Berlin. Handy wegnehmen, nachsitzen lassen, Raum abschließen – ein neues Buch klärt nun auf, welche Rechte Schüler und Lehrer wirklich haben.

Schüler dürfen nichts – Lehrer dürfen alles. Zwei junge Männer haben das Grundgefühl vieler Jugendlicher aufgegriffen und ein Buch daraus gemacht: „Was Lehrer nicht dürfen!“ (Ullstein), so der Titel, der sich schon in den ersten Tagen tausendfach verkauft hat. Die Autoren Dallan Sam (20) und Fernando Rode (19) sprechen von einer Marktlücke. Das Duo hat sich Anwalt Rolf Tarneden dazu geholt, der überzeugt ist, dass die meisten Schüler ihre Rechte gar nicht kennen. „Viele Fragen werden massenhaft in Internetforen diskutiert. Aber kaum einer weiß die richtige Antwort“, sagt Tarneden, selbst Vater von vier Kindern.

Die Frage, die Schüler mit am meisten bewege, lautet: „Darf der Lehrer mein Smartphone einkassieren?“ „Ja“, sagt Tarneden. „Aber er muss es zurückgeben.“ Faustformel: Spätestens am Endes des Schultages.

Einige Lehrer nutzen Machtposition aus

Dallan Sam weiß, dass es in der Schule nicht immer harmonisch abläuft. „Jeder, den ich kenne, hat schon schlechte Erfahrungen mit Lehrern gesammelt.“ Er selbst natürlich auch. „Einmal hatte ich meine Hausaufgaben vergessen, und der Lehrer hat mich in der Pause im Klassenraum eingesperrt, damit ich die Aufgaben nachhole.“ Das geht nicht. Das ist Freiheitsberaubung nach Paragraf 239 Strafgesetzbuch, so Anwalt Tarneden. Sam, der erst auf einer Hauptschule, dann auf einer Realschule und nun auf einem Wirtschaftsgymnasium ist, sagt: „Auf der Hauptschule waren die Probleme mit Lehrern am schlimmsten. Manche Lehrer fühlten sich dort in einer Machtposition.“

Ein „Burner“ unter den Fragen, so Tarneden, ist diese: „Darf der Lehrer den Gang zur Toilette verbieten?“ Die Antwort: Nein. Aber: In einer Prüfung muss sichergestellt sein, dass die Situation nicht für ein Täuschungsmanöver genutzt wird. Es darf also immer nur einer den Klassenraum verlassen. Ansonsten gilt: Wer muss, der muss. Aber es sollte glaubwürdig sein.

Suspendierung nur als letztes Mittel

Klar geregelt ist das Rauchen. Da gilt, so Tarneden, die Schulordnung. Rauchen verboten – im Klassenraum sowieso, aber man kann es auch auf dem Schulhof verbieten. Wer dagegen verstößt, muss mit Strafe rechnen. Niederschwellig mit „erzieherischen Maßnahmen“ wie Schulhof putzen oder Blumen gießen. Hilft alles nicht, kommt es zu Ordnungsmaßnahmen, sogar ein Schulausschluss ist möglich.

Aber die Suspendierung sei ein Mittel, das für Schüler und Eltern ex­treme Folgen hat, so Tarneden. Der Schüler verpasse Unterricht, die Eltern müssen die Betreuung sichern. Eine Suspendierung dürfe nur dann erfolgen, wenn sämtliche anderen Maßnahmen ausgeschöpft wurden. Das sieht das Gesetz so vor, doch in der Realität ist es oft anders, so der Jurist. „Die Zeit läuft den Schülern einfach davon“. Bevor das Gericht die Suspendierung möglicherweise aufhebt, sind schnell zwei oder vier Wochen um.

Nur die Hälfte der Zeugnisse sind anfechtbar

„Der Schüler muss die Möglichkeit erhalten, überhaupt kämpfen zu können“, sagt der Jurist. Der Rechtsschutz im Schulrecht sei reformbedürftig. Auch finanziell gebe es zu hohe Hürden: Während Prozesse um Bafög gerichtskostenfrei seien, würden bei einer Klage gegen ein Zeugnis sofort mehr als 400 Euro fällig. Einem Elternpaar, das aus nicht genannten Gründen nicht zum Elternsprechtag durfte, habe er zwar weiterhelfen können – aber gegen eine Gebühr von 1200 Euro.

Ein ständiges Klagen seien die Zeugnisnoten und der Wunsch, sie anzufechten. Doch nur 50 Prozent aller Zeugnisnoten kommen infrage. „Das Halbjahreszeugnis ist nicht anfechtbar.“ Wer gegen die Noten des Versetzungszeugnisses angeht, sollte wissen, dass es ein schwieriger Prozess ist. „Die Schule hat immer die Notenhoheit.“