizei?“

Verboten ist Kleidung, die eine Religionszugehörigkeit zeigt

Die Orignal-Fotos der Strandpatrouille wurden am Dienstag in Nizza aufgenommen, die Rechte gehören einer Nachrichtenagentur. Zunächst erschienen sie in britischen Medien, wurden anschließend aber massenhaft bei Twitter und Facebook geteilt. In der Stadt ist es seit vergangener Woche verboten, Burkinis zu tragen, oder genauer: „Kleidung, die eine Religionszugehörigkeit offen zur Schau stellt in einer Zeit, in der Frankreich das Ziel terroristischer Attacken ist“, heißt es in einer städtischen Verordnung.

Wer die Frau auf den Bildern ist, weiß man nicht. Doch eine andere Frau berichtete der Nachrichtenagentur AFP am Dienstag von einem ähnlichen Vorfall am Strand von Cannes, wo ebenfalls seit kurzem ein Burkini-Verbot gilt. Die Beamten hätten ihr einen Strafzettel ausgestellt, auf dem es hieß, sie trage ein Outfit, das nicht „den guten Sitten und der Säkularität“ entspreche.

Badegäste beklatschen Vorgehen der Polizei

„Ich saß mit meiner Familie am Strand und trug ein traditionelles Kopftuch“, berichtet die 34-jährige Mutter von zwei Kindern, die nur ihren Vornamen Siam nennen möchte, über den Vorfall in Nizza. „Ich hatte gar nicht die Absicht schwimmen zu gehen.“ Eine Zeugin sagte der Nachrichtenagentur, andere Badegäste hätten das Vorgehen der Polizei beklatscht oder „Geh’ nach Hause“ gerufen. Die Tochter der Kopftuchträgerin habe geweint.

Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve schaltete sich nun in den eskalierenden Streit um Ganzkörper-Badeanzüge ein. Burkini-Verbote dürften nicht zu Stigmatisierungen führen, sagte Cazeneuve in Paris laut Nachrichtenagentur AFP. Franzosen dürften nicht gegeneinander aufgebracht werden, fügte er nach einem Gespräch mit dem Chef des islamischen Dachverbandes CFCM, Anouar Kbibech, hinzu.

Grundsatzurteil über Burkini-Verbot erwartet

Nizza und Cannes sind zwei von inzwischen 15 Badeorten an der französischen Mittelmeerküste, die den Ganzkörper-Schwimmanzug für Frauen verboten haben. Hintergrund sind die jüngsten islamistisch motivierten Terroranschläge in Frankreich, etwa die Lkw-Attacke in Nizza am 14. Juli, bei der 86 Menschen starben. Doch die örtlichen Verbote sind umstritten: Das höchste Verwaltungsgerichts Frankreichs will an diesem Donnerstag voraussichtlich ein Grundsatzurteil über deren Rechtmäßigkeit fällen. Geklagt hat die Französische Liga für Menschenrechte, eine Nichtregierungsorganisation.

Die Klage richtet sich gegen die Einführung des Burkini-Verbots in Villeneuve-Loubet bei Nizza. Ein regionales Verwaltungsgericht hat das Vorgehen der Gemeinde gebilligt. Das Verbot sei „notwendig, angemessen und verhältnismäßig“, zitiert der britische „Guardian“ das Urteil. Der Burkini sei geeignet, „die religiösen oder laizistischen Überzeugungen anderer Strandnutzer zu verletzten“ und könne als Provokation wahrgenommen werden.

Burkini-Erfinderin meldet große Nachfrage

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Für die australische Erfinderin des Burkini hat die Debatte in Frankreich einen erfreulichen Nebeneffekt: Ihre Online-Verkäufe seien zuletzt um 200 Prozent gestiegen, berichtete Aheda Zanetti der britischen BBC. Die 48-Jährige hält die Markenrechte für die Bezeichnungen „Burkini“ und „Burqini“. Ihre Schwimmanzüge stünden für Freiheit und Gesundheitsbewusstsein – nicht für die Unterdrückung von Frauen. (küp)