Krakau. Um des Holocausts zu gedenken, hat Papst Franziskus das KZ Auschwitz besucht. Anders als seine Vorgänger hat er keine Rede gehalten.

Papst Franziskus hat am Freitag im früheren Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau für die Opfer des Holocausts gebetet. Das katholische Kirchenoberhaupt schritt zu Fuß durch das berüchtigte Eingangstor mit dem zynischen Motto „Arbeit Macht Frei“.

Er verharrte in stillem Gebet an der sogenannten Todesmauer und stellte dort eine Kerze ab. Im Unterschied zu seinen Vorgängern Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hielt er im Lager keine Rede. Es werde „eine andere Erfahrung“, hatte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am späten Donnerstagabend dazu gesagt. „Der Papst hat entschieden, diesen Moment in Stille zu erleben. Es wird ein Tag des Leidens sein. Es wird ein Tag sein, an dem der Schmerz im Mittelpunkt steht.“

Auch vielen Besuchern versagt die Sprache

Ronald Lauder, der Präsident des Jüdischen Weltkongresses, sprach von einer angemessenen Geste. Auch Michael Schudrich, der Oberrabbiner von Polen, zeigte Verständnis für das päpstliche Schweigen am Ort des nationalsozialistischen Massenmords. Auch vielen Besuchern versage in Birkenau die Sprache, sagte Schudrich. Dort werde eine „neue Ebene des Schmerzes“ erfahren.

Der Papst betet still in Auschwitz

Während seiner Polen-Reise besucht Papst Franziskus auch das Konzentrationslager Auschwitz. Über eine Million Menschen, die meisten von ihnen Juden, wurden hier von den Nationalsozialisten ermordet.
Während seiner Polen-Reise besucht Papst Franziskus auch das Konzentrationslager Auschwitz. Über eine Million Menschen, die meisten von ihnen Juden, wurden hier von den Nationalsozialisten ermordet. © dpa | Radek Pietruszka
Zu Fuß läuft der Pontifex durch das Konzentrationslager...
Zu Fuß läuft der Pontifex durch das Konzentrationslager... © REUTERS | POOL
... und passiert dabei auch den unsäglichen Torbogen mit den Worten „Arbeit macht frei
... und passiert dabei auch den unsäglichen Torbogen mit den Worten „Arbeit macht frei". Viele Häftlinge starben in dem Konzentrationslager an Entkräftung durch Schwerstarbeit und Mangelernährung. © dpa | Pawel Supernak
Der Papst durchschreitet den Torbogen. Es ist der gleiche Weg, den viele Häftlinge während der Nazi-Zeit gehen mussten – die meisten von ihnen starben auf grauenvolle Weise.
Der Papst durchschreitet den Torbogen. Es ist der gleiche Weg, den viele Häftlinge während der Nazi-Zeit gehen mussten – die meisten von ihnen starben auf grauenvolle Weise. © REUTERS | KACPER PEMPEL
Auf dem Holzschild steht „Halt“. Das Konzentrationslager Auschwitz wurde in seinem Originalzustand erhalten, um an die Verbrechen zu erinnern, die dort begangen wurden.
Auf dem Holzschild steht „Halt“. Das Konzentrationslager Auschwitz wurde in seinem Originalzustand erhalten, um an die Verbrechen zu erinnern, die dort begangen wurden. © dpa | Pawel Supernak
Bis zur sogenannten „Todeswand“ läuft der Pontifex. Im stillen Gebet steht er an der Wand, an der zahlreiche Menschen erschossen wurden.
Bis zur sogenannten „Todeswand“ läuft der Pontifex. Im stillen Gebet steht er an der Wand, an der zahlreiche Menschen erschossen wurden. © REUTERS | DAVID W CERNY
Mit dem Gebet wählt der Papst einen anderen Weg des Gedenkens als seine Vorgänger. Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hatten öffentliche Reden gehalten.
Mit dem Gebet wählt der Papst einen anderen Weg des Gedenkens als seine Vorgänger. Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hatten öffentliche Reden gehalten. © dpa | Radek Pietruszka
Während des Besuchs in Auschwitz spricht Papst Franziskus auch mit Überlebenden des Holocausts.
Während des Besuchs in Auschwitz spricht Papst Franziskus auch mit Überlebenden des Holocausts. © REUTERS | DAVID W CERNY
Es sei ein „inniges Gespräch“ gewesen, heißt es hinterher.
Es sei ein „inniges Gespräch“ gewesen, heißt es hinterher. © REUTERS | DAVID W CERNY
Dieser Mann trägt um den Hals einen Stoff, der an die Kleidung der KZ-Häftlinge erinnert.
Dieser Mann trägt um den Hals einen Stoff, der an die Kleidung der KZ-Häftlinge erinnert. © REUTERS | DAVID W CERNY
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Papst Franziskus besuchte nach dem stillen Gedenken die Todeszelle von Pater Maximilian Kolbe (1894-1941). Der polnische Ordensmann hatte sich freiwillig für einen Mithäftling geopfert und ging für ihn in den Tod. Kolbe wurde von Papst Paul VI. selig und 1982 von Papst Johannes Paul II. heiliggesprochen.

Treffen mit Auschwitz-Überlebenden

Papst Franziskus traf sich auch mit zehn Überlebenden des Lagers. Sein Vorgänger Papst Benedikt XVI. hatte das Lager Auschwitz 2006 besucht, Johannes Paul II. war als Papst 1979 dort. Papst Franziskus hält sich seit Mittwoch in Polen auf. Er nimmt dort am 31. katholischen Weltjugendtag in Krakau teil. Im dicht gedrängten Programm waren am Vormittag zwei Stunden für Auschwitz und das Vernichtungslager Birkenau eingeplant.

Das unweit von Krakau gelegene Lager Auschwitz wurde am 27. Januar 1945 von sowjetischen Truppen befreit. Von 1940 bis 1945 sind Schätzungen zufolge 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen erschossen oder in den Gaskammern ermordet worden. Etwa 90 Prozent der in Auschwitz getöteten Menschen waren Juden. Dazu kamen Sinti und Roma, sowjetische Kriegsgefangene sowie nicht-jüdische Polen und Häftlinge anderer Nationalitäten. (epd/dpa)