Bedfordshire. Der größte Zeppelin der Welt ist abgehoben – und soll eine neue Ära einläuten. Die Kosten deckte vor allem Crowdfunding. Und ein Sänger.

Offiziell heißt es Airlander 10. Aber die Briten haben dem Luftschiff schon einen Spitznamen verpasst: „Flying Bum“, fliegender Po, wird der Zeppelin-Hybrid aufgrund seiner bauchigen, knolligen Hüllenform genannt. Und in der Frontansicht sind die Ähnlichkeiten mit einem weitausladenden Hinterteil tatsächlich nicht zu verkennen.

Am Mittwochabend erhob sich der Airlander 10 erstmals in die Lüfte und absolvierte seine Jungfernfahrt über dem Flugplatz Cardington in der englischen Grafschaft Bedforshire. Hunderte von Schaulustigen waren herbeigeeilt, um das Ereignis mitzuerleben, immerhin war das größte Luftschiff der Welt zu sehen. Nach dem erfolgreichen Jungfernflug sprechen Enthusiasten schon von einer neuen Ära für Luftfahrtschiffe.

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Kosten von 375 Millionen Dollar

Mit 92 Metern vom Bug bis zum Heck ist der Airlander gut zwanzig Meter länger als der Superjumbo Airbus 380. Seine Baukosten von 25 Millionen Pfund, umgerechnet ca. 29 Millionen Euro, betragen nur ein Bruchteil der 375 Millionen Dollar, die für den Airbus fällig wären. Das Luftschiff kann eine Nutzlast von zehn Tonnen bewegen und dazu 48 Passagiere aufnehmen. Bei unbemanntem Flug kann es bis zu drei Wochen in der Luft bleiben und Windgeschwindigkeiten von bis zu 80 Knoten tolerieren. Die Top-Reisegeschwindigkeit liegt bei rund 150 Kilometern pro Stunde.

Der Airlander 10 nachdem er den Hangar für den Jungfernflug verlassen hat.
Der Airlander 10 nachdem er den Hangar für den Jungfernflug verlassen hat. © REUTERS | GARETH BUMSTEAD

Der Flugplatz Cardington ist ein bezeichnender Ort für die Jungfernfahrt. Hier waren vor mehr als achtzig Jahren die britischen Versionen des Zeppelin stationiert. Im Oktober 1930 wurde die Zukunft einer eigenständigen Luftschiffindustrie zerstört, als die R101 explodierte und 48 Passagiere, darunter den damaligen Luftfahrtminister Lord Thomson, in den Tod riss. Wie der Zeppelin Hindenburg, der 1937 in Lakehurst, New Jersey, explodierte, war die R101 mit leicht entzündlichem Wasserstoff gefüllt. Das ist beim Airlander nicht der Fall, stattdessen wird schwer entflammbares Helium verwendet. Auch ist die Außenhülle enorm stabil. Mit drei verschiedenen Lagen von speziellen Kohlefasern könnte der Airlander selbst Gewehrfeuer widerstehen. „Er kann nicht platzen“, meint Stephen McGlennan vom Hersteller „Hybrid Air Vehicles“ (HAV).

Hybrid zwischen Flugzeug, Helikopter und Luftschiff

Der Geschäftsführer unterstreicht, dass es sich beim Airlander 10 um eine Hybridform handelt, die teils Flugzeug, teils Helikopter, teils Luftschiff ist. „Denken Sie sich einen Hubschrauber, einen wirklich riesigen Hubschrauber. Der Airlander kann genau das gleiche leisten, also Lufttransport von Fracht und Passagieren ohne die Erfordernis eines Flugplatzes. Aber dieses Luftschiff kann mehr über eine längere Distanz tragen, und es ist billiger und umweltfreundlicher.“

Der Zeppelin-Hybrid in der Seitenansicht.
Der Zeppelin-Hybrid in der Seitenansicht. © REUTERS | GARETH BUMSTEAD

Der Airlander war ursprünglich als ein Spionageflugzeug für das US-amerikanische Militär konzipiert worden, das tagelang in der Luft bleiben und mit einer Reihe von Überwachungstechnologien die Aufklärung von Kriegsgebieten betreiben sollte. Nachdem das Militärbudget 2013 gekürzt wurde, stellte man das Projekt, in das rund 300 Millionen Dollar investiert wurde, aus Kostengründen ein.

Finanzierung durch Crowdfunding

Die britischen Entwickler von HAV konnten den Prototyp für den Schnäppchenpreis von 300.000 Dollar zurückkaufen. Über Crowdfunding und private Investoren, darunter den Leadsänger Bruce Dickinson von der Heavy-Metal-Band „Iron Maiden“, finanzierte man die weitere Entwicklung.

Jetzt ist McGlennan überzeugt, dass der Airlander eine Renaissance der Zeppeline einleiten wird. Innerhalb der nächsten fünf Jahre sollen sich hundert Luftschiffe in die Lüfte erheben, und die „latente Nachfrage“ taxiert McGlennan auf rund eintausend Luftschiffe. „Zuerst wird die Nutzung zu 40 bis 50 Prozent militärisch sein“, denkt der HAV-Geschäftsführer, aber auch im Katastropheneinsatz in schwierigem Terrain, wo er große Frachten an schwer zugängliche Orte bringen kann, oder zu touristischen Zwecken wäre der Airlander einsetzbar. An einer Nachfolgerversion Airlander 50, der einen Cargo von bis zu 50 Tonnen meistern könnte, wird schon gearbeitet. Bis zum Ende des Jahres will man durch über eine Börsennotierung bis zu 30 Millionen Pfund einsammeln.

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