Veracruz. Täglich werden in Mexiko Menschen verschleppt. Nun wurde ein neuer Fall aufgedeckt. Der Verdacht richtet sich auch gegen die Polizei.

Angehörige von Vermissten haben im Osten von Mexiko mindestens 60 Leichen in einem Massengrab entdeckt. Die Toten seien nahe der Ortschaft Colinas de Santa Fe im Bundesstaat Veracruz verscharrt gewesen, sagte die Sprecherin der Aktivistengruppe Colectivo Solecito, Lucía de los Ángeles, am Mittwoch (Ortszeit). Spezialisten der Bundespolizei helfen bei der Exhumierung der Leichen.

Die Mitglieder von Colectivo Solecito suchen teilweise schon seit sechs Jahren nach verschleppten Angehörigen. Sie machen kriminelle Organisationen und staatliche Sicherheitskräfte für das Verschwinden verantwortlich. „Der Drogenkrieg hat viel Gewalt in Veracruz verursacht“, sagte De los Ángeles. „Das hat den Polizisten und Soldaten einen Freifahrtsschein gegeben, ihre Waffen einzusetzen.“

Veracruz ist einer der gefährlichsten Bundesstaaten Mexikos. Mehrere Verbrechersyndikate ringen dort um die Vorherrschaft. Im Januar verschleppten und töteten Polizisten fünf junge Leute. Die Beamten sollen im Sold der Drogenkartells Jalisco Nueva Generación gestanden haben.

Viele Familien gehen aus Angst nicht zur Polizei

In Mexiko verschwinden statistisch gesehen jeden Tag 14 Menschen spurlos. Viele von ihnen sind jünger als 30 Jahre. Offiziellen Statistiken zufolge werden 27.659 Mexikaner vermisst. Inoffiziell könnte es ein Vielfaches sein, sagt Juan López Villanueva von der Nationalen Menschenrechtskommission. „Viele Familien zeigen die Tat nicht an, weil sie Angst haben. Die Behörden arbeiten schlampig, Akten verschwinden, und die Register sind nicht harmonisiert.“

Für weltweite Schlagzeilen sorgte das Verschwinden von 43 in Mexiko. Sie waren am 26. September 2014 in der Stadt Iguala von örtlichen Polizisten verschleppt und Mitgliedern des Verbrechersyndikats Guerreros Unidos übergeben worden. Mehrere Bandenmitglieder erklärten später, die jungen Männer erschossen und ihre Leichen auf einer Müllkippe verbrannt zu haben. Experten und die Angehörigen der Opfer hegen allerdings Zweifel an der offiziellen Darstellung des Tathergangs. Die Hintergründe sind nach wie vor ungeklärt. (dpa/W.B.)